Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
Vom Netzwerk:
zurückweichen und wir auf einer langgestreckten Lichtung ankommen. Der Boden ist kahl und zertreten von Wolfspfoten. Auf der linken Seite liegt kegelförmig aufgeschichtet ein Berg aus Feuerholz. Unser Leben, wie wir es kannten, soll heute Nacht beendet werden. Ich werde alles tun, um meine Verwandlung zu verhindern.
    «Hier ist unser Versammlungsort», erklärt Irudit. «Hier bin ich auch in das Rudel der Wölfe aufgenommen worden. Es ist eine geheime und wahrhaft magische Zeremonie. Sie verändert das, was ihr seid, im Innersten, und ich erkläre euch jetzt, wie sie abläuft.»
    Ich will nicht im Innersten verändert werden, und ich will auch nicht erfahren, was Norrock sich ausgedacht hat. «Woher kennt ihr denn auf einmal so eine Zeremonie?»
    «Die Zeremonie ist sehr alt und wurde schon immer so durchgeführt.»
    «So, wie es im Buch der Schatten geschrieben steht!», ertönt Haddrices dunkle Stimme. Mit einer brennenden Fackel in der Hand tritt sie auf die Lichtung. «Ich dachte mir schon, dass Luisa schwierig wird. Hier, Irudit», sie reicht der kleineren Wölfin die Fackel. «Mach Feuer, wir wollen doch nicht, dass jemand friert.»
    Irudit kniet vor dem Holzstoß und bläst das Feuer an. Ich versuche, nicht an meine Angst zu denken. «Was ist das für ein ‹Buch der Schatten›? Ich dachte, das sei so eine Art Hexenbuch?»
    «Genau solche Fragen habe ich erwartet. Wir nennen das Buch nur so, denn es hat keinen Namen. Es war verschollen, aber Norrock und ich, wir haben dafür gesorgt, dass es wiedergefunden wurde. Es ist alles darin verzeichnet, was wichtig ist für uns Wolfsmenschen. All das, was uns Macht verleiht. Glaubst du mir jetzt, dass wir wissen, wie die Wolfsnacht durchgeführt werden muss?»
    «Ja, ich glaube euch», sage ich, weil ich will, dass sie weiterspricht. Warum hat Thursen mir nie von diesem Buch erzählt? Und wenn die Zeremonien so wichtig sind, warum ist Zrrie einfach so zur Wölfin geworden, ohne Wolfsnacht?
    «Also gut. Das Fleisch eben war das Letzte, was ihr als einfache schwache Menschen gegessen habt. Falls ihr diese Nacht mit ihren drei Verwandlungen überlebt», Haddrice sieht zu mir, «werdet ihr Werwölfe sein und zum ersten Mal gemeinsam mit dem Rudel auf die Jagd gehen.»
    «Ich sag euch, das ist so toll!» Irudit steht auf und blickt stolz in das knisternde Feuer.
    «Ihr verwandelt euch zu Beginn der Nacht, um Mitternacht und in der Morgendämmerung. Und ihr werdet später niemandem von dieser Zeremonie erzählen. Norrock wird sich um dich kümmern, Luisa, und ich verwandle dich», sagt Haddrice zu dem Jungen neben mir. Panik kommt in mir hoch. Drei Verwandlungen? Norrock hat doch nur von einer gesprochen? Drei Verwandlungen bedeutet, ich werde Wolf, für immer!
    Dem Dreadlocksjungen scheint das keine Angst zu machen. «Ich bin bereit», sagt er. Stellt sich breitbeinig hin und lockert die Schultern, als würde er in einen Kampf ziehen.
    «Kann ich dann jetzt Norrock holen?», fragt Irudit.
    Als Haddrice nickt, verwandelt Irudit sich in die helle Wölfin und springt davon.
    Norrock, der schwarze Wolf, kommt angetrabt und wird vor mir Mensch. Haddrice steht mit dem Dreadlocksjungen etwas abseits vom Feuer. Erst zieht er sich die Jacke aus, dann Pullover und T-Shirt. Müssen wir uns jetzt ausziehen? Ich dachte, wir machen einen Wolfskreis und verwandeln uns gemeinsam.
    «Norrock, ich will mich nicht verwandeln. Schon gar nicht dreimal! Ich habe Thursen versprochen, kein Wolf zu werden.»
    Er zuckt die Schultern. «Du hast keine andere Wahl. Haddrice wird keine Ruhe geben, solange du dich nicht zumindest einmal verwandelt hast. Mach es einfach!»
    «Und wie läuft das jetzt?»
    «Erst einmal wirst du von mir symbolisch getötet und als Kind des Mondes neu geboren. Dann vermischen wir dein Blut mit der Erde und malen dir einen Mond auf die Stirn.»
    «Du tötest mich und nimmst dir mein Blut? Spinnst du?»
    «Ich beiß dich, ganz einfach. Steht so in diesem alten Buch. Außerdem sind die paar Wunden ja kein Problem, wir Werwölfe heilen ja schneller. Zieh deine Jacke aus.»
    «Die Jacke reicht aber, ja?» Ich ziehe sie aus und wünschte, ich wäre nie hergekommen.
    Norrock meint grinsend: «Das kann jetzt ein bisschen wehtun!»
    Er muss laut sprechen, denn der Junge mit den Dreadlocks, nackt bis zum Gürtel, brüllt auf, als Haddrice, die schwarze Wölfin Haddrice, ihn ins Bein beißt. Sie knurrt und schnappt erneut zu. Der Junge, eben noch so mutig, versucht, ihre Zähne mit

Weitere Kostenlose Bücher