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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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wird mir niemand etwas tun.
    Pferdegetrappel
drang an sein Ohr. Ein Fuhrwerk näherte sich.
    Quantz drehte sich
um. Da war der Schatten wieder. Der Kerl verbarg sich.
    Ein Stück weiter
hielt die Kutsche an. Im fahlen Licht einer Öllaterne konnte Quantz ganz kurz
die Insassen erkennen, die das Gefährt verließen. Ein Mann half einer Frau beim
Aussteigen, und sie gingen gemeinsam zum nächstgelegenen Hauseingang.
    Quantz beschleunigte
seinen Schritt. Der Schweiß brach ihm aus. Schon gab der Fuhrmann den Pferden
das Zeichen, die Räder ruckten an.
    »Halt«, rief Quantz.
»Bitte …«
    Jetzt wurde der Mann
auf dem Kutschbock auf ihn aufmerksam, zog die Zügel an und gab den Befehl zum
Stehen. Endlich hatte Quantz die Kutsche erreicht. Schwer atmend stieg er ein.
    »Wo soll’s
hingehen?«
    Quantz blickte durch
das Seitenfenster. Von seinem Verfolger war nichts zu sehen. Hatte er sich das
nur eingebildet? Waren seine Nerven überreizt?
    »Wo soll’s
hingehen?«, wiederholte der Kutscher.
    »In die Stadt.« Mit
Erleichterung spürte Quantz, wie ein Ruck durch das Gefährt ging.
    Träge rumpelte die
Kutsche durch die Hamburgische Straße, vorbei an der Spandauischen Kirche, die
man seit Kurzem Sophienkirche nannte. Gleich daneben, an der Ecke zur Oranienburger
Straße, schloss sich der jüdische Begräbnisplatz an. Am hellen Tag hätte man
die hebräischen Schriftzeichen an der Mauer lesen können, die jetzt in der
Dunkelheit vorbeizogen.
    Ein heftiger Ruf des
Kutschers ließ das Gefährt scharf bremsen. Die Pferde wieherten nervös. Der
Mann auf dem Bock stieß einen Fluch aus, gleichzeitig näherte sich das
rumpelnde Geräusch von Rädern auf dem Pflaster.
    Quantz öffnete den
Seitenschlag und sah hinaus. Im selben Moment fegte eine ganze Kolonne von
Kutschen aus Richtung des Schlosses heran – aus der Oranienburger Straße, die
weiter vorn kreuzte. Es waren drei oder vier, und sie fuhren so schnell, wie
man es im nächtlichen Berlin eigentlich kaum wagen würde. Die
Straßenbeleuchtung war spärlich. Überall konnten im Dunkeln Hindernisse den Weg
blockieren.
    Sie kamen
herangeprescht, hielten abrupt an und versperrten wie eine zusammengeschobene
dunkle Mauer den Weg. Der Fuhrmann fluchte.
    Langsam wechselten
die Kutschen ins Schritttempo. Die Kolonne wurde von Soldaten auf Pferden
begleitet, die neben dem Zug herritten. Im Lichtschein einer Fackel erkannte
Quantz Bachs rundes Gesicht im Fenster einer Kutsche. Neben ihm war Graun zu
erahnen.
    Dann waren sie
vorbei. Der Zug hatte wieder Fahrt aufgenommen und verschwand in Richtung
Stadt.
    Die Pferde trabten
wieder los, und Quantz rutschte durch den plötzlichen Ruck in seinen Sitz. Er
kämpfte sich nach vorn und klopfte an das Holz. Der Kutscher dachte, er solle
anhalten, und bremste, aber Quantz öffnete die Seitentür und schrie:
»Hinterher! Folge Er der Kolonne da vorn. Schnell.«
    »Die kriegen wir
nicht mehr. Hat keinen Zweck.«
    »Einen Taler extra«,
rief Quantz. »Nun mach Er schon.
    »Zwei«, kam es vom
Kutschbock.
    Quantz hatte keine
Lust, wertvolle Zeit mit Feilschen zu verlieren. Zwei Taler waren das Vielfache
eines Tagesverdienstes für so einen einfachen Mann. Egal. »In Gottes Namen
drei.«
    Die Kutsche donnerte
los. Das Hufeklappern und Rasseln hallte von den Häuserwänden wider. Es ging
über die kleine hölzerne Friedrichbrücke in die Burgstraße an der Spree
entlang. Auf der Insel tauchte ein gewaltiger kantiger Schatten auf – die
Baustelle der Domkirche, die der König seit etwa einem Jahr erneuern ließ und
die eine ganz neue Dachform erhalten sollte – eine Kuppel. Manche Berliner
munkelten, Seine Majestät, obwohl dem Religiösen nicht sehr zugetan, versuche,
eine Art preußischen Petersdom daraus zu machen.
    Wenn der Dom schon
wie ein Berg aufragte, so war das Stadtschloss, das ein Stück weiter lag, ein
wahres Gebirge, ein riesiger Klotz, der alle anderen Bauwerke in der Stadt
überragte.
    Doch seit Friedrichs
Thronbesteigung war das Stadtschloss verwaist. Der König verband damit
unliebsame Erinnerungen an die harte Zeit, die er unter der Knute seines
strengen Vaters ertragen musste. So hatte er sich als junger Monarch
Charlottenburg und dann Potsdam zu seinen Residenzen erwählt.
    Quantz fragte sich,
ob er die drei Taler nicht verschwendet hatte. Was hatte es für einen Sinn, die
von ihrem Dienst heimkehrenden Musiker zu verfolgen? Doch die die Kutschen
begleitenden Soldaten hatten ihn stutzig gemacht. Normalerweise sahen

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