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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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zweihundert Waslec erhalten, die fünfzig anderen Waslec gehen an den Seiler Nurjef, der der Gatte der Frau war.«
    »Aber Kolskoi ist mein Freund. Ich kann von ihm nicht verlangen, dass er mir das Geld gibt«, protestierte Wanko, obwohl Jukolenko im Rücken des Jungen beschwichtigend gestikulierte.
    Stoiko beugte sich wieder herunter und soufflierte erneut. Jetzt kam es auf jedes Wort an.
    »Ihr wolltet also von Eurem zukünftigen Gouverneur eine Entschädigung verlangen und von Harac Kolskoi deshalb keine, weil er Euer Freund ist? Eine seltsame Gesetzgebung hat Granburg.« Lodrik hob die Stimme. »Dennoch sind die Frau und das ungeborene Kind tot, egal ob Kolskoi Euer Freund ist oder nicht, Brojak Wanko. Was sagt Ihr dazu, Gouverneur?«
    »Ich denke, dass es eine Sache zwischen den beiden Adligen ist, Harac«, sagte Jukolenko, der die Goldgier Wankos verfluchte. »Ich werde mich nicht einmischen.«
    Wieder tuschelten Lodrik und Stoiko, der Diener zog ein ledernes Dokumentenfutteral heraus und reichte es dem Jungen. »Wenn das so ist, übernehme ich ab sofort den Posten des Gouverneurs.« Lodrik brach das Siegel auf, zog das Pergament heraus und verlas das Einsetzungsschreiben des Kabcar. »Kraft des mir verliehenen Amtes bestehe ich auf die vorhin von Brojak Wanko erhobenen Schadensansprüche. Harac Kolskoi wird einmal zweihundert Waslec an Brojak Wanko und an Stelle der fünfzig besser hundert Waslec an den Seiler Nurjef aus Olnjak zahlen. Es waren ja auch zwei Menschen, die gestorben sind, wie Ihr vorhin eigens betont habt, was die Entschädigung natürlicherweise verdoppelt.«
    Der Junge schaute abwartend in die Runde, aber es regte sich kein Widerstand gegen das Machtwort des neuen Gouverneurs.
    »Schön, dass wir uns einig geworden sind, hohe Herren.« Lodrik hob den Becher. »Auf Granburg und den neuen Statthalter.«
    Jukolenko war der Erste, der seinen Pokal in die Luft hielt, nach und nach folgten die Adligen und Großbauern seinem Beispiel. »Auf Granburg und den neuen, weisen Statthalter«, sagte der Mann, während er Blicke mit Wanko und Kolskoi austauschte. »Möge er so lange wie möglich im Amt bleiben.« Die Hochrufe kamen sehr zögerlich und verhalten.
    »So, ich bin satt«, gähnte Lodrik und stemmte sich etwas unbeholfen aus dem Sitz. »Ich werde in meinen Palast fahren und mir ein Zimmer suchen.«
    »Nehmt den Gästetrakt, bis alles für Euch hergerichtet wurde, Exzellenz«, empfahl Jukolenko und öffnete dem Jungen die Tür.
    »Vielen Dank. Nachdem ich umgezogen bin, werdet Ihr im Gästetrakt unterkommen, bis ich mich in den Arbeitstag eingewöhnt habe, Harac Jukolenko. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend, werte Herren.« Lodrik nickte in die Runde und verschwand nach draußen, dicht hinter ihm Waljakov und Stoiko.
    Der abgesetzte Gouverneur schlug die Tür mit einem lauten Krach zu, dass die Gläser auf dem Tisch erbebten.
    Wanko sah betreten unter sich, Kolskoi schnitzte wütend mit dem Messer am Holz herum, und die anderen Gäste verhielten sich still.
    »Wir müssen ihn los werden«, meinte Kolskoi nach einer Weile und rammte die Klinge mit einem kraftvollen Stoß tief in den Tisch. »Er hält uns zum Narren, und wir können froh sein, dass sich diese Vorstellung nicht in aller Öffentlichkeit abgespielt hat. Das eben war schon schlimm genug.« Er warf Wanko einen Blick zu. »Und Ihr seid ein kompletter Idiot!«
    »Ich bin ganz Eurer Meinung, Harac. In beiden Fällen«, stimmte Jukolenko zu, der sich wieder auf seinen alten Platz neben seine Frau gesetzt hatte und die Fäuste ballte. »Aber ich glaube, dass der Vertraute das Problem ist und nicht der dicke, aufgeblasene Gernegroß. Dieser Diener hat ihm alles vorgesagt.«
    »Dann sollten wir dafür sorgen, dass ihm etwas zustößt«, schlug Kolskoi vor. »Wie wäre es mit einer Jagd? Oder einem Ausflug an die Berghänge?« Die anderen lachten leise.
    Jukolenko lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen der rechten Hand an die Stirn. »Noch nicht. Wir sollten abwarten und erst so viel wie möglich über den Fettsack und sein merkwürdiges Gefolge herausfinden. Wenn er der Liebling eines Beraters oder einer anderen einflussreichen Persönlichkeit am Hofe des Kabcar ist, könnte ein Unfall unangenehmere Folgen haben, als uns allen lieb wäre. Von ungefähr kann diese Einsetzung eines unerfahrenen Jungen als Gouverneur nicht kommen, da ist etwas faul.« Der Mann zwirbelte den Schnurrbart. »Auf alle Fälle werden wir ihm die Zeit

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