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Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Nein hätte man mir auch weniger aufwendig mitteilen können. Ich denke an meinen Roadster in der Tiefgarage, den ich wieder durch den Berliner Verkehr quälen musste. Langsam, eingekeilt zwischen den anderen Autos. Immer ist alles so entsetzlich langsam!
    Helena zieht einen Stift aus dem Halter vor ihr und klopft damit auf die Tischplatte. «Trotz nicht weniger gravierender» – ein lauter Klopfer – «Bedenken ist der Rat bereit, dir eine Chance zu geben. Der Rat erteilt dir den Auftrag, um den du gebeten hast, doch zunächst nur für begrenzte Dauer. Du hast von heute an drei Jahre Zeit, den Orden der Shinanim von der Nützlichkeit deines Vorhabens zu überzeugen. Falls du genug Shinanim, ausgebildete, mündige Shinanim und keine verführbaren Novizen, findest, die du für deine waghalsige Idee gewinnen kannst, könnt ihr in diesem Gebäude leben und eure Kräfte schulen.»
    Helena dreht den Ordner und schiebt ihn mir über den Tisch, sodass ich ihn aufschlagen kann. Stift und Papier folgen. «Bitte unterzeichne die Empfangsbestätigung hier!»
    «Das kann doch nicht euer Ernst sein!», entfährt es mir, als ich sehe, an welchem absurden Ort der Orden meine Gruppe unterbringen will.

[zur Inhaltsübersicht]
    7. Luisa
    Irgendwann muss ich doch eingeschlafen sein. Irgendwann, nachdem Thursens Atemzüge schon längst ruhig und gleichmäßig geworden waren. Die Nacht hat uns eingehüllt und mit traumlosem Schlaf auf mich gewartet.
    Ein Ratschgeräusch weckt mich. Noch mal, leise, dann folgt ein Knistern. Ich blinzele. Es ist hell im Zimmer, doch ich bin allein. Der Platz neben mir, dort, wo Thursen geschlafen hat, ist leer und kalt. Nur das Kopfkissen riecht noch nach ihm. Durch die geöffnete Zimmertür höre ich Schritte auf knisterndem Untergrund. Thursen? Ich schiebe meine Beine unter der warmen Decke hervor und über die Matratzenkante. Der Boden unter meinen nackten Füßen ist viel zu kalt. Ich gehe den Geräuschen nach. Als ich die Treppe hinunterkomme, sehe ich Thursen schon unten auf dem mit Pappe bedeckten Fußboden hocken und die Fußleisten mit hellbraunem Kreppband abkleben. «So früh bist du schon wach?», frage ich. Als er mich hört, schaut er auf von seiner Arbeit. Seine verschlissene Kleidung ist voll weißer Farbspritzer, wie feiner Schnee, der niemals taut. Er lächelt zu mir hoch. Ich mag sein neues Lächeln. Er benutzt es nicht oft, kostbar ist es, aber manchmal, so wie jetzt, blitzt es auf und bringt meine Seele zum Strahlen. Dabei sehe ich bestimmt komisch aus, wie ich hier auf der Treppe stehe. Barfuß, in Thursens zu großem T-Shirt und mit verstrubbeltem Haar.
    «Zieh dich an und komm runter! Agnetha holt gerade Schrippen», sagt er. «Dann können wir frühstücken.»
    «Ich dachte, deine Schwester ist nicht da?»
    «Sie ist gestern Nacht wiedergekommen.» Er streift die Kleberolle vom Handgelenk und kommt die Treppe herauf. «Meinst du, sie hat etwas mitbekommen, das dir peinlich sein sollte?», zieht er mich auf, umarmt mich und sieht mir in die Augen.
    «Meinst du, sie hat etwas mitbekommen, das dir peinlich sein sollte?», sage ich. Merke, wie dumm meine Worte waren, als sein Lächeln verschwindet. Sicher muss er an unser Gespräch von gestern denken. Schnell ziehe ich seinen Kopf zu mir und küsse ihn. «Ich liebe dich!», sage ich. Dann lasse ich ihn los, drehe mich um und laufe die Treppe wieder hinauf, um mich anzuziehen.
    Als ich das zweite Mal herunterkomme, diesmal sauber, normal gekleidet und mit entwirrten Haaren, ist Thursens Schwester längst mit den versprochenen Brötchen zurück. Auf dem Tisch in der Küche liegen Brettchen und Messer, in der Mitte Butter, Marmelade und Aufschnitt. Der schneidende Geruch nach Farbe hängt im Raum und überdeckt den Duft der frischen Brötchen. Es ist kalt, wahrscheinlich war die ganze Nacht das Fenster zum Lüften geöffnet. Die Kälte hat sich in den gletscherweißen Wänden verkrallt und will nicht so einfach weichen. Agnetha gießt kochendes Wasser in Becher mit Teebeuteln. Sie reicht mir einen Becher, um den ich meine Hände lege.
    Besser.
    Thursen, farbverschmiert, schrubbt seine Hände an der Küchenspüle und legt eine Lage Zeitungspapier auf seinen Stuhl, bevor er sich setzt. Dann nimmt er sich ein Brötchen und schneidet es mit kurzen, kräftigen Bewegungen auf. Er lächelt mir zu, denn unsere Hände berühren sich flüchtig, als ich ihm die Marmelade reiche. Ist das der Mann, der mir letzte Nacht erzählt hat, dass er einem

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