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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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eines
seiner eigenen Konzerte zu hören.
    Er wollte etwas näher
herangehen, da brachte ihn ein scharfer Befehl zum Stehen.
    »Halt, wer da?
Parole!«
    Auch in Berlin
patrouillierten die Wachen – vor allem rund um die Schlösser.
    Das altbekannte
Spiel nahm seinen Lauf. Eine Gruppe von Soldaten näherte sich. Einer hielt eine
Öllampe in der Hand und leuchtete Quantz ins Gesicht. Sie trugen ähnliche
Uniformen wie ihre Kameraden in Potsdam: den Blechhut, den breiten weißen
Riemen der Patronentaschen diagonal über dem blauen Rock, weiße Hosen. Und
natürlich Gewehre mit Bajonetten, von denen nun gleich drei auf ihn zeigten.
    »Wer ist Er?«
    »Johann Quantz,
königlicher Kammermusikus.«
    »Was hat Er hier
verloren? Will er hier seine Fiedel spielen?«
    »Ich suche
Inspiration für mein Konzert«, sagte er, obwohl er wusste, dass keiner der
Soldaten verstehen würde, wovon er sprach. Aber ihm fiel nichts Besseres ein.
    »Hat Er sie
verloren, seine Inspiration? Sollen wir Ihm suchen helfen?«
    Quantz konnte sich
ein Lächeln nicht verkneifen. Wahrscheinlich hielten die Grenadiere Inspiration
für einen Hosenknopf oder eine Hemdmanschette. Oder eine Feder von einem Hut.
    »Was grinst Er so
unverschämt? Er will uns wohl zum Narren halten. Mitkommen.«
    Und wieder konnte er
sich einer militärischen Eskorte erfreuen, die ihn abführte. Kurz bevor sie
endgültig außer Hörweite der Musik im Festsaal gerieten, bekam er noch mit,
dass die Musiker und der König das Konzert beendeten und stürmischer Applaus
aufbrandete. Dann verlor sich der Klang, und auf dunklen Pfaden gelangten sie
an das Wachhaus, an dem Fackeln flackerndes Licht in die Nacht schickten.
    Hier nahm sich der
wachhabende Offizier ein wenig Zeit, um Quantz zu befragen, was er im Schloss
zu tun habe und wozu. Quantz antwortete gewissenhaft, doch der Soldat ließ sich
nicht im Geringsten davon beeindrucken, dass er immerhin einen in Diensten des
Königs stehenden Künstler vor sich hatte.
    »Wenn Sein Dienst zu
Ende ist, und das ist wohl der Fall, hat Er sich zurückzuziehen und nicht im
Schlosspark herumzulaufen wie Gesindel. Kennt Er die Vorschriften nicht?«
    Natürlich kannte
Quantz sie, aber bisher war es immer ein ungeschriebenes Gesetz gewesen, dass
auch die Musiker durch den Park spazieren durften. Er hatte keine Lust zu
diskutieren. Keine Sekunde länger wollte er in der engen Wachstube verbringen
und in diese tumben Gesichter blicken. Sie ließen ihn endlich gehen, und kurz
darauf stand er an der Oranienburger Straße, die am Schloss vorbeiführte –
parallel zur Spree durch die Spandauische Vorstadt. Er brauchte eine Kutsche.
An dem kleinen Platz vor dem Oranienburger Tor wurde er sicher fündig.
    Dafür musste Quantz
sich ein Stück stadtauswärts bewegen. Aber er hatte es ja nicht eilig. Die
Aussicht, sich in der Wohnung seiner Frau aufzuhalten, reizte ihn ohnehin
nicht. Vielleicht würde er sich in der Innenstadt, irgendwo an der Langen
Brücke, ein Gasthaus suchen und noch etwas trinken.
    Die Vorstadt war
ruhig und menschenleer. Die Einsamkeit kroch ihm unter die Haut. Als er auf dem
Platz ankam, sah er sich nach einer Kutsche um – und erstarrte. Er hatte die
Bewegung nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen. In der Richtung, aus der er
gekommen war, huschte eine Gestalt in einen Hauseingang.
    Genau dasselbe hatte
er schon einmal gesehen. In der Nacht, als Andreas verschwunden war. Nur dass
diesmal nicht der Lakai verfolgt wurde, sondern er selbst.
    Unsinn, dachte
Quantz. Natürlich hatte diese Gestalt nichts mit Andreas zu tun. Es gab viele
Spätheimkehrer, die ein Zusammentreffen mit der Wache scheuten. Und das hier
war Berlin.
    Er schüttelte den
Schrecken ab und näherte sich dem Tor, das um diese Zeit selbstverständlich
verschlossen war. Doch das Wachhäuschen war besetzt. Auch hier brannten
Fackeln.
    Oder war ihm gar ein
Dieb auf den Fersen? Man hörte immer wieder, dass in der Hauptstadt das Leben
gefährlicher war als im vergleichsweise beschaulichen Potsdam. Natürlich
patrouillierten auch hier die Wachen, aber die Stadt war bei Weitem nicht so
leicht unter Kontrolle zu halten. Sie war riesig, und selbst Quantz, der ja nun
schon so lange in Diensten des Königs war, kannte viele Gegenden der
preußischen Metropole nicht.
    Er spürte die Augen
des Verfolgers hinter sich. Der Blick schien sich in seinen Rücken zu bohren.
    Wenn ich es bis zu
dem Wachhaus schaffe, kann mir nichts geschehen, dachte Quantz. So nah bei den
Soldaten

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