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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Linienmaschine. Natürlich nicht.
    Als ich Josias’ weißen langgestreckten Rolls-Royce erkenne, eingekeilt zwischen zwei Wagen in unauffälliger silberfarbener Lackierung, parke ich mein Auto. An meinem Schlüsselbund pendelt mein Shinanim-Abzeichen, ein verschlungener Knoten. Seit kurzem habe ich ein neues Zeichen, es ist anders geschlungen, und das Metall ist silbern. Ich bin aufgestiegen im Rang seit meinem Kampf. Bei den Shinanim braucht man Leute, die praktische Erfahrung mit Werwölfen haben. Meine ganze Truppe wurde in einem Festakt befördert. Selbst Adrian, der sich nie in die Denkweise der Oberen einfinden wird, mussten sie zähneknirschend eine Beförderung zugestehen.
    Fluglärm von den startenden und landenden Maschinen dröhnt in meinen Ohren. Die Shinanim stehen im Gespräch zusammen. Das sind die Räte Franz aus Köln und Ramona aus Dresden, doch wo ist Josias? Wieder rollt die Lärmwelle eines Flugzeuges über uns und radiert jede Sprache aus. Ich grüße mit Handzeichen. Franz erkennt mich und winkt mich zu sich. Ich gehe auf die anderen zu und konzentriere mich darauf, gleichmäßige Schritte zu machen und nicht zu humpeln. Ich hasse es, Schwäche zu zeigen. Wer von meinen Verletzungen erfahren soll, entscheide ich.
    In dem Moment, in dem ich die weiße Limousine erreiche, öffnet einer der vier Anzugmänner, vermutlich Sicherheitsleute, die Tür.
    Josias steigt aus, fast wie ein Filmstar bei der Oscar-Verleihung, und streckt mir die Hand entgegen. «Elias, endlich», sagt er. Dann wendet er sich zum Rest der Gruppe und verkündet ein wenig zu laut: «Unser Elias, der junge Mann, auf den Vittorio so gespannt ist.»
    «Es ist mir eine Ehre, Josias.» Ja, es ist eine Ehre, an seiner Seite Vittorio zu treffen, keine besondere Ehre jedoch, ihm, Josias, die Hand zu schütteln. Auch wenn er das vermutlich gerne glauben würde. Eine zweite Tür öffnet sich, und Helena, die wohl inzwischen so etwas wie seine persönliche Assistentin geworden ist, steigt ebenfalls aus. Ich schüttele alle ihre Hände, Helenas, Franz’, Ramonas und auch die der anderen, deren Namen ich mir so schnell nicht merken kann.
    «Vittorios Maschine ist im Landeanflug», meldet einer der Anzugmänner.
    Josias nickt und winkt mich neben sich. Die übrigen Shinanim reihen sich dahinter ein. Seite an Seite betreten Josias und ich das Flughafengebäude. «Vittorios Maschine ist wirklich eindrucksvoll», sagt Josias, sortiert abgelenkt sein Schlüsselbund und geht an den Sicherheitskräften des Flughafens vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Wir werden nicht angehalten, nicht kontrolliert, nicht einmal dann angesprochen, als wir das Gebäude auf der anderen Seite wieder verlassen und zur Landebahn gehen. Josias bemerkt meinen verwunderten Blick und hebt als Antwort mit listigem Gesicht seinen Shinanim-Schlüsselanhänger. Das Knotenzeichen war es, das uns freien Durchgang bescherte. Ich wusste nicht, dass das Flughafenpersonal mit den Insignien der Engelskinder vertraut ist.
    Und da kommt auch schon ein Auto mit Blinklichtern auf dem Dach in unsere Richtung gefahren. Ihm folgt, langsam heranrollend, ein Boeing-Businessjet, groß wie eine Linienmaschine. Das Flugzeug strahlt blendend weiß und trägt keinen Schriftzug, nichts. Das Einzige, was es als Vittorios Maschine kenntlich macht, ist ein Knotenzeichen in feinem Silber auf der Heckflosse.
    Ich dachte, mich könnte nichts überraschen. Private Businessmaschinen kenne ich zur Genüge von meinem Vater, manchmal hat er sich auch selbst ein Flugzeug gemietet, wenn wieder ein Konferenztermin drängte und er seine hiesigen Geschäftspartner mit auf die Reise genommen hat. So konnten sie bereits auf dem Weg zum Zielort vertrauliche Dinge besprechen. Doch nie hat mein Vater etwas in annähernd der Größe von Vittorios Jet gebucht. Ich dachte, Josias übertreibt, doch das hier ist tatsächlich um einiges größer, als ich erwartet habe. Ich verstehe jetzt, was gemeint ist, wenn es heißt, dass Vittorio über den Wolken wohnt. Das hier ist kein Flugzeug, das ist ein fliegendes Heim. Wie auf einem Hausboot, nein, wie auf einer fliegenden Yacht kann man damit statt über das Wasser über den blauen Himmel segeln.
    Das Flugzeug rollt an seinen Haltepunkt, stoppt, und die brüllenden Motoren schweigen endlich. Lautlos schwingt die Tür an der Seite der Maschine auf wie Kiemen bei einem Riesenfisch. Das Flughafenpersonal fährt die Treppe heran. Josias nickt mir zu, und nebeneinander

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