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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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befreien. Sie haben die Kiste aufgemacht, und plötzlich stand ich vor ihnen. Und das Verrückteste ist: Sie hatten Angst vor mir! Selbst Elias hatte Angst.»
    Thursen sieht mich seltsam an. «Elias?»
    «Er war auch da. Thursen, sie haben mit allen Mitteln versucht, uns davon abzuhalten, uns zu verwandeln. Mit allen, hörst du?»
    «Ich hätte dich gleich, als du außer Lebensgefahr warst, zurückverwandeln sollen. Ich hatte gehofft, du könntest noch eine Weile als Werwolf heilen. Und die Rückverwandlung ist ja auch nicht gerade ein Spaziergang.» Er küsst mich auf die Wange. «Doch jetzt hole ich dich sofort zurück. Dann musst du nicht Norrock gehorchen und Nick jagen, und die Shinanim können dir mit ihren Fesselspielchen auch nichts mehr anhaben.» Er sieht mich an. «Bereit?»
    Die Rückverwandlung ist kein Spaziergang, hat er gesagt. «Was wirst du tun?» Mein Herz fängt an schneller zu klopfen. Da war was, etwas Furchtbares, das sich aus meinem nebligen Vergessen hervorkämpft. Da war ein Werwolf, der zurückverwandelt wurde und vor Entsetzen darüber vor die Bahn sprang. Karr.
    Es war nicht ich, wegen der er wieder Mensch sein musste, Mensch und nichts anderes. Doch wie im Traum habe ich wieder das Bild vor Augen: Ich habe Thursen zurückverwandelt. Er wollte es, und er litt danach wochenlang. Jetzt weiß ich es wieder. Ich habe Thursens Namen gesagt. Seinen richtigen, vollen Namen. Er hat es von mir gefordert, er war so mutig. Und dann? Wie fühlt es sich an? Bin ich auch so mutig wie er?
    Er kniet vor mir, nimmt mich bei den Schultern. «Du musst keine Angst haben. Ich bin bei dir, bis es vorbei ist. Bis alles vorbei ist. Die ganze Zeit.»
    Ich fasse nach meiner silbernen Halskette, meinem Glücksbringer mit Thursens Namen darauf. «Thursen, sag mir, was mich erwartet.»
    «Nein.» Er küsst mich so, dass ich wirklich einen Moment lang abgelenkt bin und gar nichts mehr denke, sondern mich in ihm verliere. Dann löst er sich von mir, und ich verstehe. Er hat mir einen letzten angstfreien Moment geschenkt. Es muss wirklich schlimm sein, was jetzt kommt.
    «Und jetzt hör mir zu», sagt er. «Sieh mich an! Sieh mir in die Augen, Luisa Folkert.»

[zur Inhaltsübersicht]
    23. Elias
    FELICITY erwartet mich im Flur, meine Jacke über dem Arm, die ich im Kommunikationsraum hängen gelassen habe. Ich nehme sie ihr ab und folge ihr eine Etage tiefer.
    «In diesem Gebäude befinden sich anders als in der Zentrale am Potsdamer Platz nicht ausschließlich Büros, Tagungs- und Konferenzräume», erklärt sie mir.
    Ich nicke zustimmend. «Ich habe die gesicherten Räume gesehen.»
    «Ja, die gibt es nur hier, und es wird erwartet, dass du mit niemandem aus den unteren Rängen darüber sprichst.»
    «Mir ist schon klar, was vertraulich zu behandeln ist, glaube ich.» Wofür hält sie mich?
    «In diesem Gebäude wird außer den Räumen für Vittorios Gruppe eine Anzahl Zimmer für die Teilnehmer an vertraulichen Konferenzen bereitgehalten. Manche Dinge muss man Auge in Auge besprechen, nicht? In der Zeit, in der keine Konferenzen stattfinden, werden wohl in Zukunft auch Ordensmitglieder, die eine Zeitlang Ruhe suchen, beherbergt. Wie du dir denken kannst, sind noch nicht alle Räume vollständig eingerichtet. Außer uns bist du der erste Gast hier.»
    «Und noch dazu ein Überraschungsgast.»
    «Nicht deine erste Überraschung, oder?»
    «Nein, tatsächlich nicht.» Weiß sie schon, dass ich in den Orden aufgenommen werde?
    «Nun ja, wir Shinanim sind ja stets darauf eingerichtet, schnell zu reagieren.» Vor einer Tür bleibt sie stehen und gibt mir meine Jacke. «Das ist dein Zimmer», sagt Felicity und zieht eine Plastikkarte durch den Leseschlitz daneben. Eine Diode leuchtet grün, und sie öffnet die Tür. «Der Raum wurde bereits für dich hergerichtet. Das Bad ist hinter dieser Tür.» Sie gibt mir die Karte und wendet sich zum Gehen.
    «Moment! Da gibt es ein Problem. Ich habe bis auf meine Jacke nichts weiter bei mir.»
    «Dafür ist bereits gesorgt. Du entschuldigst mich?», wirft sie mir über die Schulter zu und eilt davon.
    Na gut. Ich gehe hinein und sehe mich erst einmal um. Rechts steht ein Bett, links ein Schrank, vor dem Fenster ein Schreibtisch. Alles ist weiß. In diesem Zimmer scheint überhaupt alles weiß zu sein, Wand weiß, Vorhang weiß, Möbel weiß. Es hängen noch keine Bilder an den Wänden. Allerdings steht links in der Ecke ein mehrarmiger versilberter Leuchter mit Kerzen. Vermutlich ist

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