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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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bringen?«, fragte Brede. »Der Weg ist verborgen. Man muss hinter der
Treppe –«
    Weiter kam er nicht.
Der Schatten machte eine schnelle Bewegung, und in Brede breitete sich ein
flammender Schmerz aus. Er griff an die Stelle, wo ihn etwas Spitzes getroffen
hatte. Die Luft wurde ihm knapp, und als er versuchte, etwas zu sagen, brachte er
nur ein dumpfes Gurgeln zustande. Seine Beine versagten ihm ihren Dienst. Der
Schatten entfernte sich, wurde kleiner und kleiner. Dann kam die Dunkelheit,
und um Brede herum verschwamm alles zu tiefer Schwärze.

25
    Quantz
staunte über La Mettries Furchtlosigkeit. Der Franzose setzte sich auf das
Mäuerchen und hielt seine nackten Füße in den Brunnen. Er trug nur noch sein
Unterzeug. Die anderen Kleider hatte er nebst seiner Perücke auf den Tisch
geworfen.
    »Stellen Sie sich
kaltes Wasser vor und potenzieren Sie die Kälte hundertfach«, sagte er
seelenruhig. »Dann wissen Sie, welchen Qualen meine Füße gerade ausgesetzt
sind. Und gleich mein ganzer Körper.« Damit ließ er sich in das Loch
hineinrutschen und gab ein erbärmliches Stöhnen von sich. »Mein philosophischer
Verstand sagt mir, dass der menschliche Körper eine solche Kälte durchaus
verträgt«, rief er zähneklappernd. »Wussten Sie, dass die nordischen Völker
sogar in eisigem Wasser baden, weil sie sich davon die Stärkung ihrer
Gesundheit versprechen? Geben Sie mir bitte einige der Rohre. Machen Sie
schnell.«
    Quantz gehorchte.
    »Ich bitte Sie
inständig, nicht zu vergessen, mir zu folgen«, rief der Franzose, holte dann
noch einmal tief Luft und versank mitsamt der Stäbe. Quantz beugte sich über
das Wasserloch. Im Schein der Lampe glaubte er einen Moment noch, La Mettries
fahlen Kopf zu erkennen, doch dann war da nichts mehr. Das Wasser schwappte ein
wenig hin und her und beruhigte sich wieder.
    Jetzt, wo Quantz
allein war, wuchs seine Beklommenheit ins Unermessliche. Sollte er es wagen?
Unschlüssig schritt er eine Weile herum. Er ertappte sich bei dem
hoffnungsvollen Gedanken, dass La Mettrie vielleicht sehr schnell
unverrichteter Dinge zurückkehrte. Vielleicht hatte der Franzose feststellen
müssen, dass es keinen Weg nach draußen gab. Dann würde Quantz das Eisbad
erspart bleiben.
    Doch nichts geschah.
Die Wasseroberfläche hatte sich in eine bewegungslose Glasfläche verwandelt.
Quantz verlor das Zeitgefühl. Wie lange war der Franzose schon fort? Zwei
Minuten? Fünfzehn Minuten?
    Schließlich gab er
sich einen Ruck. Er zog sich die Schuhe von den Füßen, riss seinen Rock und das
Jabot herunter, warf alles in die Ecke, nahm ein paar Stäbe und setzte sich wie
der Franzose auf die Mauer. Was La Mettrie konnte, musste er auch schaffen.
    Seine Füße schienen
sofort zu Eisklumpen zu werden. Schlagartig verlor er jegliches Gefühl darin.
    Kein Gefühl, kein
Schmerz, dachte er. Und je schneller er ins Wasser sprang, desto früher war die
Tortur vorüber.
    War es wirklich
nötig?
    Ja!
    Er spannte seine
Muskeln an und ließ sich in die Schwärze gleiten. Die Kälte nahm ihm den Atem.
Der Boden war nicht zu spüren, seine Füße fanden keinen Halt. Alles schrie in
ihm, wieder aus diesem eisigen Grauen hinauszukommen. Er zwang sich, nach den
Stäben auf dem Mauerrand zu greifen und sich vollends abzustoßen. Als das
Wasser über ihm zusammenschlug, löste sich etwas von seinem Kopf. Es war die
Perücke, die er vergessen hatte abzunehmen.
    Quantz tastete an
dem rauen gemauerten Stein entlang. Da war tatsächlich eine seitliche Öffnung,
überraschend groß.
    Noch
einmal atmen . Er
tauchte ein letztes Mal aus dem Loch auf. Stell dir vor, du
müsstest eine lange Passage spielen, ohne Luft holen
zu können. Er füllte seine Lunge, bis er das Gefühl hatte, sie würde
platzen, dann stieß er sich nach unten. Die Augen fest geschlossen, tastete er
sich durch das Loch und arbeitete sich weiter hinab.
    Etwas griff nach
ihm, und voller Panik riss er die Augen auf. Da war eine Gestalt in dem
graugrünen Nebel, kaum mehr als ein Schatten.
    La Mettrie!
    War er tot? Trieb
dort vor ihm seine Leiche?
    Nein, jetzt bewegte
er sich und zog ihn davon.
    Quantz wurde
bewusst, dass er immer noch die Rohre in der Hand hielt. Er schob sie nach oben
zur Oberfläche und sog daran. Ein Schwall von Havelwasser füllte seinen Mund.
Dann kam er auf die Idee, in das Rohr zu blasen, schließlich brach sich
schlürfend Luft Bahn. Quantz sog sie gierig in seine Lungen. Der Franzose zog
ihn immer weiter.
    Als sie auftauchten,
befanden

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