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Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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in meiner Tasche ist aus. Und Haddrice wird sicher nicht erlauben, dass ich es anschalte. Ob ich doch noch versuchen soll, zu fliehen?
    «Wie heißt du eigentlich?», frage ich den Jungen. Ich will mehr über ihn wissen. Will einschätzen können, ob er mich verrät, wenn ich versuche, zu fliehen.
    Er dreht sich weg vom Feuer, um mich anzusehen. Eine verfilzte Haarsträhne fällt in sein Gesicht, als er sich vornüberbeugt, um etwas Wärme in die Hände zu hauchen. «Ist das noch wichtig? Bald habe ich einen Wolfsnamen.»
    Mein Blick schweift ins Unterholz. Nichts. Haddrice ist verschwunden, aber bestimmt haben sie irgendwo einen anderen Bewacher zurückgelassen. «Ich bin Luisa.»
    «Ich weiß.»
    «Willst du nicht wenigstens deine Jacke wieder anziehen?» Ich gehe hinüber zu dem Kleiderhaufen, den Haddrice achtlos liegengelassen hat.
    Mein Blick schweift über die Bäume. Da ist ein Schatten zwischen den Stämmen. Einen Sekundenbruchteil lang denke ich, dort, mitten im Schneegestöber, stünde mein Bruder. Dann blinzele ich, und da ist nichts. Natürlich nicht.
    Ich bringe dem Jungen seine Kleidung.
    Er nimmt sie, zieht sie über seinen verschmierten Oberkörper. «Wenn ich doch bloß schon ein Wolfsfell hätte!», zwängt er zwischen seinen klappernden Zähnen hervor.
    «Vielleicht hast du eins bei der nächsten Verwandlung.»
    Ich überlege, ob Norrock tatsächlich Haddrice erlauben wird, mich zu töten, wenn ich mich weiterhin weigere, mich zu verwandeln. Ich will kein Wolf werden, um keinen Preis. Die Wolfsmacht, die durch mich gebrandet ist wie eine neumondfinstere Sturmflut, macht mir Angst.
    «Ich habe diese Macht gespürt», sagt der Junge plötzlich. «Ganz deutlich, aber ich konnte sie nicht festhalten. Sie ist an mir vorbeigerauscht wie brennendes Wasser, und dann doch wieder so eiskalt, dass ich am ganzen Körper gezittert habe. Meinst du, das fühlt sich immer so an?»
    «Vielleicht gewöhnt man sich daran.»
    «Du bist Thursens Freundin, nicht?»
    «Ja.»
    «Dann warst du doch schon öfter bei den Wölfen. Wieso haben sie bislang nie für dich eine Wolfsnacht gefeiert?»
    Weil ich Thursen versprochen habe, Mensch zu bleiben. «Einmal war ich mit im Kreis. Wir haben zusammen getrauert, als Sjöll starb.»
    Er schließt seine Jacke und hört endlich auf zu zittern. «Du hast mit dem Rudel um Sjöll getrauert? Als Mensch?»
    «Ja, wir haben geheult, alle zusammen. Müssen wir jetzt darüber reden?»
    «Nein, es ist nur – ich habe so oft von Sjöll gehört. Und jetzt sitze ich hier bei einem Mädchen, das Sjöll tatsächlich gekannt hat.»
    Er hat recht. Es sind nicht mehr viele übrig, die Sjöll gekannt haben und darüber sprechen können. Norrock, Thursen und ich. Rawuhn ist für immer Wolf, und Zrrie kam erst nach Sjölls Tod zum Rudel. «Sjöll ist in die Schussbahn gesprungen, als ein Jäger einen anderen Wolf erschießen wollte. Hast du das gewusst?»
    Er bohrt die Fäuste in seine Jackentaschen und nickt. «Klar. Jeder kennt die Geschichte der Schattenblüte.»
    «Schattenblüte? Warum nennt ihr sie so?»
    «Frag Norrock. Hat mit irgendeiner Blüte zu tun, die sie mal im Haar hatte. Nach ihrer Verwandlung war die Blüte dunkel wie ein Schatten.»
    Ich erinnere mich. Ich selbst habe ihr die Blume ins Haar gesteckt.
    «Meinst du, es gibt einen Trick, dass einem diese verdammte erste Verwandlung leichter fällt?», fragt der Junge. «Ich versuch doch schon alles.»
    Leichter? Ich muss mit aller Macht darum kämpfen, Mensch zu bleiben. «Lass es einfach geschehen. Tu nichts. Lass es zu.»
    «Klappt bei dir ja auch nicht.»
    Würde klappen. Ich zucke die Achseln. «Norrock hat mal so was gesagt.»
    «Du sprichst einfach so mit dem Leitwolf! Ich beneide dich echt. Sonst redet Norrock fast nur mit Zrrie und Mauriks. Und mit Haddrice natürlich.»
    «Norrock hat Zrrie damals gefunden. Sie war noch fast ein Kind.»
    «Das mit dem Kind sag mal lieber nicht ihr gegenüber. Sie ist eine verdammt starke Werwölfin und bestimmt kein Kind mehr. Das ist doch das Beste: Wir sind im Handumdrehen erwachsen.»
    «Ich bin siebzehn, das heißt, ich bin sowieso in ein paar Monaten erwachsen. Ich muss kein Werwolf werden, damit es schneller geht.»
    «Also ich habe keine Lust mehr zu warten. Stell dir doch vor, in ein paar Wochen schon sehen wir richtig cool aus. Die Menschen werden Angst vor uns haben, so wie vor Haddrice und Norrock. Dann schreibt dir niemand mehr was vor!»
    Er weiß sogar das mit dem schnelleren

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