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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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mir so leichtfiel, nicht schlagen konnte, wurde er mein Gegenpart. Vermutlich blieb ihm nichts anderes übrig. Wer kann schon neben einem Shinan als Bruder bestehen? Ich bin letztendlich schuld. Wäre ich nie in sein Leben getreten, wäre ich nicht sein Bruder geworden, dann wäre das alles vielleicht nie passiert.
    Vittorios Stimme holt mich aus meinen Gedanken zurück. «Die Werwölfe wollen Rache für das Mädchen?»
    «Ja.»
    «Und du hast versucht, ihn davor zu schützen. Jetzt sehe ich klarer.»
    «Sie wollten seinen Tod, seinen und den seiner Kumpane. Ich bin mir ziemlich sicher, dass einer von ihnen der Tote im Tegeler Forst war. Ich musste Nick schützen. Es ist Aufgabe der Shinanim, die Menschen zu schützen. Alle Menschen.»
    «Du schützt auf diese Weise nicht nur deinen Stiefbruder vor den Wolfsbestien, du entziehst auch einen Verbrecher dem Gesetz.»
    «Nein. Ich bewahre ihn nicht vor seiner Strafe, ich gebe ihm lediglich noch eine letzte Chance. Er wird irgendwann zur Vernunft kommen, Verantwortung übernehmen und sich selbst stellen, da bin ich mir sicher!»
    «Danke, dass du so offen mit mir gesprochen hast, Elias. Nun gut. Lass uns jetzt gemeinsam überlegen, was wir dem Rat mitteilen. Du versicherst mir vollkommen aufrichtig, du hast den Werwölfen nicht zur Flucht verholfen?»
    «Warum sollte ich den Werwölfen helfen, von hier wegzulaufen, wenn ich doch selbst am meisten will, dass Luisa und Haddrice von dem Fluch erlöst werden? Ich wollte sie hierbehalten, wo wir all die Hilfsmittel haben – das alte Sünderkreuz aus der Burg, Silber, Himmelswasser, Shinan-Kraft –, die am ehesten dazu geeignet sind, die Schatten der Unterwelt aus ihnen zu vertreiben.»
    Vittorio nickt zustimmend. «Weise gesprochen. Ich glaube dir, Elias. Doch manche der Ratsmitglieder, die nicht mit dir hier saßen, werden mit Sicherheit Zweifel haben. Besonders, wenn sie die Videoaufzeichnungen sehen und von deinem Stiefbruder erfahren. Es hilft deiner Sache nicht, dass du eigenmächtig die Gesetze übertreten hast, um ihm, der nichts ist als ein Mensch, dem du nach seinen schweren Verfehlungen zu nichts mehr verpflichtet bist, zu schützen. Willst du, einer der mächtigsten jungen Shinanim –»
    Er unterbricht sich, als er meinen Gesichtsausdruck sieht, und sagt: «Du bist mächtig, Elias. Ich habe gesehen, was du mit dieser Werwölfin gemacht hast.»
    Ja, mein Kuss. Der so viel bewirkt hat und nichts.
    «Überleg es dir gut. Das, was mit der Werwölfin geschehen ist, kannst du nicht mehr ändern. Aber willst du wirklich diesen Mann, diesen Verbrecher, als deinen Bruder bezeichnen? Willst du ihn weiter vor dem Gesetz schützen?»
    «Ich lasse nicht zu, dass die Werwölfe ihn töten. Er gehört zu meiner Familie.»
    Vittorio weist hinter sich auf den Wandbehang mit dem eingestickten Shinanim-Zeichen. «Du hast eine Familie. Die Shinanim sind deine Familie, Elias. Wir teilen das Engelsblut, wie du das Menschenblut mit deinem Vater teilst. Mit diesem Nick verbindet dich nichts.»
    «Doch, mein Gewissen.»
    «Wenn man zu einer solch mächtigen Gemeinschaft gehört, muss man sich an bestimmten Punkten entscheiden. Das Zeichen unseres Ordens ist nicht umsonst ein verschlungener Knoten. Er bindet, und er verbirgt.» Vittorio steht auf und tritt neben den Wandbehang. «Du weißt, was er verbirgt?»
    Ja, ich weiß es. In meinem Rang gehört man zu den Eingeweihten. Das ist Vittorio sicher klar. Er schlägt den Stoff trotzdem zur Seite. Blau schimmert der Engelsflügel im Marmor der Wand. Und auf ihm sind in Gold die drei Zeichen der Weltreligionen eingelegt. Der Davidstern für die Juden, das alte Staurogramm, nicht das Hinrichtungskreuz, für die Christen und die Mondsichel für den Islam. Die Zeichen der Religionen, die verkünden, was wir wissen: Dass es Engel gibt.
    Vittorio streicht mit der Hand darüber, und einen Moment lang glaube ich zu sehen, wie die Zeichen unter seiner Berührung aufglühen. Dann lässt er den Vorhang wieder darüber fallen.
    «Gehörst du zu uns, Elias?»
    «Natürlich.» Was soll diese Frage?
    Vittorio reicht mir sein Handy. «Dann ruf Nick an.»
    «Wie bitte?»
    «Bring ihn dazu, sich mit dir zu treffen. Dann überredest du ihn, sich der Polizei zu stellen, und das Problem ist aus der Welt. Du weißt, dass du als Shinan die Kräfte dazu hast. Und als einer, der in der Lage ist, Werwölfinnen das Gedächtnis zurückzugeben, schon allemal.»
    «Ich versuche, was ich machen kann.» Vittorio braucht

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