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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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schwarze Locken, die sich um ihr blasses Gesicht bis über ihre Schultern kringeln. Lassen ein Ohr sehen mit einem dicken silbernen Ohrring, der das Mondlicht spiegelt. Sie nickt zur Begrüßung, betrachtet mich wachsam, lächelt nicht, kommt nicht näher. Thursen und ich, wir setzen uns ins trockene Laub, mitten ins Wolfslager. Ängstlich klammere ich mich an seine Hand, aber ich laufe nicht weg. Diesmal halte ich stand. Die Wölfe streifen durcheinander, ungeduldig, die Zeit nach Sonnenuntergang ist ihre Zeit. Struppig und gelbäugig drängen sie sich an uns vorbei, einer mit einer kahlen Stelle auf dem Rücken schnuppert an mir und scheint zufrieden. Kein Knurren. Kein Zähneblecken. Offenbar hat Thursen sie beruhigt, dass von mir keine Gefahr ausgeht. So wie er die Menschen beruhigt hat, mit denen sie leben. Eine seltsame Gemeinschaft.
    Man begegnet seiner Angst, wenn man das kennenlernt, was man fürchtet. Am besten, ich fange gleich damit an. «Haben die auch Namen? Die Wölfe, meine ich.»
    «Nicht so wirklich. Der Helle hier, das ist Rawuhn.» Ich halte dem Wolf meine Hand hin, als sei er nicht mehr als ein Hund, den man zum Schnuppern auffordert. Er kommt näher, übersieht meine Hand und untersucht stattdessen mein Gesicht. Ich höre, fühle seinen Atem auf meiner Haut, so nah ist er. Seine gelbgrünen Augen leuchten in meine. Ich halte ganz still, vor Angst erstarrt. Greift er an? Hat Thursen die Wölfe wirklich im Griff? Thursen richtet sich auf, wachsam, angespannt. Rawuhn dreht sich zu Thursen um, sieht zu ihm und drückt dann mit einer schnellen Bewegung seine kalte Nase an meine Wange.
    «Hör auf, Rawuhn!», grollt Thursen. Rawuhn siehtnochmal zu ihm, dreht dann ab und geht langsam hinüber ins Dunkel zwischen die Büsche, wo er mit den Schatten verschmilzt. Mein Herz hämmert. «Mensch, Thursen!», stöhne ich, als ich wieder Luft bekomme. «Hättest du nicht irgendwas machen können? Was, wenn er mich gebissen hätte?»
    Thursen lehnt sich hintenüber und stützt sich lässig mit den Armen ab. «Ein Wolf, der angreift, sieht anders aus.»
    «Das weißt du so genau?», frage ich und reibe meine Wange mit dem Jackenärmel.
    Er schnaubt durch die Nase. «Ja.»
    Er findet das witzig.
    Da sind noch mehr als dieser Rawuhn. «Und die anderen Wölfe?», frage ich tapfer.
    «Das da», Thursen hat den Arm ausgestreckt, «ist Jerro, der Struppige ist Lurnak, und dahinten sitzt Fath. Keine Ahnung, wo Krestor ist. Vielleicht irgendwo bei Karr.»
    «Und ihr lebt hier, mitten im Wald, mit euren Wölfen?»
    «Ja.»
    «Hier?» Es ist eine Lichtung. Bäume, Sträucher, Gras und Blätter. Keine Hütten oder Bauwagen. Nichts, nur Wald.
    «Ja. Wieso fragst du? Es gefällt uns. Wir haben alles, und es ist ruhig hier.»
    «Ich hab mir das nur mehr wie ein Campinglager vorgestellt. Habt ihr nicht mal ein Zelt oder so, falls es regnet? Schlafsäcke? Das ist doch kalt.»
    Ein kleiner Tannenzapfen saust zu uns herüber, trifft Thursen an der Schulter und plumpst ins Laub. Den nächsten fängt er im Flug.
    «Was sollte das?», frage ich, als ich verwundert seinem Blick folge, hinüber zu Sjöll.
    «Warnung.» Thursen lächelt, wirft den Tannenzapfen zurück in ihre Richtung. «Sjöll wollte mich nur erinnern, dass ich dir nicht zu viel erzähle.»
    «Ich darf also nicht mal erfahren, warum ihr kein Zelt habt?» Ich nehme auch einen Tannenzapfen und werfe. Ich kann das nicht so gut wie er.
    «Wir brauchen kein Zelt.»
    «Wieso nicht?»
    «Luisa, hör auf. Das hier», sein Blick schweift über das Waldstück, das sie Lager nennen, «funktioniert nur, wenn wir unsere Geheimnisse bewahren.»
    «Ihr habt also etwas zu verbergen?» Dieser Tannenzapfen fliegt besser. Ich treffe den Stamm einer dicken Esche.
    «Jeder hat das. Du nicht?» Thursen knallt eine Eichel knapp über die Stelle, an der ich getroffen habe.
    «Sjöll weiß alles, aber mir willst du nichts erzählen.» Ich nehme gleich zwei Eicheln. Sie prallen ab und spritzen ins Unterholz, als ich sie mit voller Wucht gegen den Stamm schleudere.
    «Bitte, Luisa!» Thursen nimmt mir die Eichel weg, die ich als Nächstes geworfen hätte.
    «Und wer erfährt eure Geheimnisse?»
    «Wer Teil unseres   –», er stockt, lässt die Eichel von einer Hand in die andere fallen, «–   Bundes wird.»
    «Norrock sagt, ich bin eine von euch.»
    Thursen wischt sich über das Gesicht, als wolle er eine plötzliche Müdigkeit abstreifen. «Norrock hat doch keine Ahnung.»
    Ich lasse nicht

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