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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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in seine Unterkunft eingeschlichen hatte.
    Der Umriss des Wesens, das dort hockte, war eindeutig zu groß und zu gewaltig für einen Mäusejäger. Das Feuer brannte unregelmäßig, erschwerte Torben die Sicht, aber je mehr er sich anstrengte, umso mehr erkannte er, dass es sich bei dem nächtlichen Besucher um alles andere, nur nicht um eine Katze handelte.
    Der knochige Kopf war flach, die gelben Augen mit den rot leuchtenden Pupillen lagen tief im Schädel, und anstatt eines Mundes hatte das Wesen ein breites Maul, aus dem spitze, lange Zähne hervorstanden. Der muskulöse, menschengroße Körper steckte in zerlumpten Kleidern, der Pirat erkannte dichte Behaarung unter dem zerrissenen Stoff.
    Torben schätzte, dass ein einziger Schlag der kräftigen, krallenbewehrten Hände einen Mann mühelos ins Jenseits befördern könnte.
    Das Wesen hatte inzwischen aufgehört, die tiefen, schnurrenden Laute von sich zu geben und beobachtete den Rogogarder regungslos, die Pupillen strahlten in tiefem Rubinrot.
    Torben rutschte rückwärts, bis er die Wand in seinem Rücken spürte. Seine Gedanken überschlugen sich.
    Immer wieder hatte ihm seine Mutter damals die Geschichten von den Monstren erzählt, die in den Sümpfen Ulldarts lebten und Menschen fraßen, aber dass er unbedingt jetzt auf eines treffen musste, passte ihm überhaupt nicht. Eigentlich hatte er vorgehabt, wenn überhaupt, auf See zu sterben, und nicht im Magen einer solchen Kreatur zu enden, die aus Tzulans verfaulten Körperteilen entstanden war.
    Als einzige Waffe hatte er das Brotmesser Lajas dabei, das Wesen ihm gegenüber trug zu allem Überfluss noch ein verrostetes Schwert an der Seite.
    Torben hatte eine Idee. Langsam bewegte er sich in Richtung seines Rucksacks und kramte mit zitternden Händen seinen Proviant heraus, während die Kreatur den Piraten nicht eine Sekunde aus den Augen ließ, die Hand drohend am Schwertgriff.
    Der Rogogarder wickelte die Hartwurst aus dem Leinenbeutel und warf sie dem Wesen hin.
    Vorsichtig schnüffelte die Bestie an dem Gegenstand, bevor sie ihn aufhob und herzhaft zubiss. Nach wenigen Lidschlägen war die Wurst verschwunden.
    Torben atmete auf, opferte dem Wesen den Laib Brot und das Trockenobst, das er bekommen hatte, und hoffte, dass der Hunger gestillt wurde. Während es alles gierig in sich hineinstopfte, beobachtete es den Mann unentwegt aus den Augenwinkeln.
    »Essen gut?«, fragte Torben nach einer Weile und machte ein freundliches Gesicht, darauf bedacht, nicht durch eine unachtsame Geste einen Angriff herauszufordern. »Schmecken? Gut?«
    »Habe schon besser gegessen«, knurrte das Wesen tief und rülpste. »Wer bist du?«
    Der Mann war mehr als überrascht, als er die Worte in schlechtem Ulldart hörte. Am liebsten hätte er seinem Gegenüber den Proviantrucksack ins Gesicht geworfen. »Du sprichst meine Sprache?«
    »Deine und meine, aber nicht sehr gut. Zähne behindern.« Zum Beweis entfernte das Wesen ein Stück Hartwurst aus einer Zahnlücke und lutschte es vom Fingernagel. »Warum geben mir Essen und nicht versuchen mich zu töten?«
    Der Rogogarder lehnte sich zurück und blinzelte. »Ich habe nichts, um dich zu töten.«
    Der Gast lachte kehlig, und Torben konnte nicht anders als miteinzustimmen. »Du bist ehrlich, deshalb werde ich nicht töten. Und du hast Essen gegeben. Ich Pashtak.« Die Augen strahlten rot. »Ich geben dir auch Essen.«
    Er reichte Torben ein stark riechendes Bündel, das fast den selben bestialischen Geruch verströmte wie das Wesen. »Du besser halten in Feuer bevor essen, ja?!«
    »Danke. Ich bin Torben Rudgass, Kapitän der …«, er schwieg plötzlich. »Ich bin Torben Rudgass.«
    Pashtak nickte, warf ein paar Scheite aufs Feuer und rückte näher an die Flammen. »Wird kalt sein heute Nacht und schneien. Besser großes Feuer.«
    »Sind da noch mehr draußen? Ich meine, wie du?«
    »Nein. Ich bin der Einzige. Wir alle nicht gleich. Ich auf Wanderschaft, auf Suche nach nächstem Sumpf, um zu leben. Weißt du, wo nächster Sumpf? Oder wo gehen nach Tûris?«
    Der Rogogarder schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, ich bin selbst nicht von hier.«
    »Macht nichts. Werde finden«, meinte Pashtak zuversichtlich und legte sich neben das Feuer. »Schlaf gut.«
    »Ich werde es versuchen.« Torben blieb mit dem Rücken an der Mauer, zog die Decken fester um sich und beschloss mit diesem Gast vor sich nicht einzuschlafen, auch wenn Pashtak einen friedlichen Eindruck machte. Die Geschichten

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