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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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die
Hofangestellten nach ihrem Auftritt zu, dass sie irgendwie nach Hause oder in
eine Unterkunft kamen. Wenn sie Glück hatten, stellte der Dienstherr eine
Fahrmöglichkeit. Wachen waren nur vonnöten, wenn ein Tor geöffnet werden
musste. Und sogar dann reichten die Kutscher in königlichen Diensten, um die
Wege frei zu machen.
    Wachsende Unruhe
erfasste ihn, als sie weiter an der Insel entlangfuhren. Sie hatten das Innere
der Stadt erreicht, und durch die Scheiben der Kabinentür konnte er allerlei
Volk sehen, das sich auf den Straßen herumtrieb. Vor allem in der Nähe der
Langen Brücke, auf die sie gerade einbogen, blühte das älteste Gewerbe der
Welt. In den Gassen der Umgebung, aber auch rund um den Paradeplatz oder auf
der Straße unter den Linden trieben sich bunt gekleidete Frauen herum und
sprachen Männer an.
    »Da stehen sie. Wir
haben sie eingeholt«, sagte der Kutscher und öffnete den Schlag. Quantz stieg
aus und drückte ihm die drei Taler in die Hand.
    Der Konvoi hatte vor
dem Schloss gehalten. Der Fuhrmann, der wohl ahnte, dass die Verfolgung geheim
bleiben sollte, war etwas abseits im tieferen Dunkel geblieben.
    Quantz drängte sich
durch die nächtlichen Spaziergänger. Er fragte sich, warum es in Berlin niemand
für nötig befand, die Sperrstunde zu kontrollieren. Doch wahrscheinlich ließen
sich die Einwohner der preußischen Hauptstadt auf diesem Gebiet weniger sagen
als die Potsdamer.
    Den Kutschen
entstiegen Passagiere, die dem Gebäude zustrebten. Einige trugen
Instrumentenkoffer in der Hand. Einer nach dem anderen verschwand in einem
Nebeneingang. Offenbar hatte man die Ankunft der Musiker erwartet. Es wurde
kaum gesprochen. Die Soldaten auf den Pferden hielten sich entfernt und
behielten das einfache Volk im Auge, das in gebührendem Abstand die Ankunft
beobachtete.
    Die Soldaten, wurde
Quantz klar, sollten wohl darauf achten, dass sich kein Unbefugter den
Ankömmlingen anschloss. Trotzdem ging er selbst einfach hinter den Musikern
her. Sie erreichten die Tür über ein paar Stufen und gelangten in ein enges
Treppenhaus, das sofort nach oben führte.
    Ein
Dienstbotenzugang, den Mitgliedern der Hofkapelle angemessen. Aber was für ein
Fest fand hier statt? Der Hofstaat war in Monbijou. Wem sollte aufgespielt
werden?
    Er folgte den
anderen die dunkle Treppe hinauf. Niemand sprach, nur die Schritte auf dem
Steinfußboden waren zu hören. Erst im obersten Stockwerk wurde es heller.
    Es war sicher
besser, wenn man Quantz nicht sah. Im Zwischengeschoss bog er in einen kleinen
Gang ab, drückte sich an die Wand und wartete, bis es im Treppenhaus ruhig
wurde. Oben ging noch eine Flügeltür. Dann war es still.
    Vorsichtig schlich
Quantz sich wieder zu den Stufen, immer darauf gefasst, einem Lakaien oder
sogar einem Soldaten zu begegnen. Immerhin war er in schützendes Dunkel
gehüllt. Er streckte die Hand aus, fand den metallenen Handlauf der Treppe und
folgte ihm langsam nach oben. Die Zeit, die er bis ins nächste Stockwerk
brauchte, schien unendlich lang zu sein.
    Dumpfe Stimmen
drangen an sein Ohr. Die Musiker mussten in einen Saal gegangen sein. Er
versuchte sich vorzustellen, in welchem Teil des Schlosses sie sich befanden,
aber es gelang ihm nicht. Eines war sicher: Es handelte sich nicht um das
Musikzimmer. Das lag in einem ganz anderen Flügel.
    Die typische
Geräuschkulisse von Musikern, die ihre Instrumente stimmten, war zu hören.
Quantz machte langsam mehrere Schritte nach vorn. Ein Gefühl des Unbehagens
wuchs in ihm, als er das Geländer losließ und ohne Orientierung, nur von den
Geräuschen geleitet, durch die Dunkelheit schlich.
    Er streckte die
Hände aus. Irgendwo vor ihm musste ja wieder eine Wand kommen. Da war eine Tür.
Er würde sich an der Klinke festhalten.
    Das Stimmen
verebbte. Drinnen wurde wieder gesprochen. Zu verstehen war nichts. Alles klang
dumpf und fern.
    Und dann erklang
Musik. Jemand spielte auf einem Cembalo. Das musste Bach sein.
    Nur eine einstimmige
Melodie. Sehr langsam und bedächtig. Ein aufstrebender Dreiklang. C-Moll. Jeder
Ton war ein Baustein.
    Auf den Dreiklang
folgte der seltsam schiefe und störende Sprung nach unten, dann ein langsames,
gnadenloses Absenken in Halbtonschritten, als habe das Thema für einen Moment
alle Schwerkraft zu einer bestimmten Tonart verloren und schwebe nach unten wie
eine Feder. Ohne jedes Gewicht.
    Jetzt setzte eine
zweite Stimme mit diesem Thema ein, und noch eine. Es entfaltete sich in
altmeisterlicher

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