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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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mit der anderen Hand nach dem Unterarm seiner Gattin Kaya griff und sich in deren Richtung beugte.
    »Erinnere mich daran, dass ich später noch ein paar Worte mit Ormov wechsle. Er wird wissen, warum es Ijuscha abgelehnt hat, mein Gast zu sein. Es wird Zeit, dass ich diesem Kerl eine Lektion erteile. Das ist das dritte Mal, dass er durch Abwesenheit glänzt.«
    Die Frau mit dem Schönheitsfleck auf der rechten Wange lächelte den Gästen zu und nickte ganz leicht.
    »Wie du möchtest. Aber unterschätze ihn nicht. Vielleicht stellt er sich immer nur so begriffsstutzig, immerhin ist er nicht umsonst zum Großbauer geworden.«
    Der Gouverneur richtete den Oberkörper wieder auf und wandte den Blick nicht von der Tafel.
    »Von mir aus. Aber er ist der Einzige, der es wagt, weniger Abgaben als verlangt abzuliefern, mit der unsinnigen Begründung, seine Landpächter hätten sonst zu wenig zum Leben.« Jukolenko nahm einen Schluck von dem Wein. »Ich werde ein paar Männer losschicken, die handfesten Druck bei seinen Bauern ausüben. Ewig lasse ich mir nicht auf der Nase herumtanzen.« Er senkte die Stimme. »Schau dir die hier an, so müsste Ijuscha sein. Ich kontrolliere sie. Wenn ich pfeife, kommen sie wie die Hunde gekrochen, um mir einen Gefallen zu tun.«
    Einer der Großbauern schaute zu Jukolenko, winkte ihm mit einer Rehkeule und lachte, dass ihm die Bissen aus dem vollen Mund fielen.
    Der Gouverneur lächelte zurück und prostete ihm zu. »Sie sind ja so dankbar«, flüsterte er Kaya zu und drückte ihre Hand, bevor er sich erhob und lautstark räusperte, um die Aufmerksamkeit der Gäste zu wecken.
    »Ihr Edlen, hört mir einen Augenblick zu, bevor Euch der Nachtisch die Ohren verstopft.« Die Männer an der großen Tafel lachten. »Wie jedes Jahr lade ich meine Freunde zum Essen, um die vergangene Zeit in einer zwanglosen Runde zu bereden und neue Vorhaben vorzustellen.«
    »Das wissen wir auch sehr zu schätzen, Gouverneur«, unterbrach ihn Brojak Kaschenko und zeigte auf den überladenen Tisch. Die anderen lachten wieder und schwenkten die Krüge.
    Jukolenko zwang sich zu einem Lächeln, obwohl er derartige Unterbrechungen hasste.
    »Vielen Dank, Kaschenko. Wir alle haben viel zusammen erlebt und erreicht, unser Wohlstand ist gestiegen, die Bewohner sind so friedlich wie selten zuvor. Das alles zeigt, dass eine harte Hand besser regiert, als alle Versprechungen nach Reformen und Änderungen jemals bringen würden.« Die Adligen und Großbauern gaben ihre einstimmige Zustimmung, in dem sie mit ihren Bechern auf die Tafel schlugen.
    »Wie Ihr alle gehört habt, ist mein Nachfolger hierher unterwegs, so lauten jedenfalls die Gerüchte, die man sich erzählt. Man erzählt sich auch, dass er Neues bringen möchte und dem Volk Aussichten auf Verbesserungen macht. Wenn er lange im Amt bleibt, könnte alles das, was wir uns in den letzten Jahren aufgebaut haben, zunichte gemacht werden. Kommt das einfache Volk auf den Feldern und auf der Straße erst mal auf den Geschmack der neuen Führung, wird es schwierig, alte Strukturen neu zu etablieren.« Jukolenko beschwor mit Absicht die schlimmsten Befürchtungen der Gäste herauf, er brauchte ihre Unterstützung und ihre Angst, die sie zu allem fähig machen würde. »Ich denke, ich spreche im Interesse aller, wenn ich sage, dass der neue Mann nicht lange in Granburg bleiben darf.«
    Die Brojaken und Adligen entfachten mit ihren Behältern ein wahres Donnergrollen, das unheilvoll durch die Gassen und Straßen der Provinzhauptstadt rollte.
    »Wenn Ihr unsere Hilfe braucht, dann sagt, wann und wo wir sein müssen, Gouverneur«, grölte Kaschenko übermütig, dessen Gesicht vom Alkohol gerötet war. »Wir wollen den Neuen auch nicht hier!«
    Jetzt riefen die Gäste alle durcheinander, jeder wollte den anderen mit Unterstützungszusagen überbieten.
    Jukolenko konnte ein breites, zufriedenes Grinsen nur mit Mühe zurückhalten. Sein Plan begann so tadellos, wie er es sich vorgestellt hatte.
    »Entschuldigung, Gouverneur.« Ein Mann um die Vierzig mit freundlichen Gesichtszügen und einem breiten Schnauzbart war fast geräuschlos an seiner Seite aufgetaucht. Dicke, kostspielige Pelze, in denen noch einige widerständige Schneeflocken beharrlich gegen die Wärme des Raumes kämpften, hingen um den Körper des Fremden, in dessen Augen eine Spur Verschlagenheit glänzte. »Ich bin Stoiko Gijuschka, Diener und Vertrauter des Harac Vasja. Mein Herr lässt fragen, ob denn vielleicht

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