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Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Toten den Kopf zerschmettert hat, um von Werwolfsbissen abzulenken? Er kaut und schluckt in großen Brocken, dann macht er sich wieder an die Arbeit. «Wenn ich hier unten fertig bin, mache ich gleich mit dem oberen Stockwerk weiter!», höre ich ihn aus dem Flur.
    Agnetha und ich bleiben noch ein bisschen sitzen. Wir trinken unseren Tee, und sie erzählt mir von ihrem Studium. Anschließend helfe ich ihr, das Geschirr abzuräumen. Ich wische den Tisch, während ich hinter mir Teller klappern und das Wasser ins Becken rauschen höre. Der Spülmittelschaum türmt sich zu einem hohen Eisberg, in den Agnetha mutig die Hände senkt. Während sie beginnt, das Geschirr abzuwaschen, hole ich mir das karierte Handtuch.
    «Luisa, was ist los mit Lars?», fragt sie mich auf einmal leise. Hält mir, tropfnass und schaumverziert, den blauen Becher entgegen, aus dem ich eben noch getrunken habe.
    «Ich dachte, dir gefällt, dass er alles renoviert?», erwidere ich vorsichtig. Reibe den Becherhenkel trocken und versuche dabei zu erraten, wie sie die Frage meint. Hat sie womöglich doch etwas von unserem nächtlichen Gespräch mitbekommen? «Oder hättest du auch lieber alles so gelassen, wie es war, so wie dein Vater es die ganze Zeit gemacht hat?»
    «Ich liebe, was Lars tut. Ich liebe es, wie das Haus endlich wieder anfängt zu leben. Mir geht es um meinen Bruder. Ich weiß nicht, ob ihn die frischen Wände wirklich freuen. Manchmal kommt es mir so vor, als würde er das alles nur tun, um sich von etwas anderem abzulenken. Ich habe nur keine Ahnung, was das sein könnte. Er hat sich verändert, fällt dir das nicht auf?»
    «Ich weiß ja nicht, wie er früher war», weiche ich aus. Natürlich hat Thursen sich verändert, seit er damals nach dem Tod seiner Mutter verschwunden ist. Er ist ein Werwolf geworden! Kann man sich mehr verändern? Dann hat er den Mut besessen, sich von mir in einen Menschen zurückverwandeln zu lassen. Doch von alldem ahnt Agnetha nichts. Thursen hat mit ihr nie über seine Zeit im Wald gesprochen.
    «Ich meine jetzt, Luisa. Die letzten Tage!»
    Ja, ich weiß, was sie wirklich meint. Das, was ich die ganze Zeit versuche, nicht zu sehen. In den ersten Wochen, nachdem er wieder ein Mensch war, hat Thursen mit aller Kraft und Zuversicht für sein neues Leben gekämpft. Für unser neues Leben. Noch in der Silvesternacht haben wir es uns versprochen. Aber ich fühle, wie ihm langsam die Kraft ausgeht. Wie ihn der Wald wieder einholt.
    Und selbst Agnetha spürt es. Auch wenn sie es noch viel weniger versteht als ich.
    Als ich nicht antworte, seufzt sie. Schüttelt die Schaumreste von einem gespülten Teller. «Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Ich sehe immer noch den kleinen Bruder vor mir, der er mal war. Er ist so schrecklich erwachsen geworden in der Zeit, in der er weg war, dass ich ihn manchmal gar nicht wiedererkenne.»
    Natürlich ist er älter geworden. Werwölfe altern schneller als Menschen. Aber auch das weiß sie nicht. «Ja, er ist manchmal ziemlich erwachsen.» Er hat ein Rudel geleitet. Er hat Norrock gerettet und Rawuhn. Er hat Sjöll sterben sehen.
    Dann, so plötzlich, dass ich fast den Teller aus dem Geschirrtuch fallen lasse, habe ich Agnethas nasse Hand an meinem Arm. «Luisa, vielleicht spinne ich ja. Aber ich habe das Gefühl, wenn du gestern nicht gekommen wärst, dann wäre er heute Morgen nicht mehr hier.»
    Ich lächle ein unechtes Lächeln. «Und wo hätte er hinsollen?»
    «Dorthin, wohin er schon einmal verschwunden ist. Wo auch immer das war.»
    Ich versuche, sie nicht merken zu lassen, wie Angst über meinen Rücken huscht, mich mit Eisfingern packt. «Dein Bruder renoviert das Haus, Agnetha! Da steht die Farbe, und da liegt die Abdeckfolie. Wie sieht das denn für dich aus?», sage ich und weiß nicht, wen ich damit mehr beruhigen will, sie oder mich.
    «Du hast ja recht, aber ich kann einfach nicht aufhören, mir Sorgen um ihn zu machen. Ich bin so froh, dass er dich hat!»
    Agnethas Sorgen haben meine eigenen angefacht. Ich will Thursen nicht allein lassen, solange ich nicht weiß, dass es ihm gutgeht. Auch darum helfe ich ihm, den Eingangsflur zu streichen und die Treppe. Ich habe mich in einen alten Kittel gehüllt und male mit dem abgeknickten Pinsel die Ecken und Winkel weiß, in die er mit der großen Rolle nicht kommt. Thursen scheint wieder ganz unbeschwert zu sein, lacht über meine weißen Sommersprossen, die er beim Streichen der Decke nebelfein in mein

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