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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Bruder?»
    Ich erzähle es ihm. «Und bei euch?», frage ich.
    «Auch schlecht. Diese Signatur von dem Peilsender zu verfolgen ist absolut mistig», sagt er. «Ich weiß nicht, ob die Werwölfinnen sich verwandelt haben oder in Luft aufgelöst oder was sonst das Signal unterbricht.»
    «Ich habe gehört, Werwölfe können hexen.»
    «Aber sicher.» Er lacht. «Das wird es sein.»
    «Kommt ihr zurück?»
    «Nein. Ich glaube, Delwin nimmt das mit der Flucht persönlich. Wir haben noch nicht mal einen Pfotenabdruck gefunden, aber er will trotzdem weitermachen, bis es hell wird. Hör mal, ich muss dich um einen Gefallen bitten, ich bin zum Frühstück in der Luise verabredet. Ist wirklich wichtig.»
    Ich kenne das Café Luise, eine Menge Studenten treffen sich dort. Ich schmunzele. «Ist sie hübsch?»
    «Nicht sie, er. Und du bist es, den er unbedingt kennenlernen will, das war übrigens meine Überraschung für dich. Wie es hier aussieht, schaffe ich es nicht rechtzeitig. Kannst du schon mal hingehen? Bestell mir ein Bier, ich treffe euch dann dort.»
    «Du bist Shinan, die trinken kein Bier, schon gar nicht zum Frühstück.»
    «Als wenn du nie Bier trinkst. Außerdem habe ich nicht geschlafen, das Frühstück ist sozusagen mein Abendbrot.» Adrian lacht. «Überhaupt war ich noch nie ein guter Shinan, das weißt du doch.»
    Ich denke an die vielen langen Abende mit Adrian in unserer WG und muss auch lachen. «Wie erkenne ich ihn?»
    «Du musst ihn nicht erkennen, er findet dich, er weiß, wie du aussiehst. Weißt du, er … Ich muss Schluss machen, ich glaube, Delwin hat … Hörst du das, Elias? Da heult ein Wolf! Uh, hört sich das übel an! Sei höflich zu unserem Gast, denk dran, du bist jetzt ein angesehenes Ratsmitglied.»
    «Bis nachher!»
    Ich will gerade das Gespräch beenden, da höre ich ihn noch sagen: «Sag mal, Delwin, ist das da Rauch oder Nebel?»
    Dann ist das Display dunkel, und als ich versuche zurückzurufen, bekomme ich keine Verbindung.

[zur Inhaltsübersicht]
    30. Luisa
    NORROCK hat das Tor geöffnet. Was jetzt vor mir liegt, muss ich allein tun. Mit klopfendem Herzen und atemloser Angst gehe ich hinein in den weißen Nebel wie in eine Wand aus dem eisigen Atem des Schnees.
    Schritt für Schritt weiter. Hindurch.
    Und dort wartet die Düsternis auf mich, denn im Inneren ist es, als würde ich in schwarzem Nebel stehen. Feiner, durchscheinender ist er, wie Rußschleier vielleicht. Ich bin in einer dunklen Halle. Ich sehe, denn es gibt Licht, doch das ist so seltsam diffus, dass ich ihm keinen Ursprung zuordnen kann. Kein Fenster, keine Lampe, kein Feuer. Doch ohne Zweifel, ich kann sehen. Je länger ich warte, desto klarer wird mein Blick. Die Wände werden schartig, kantig und mit Schattenmustern überzogen. Sind sie aus tiefschwarzem Stein oder aus geronnener Finsternis? Gesteinsbrocken, fast so groß, wie ich es bin, bedecken den Boden. Hinter einem von ihnen tanzt feenhaft leichtfüßig eine Gestalt hervor.
    Ist das Sjöll? «Sjöll?»
    Sie ist es. «Luisa!», jubelt sie mit ihrer hohen Stimme. Ich laufe zu ihr. Sie ist es. Und doch nicht wirklich sie, wie ich merke, als ich sie umarmen will und nur ein wenig Nichts an mich drücke. Doch auch sie schlingt ihre Nichtarme um mich. «Warum wohl bist du hier?», will sie wissen. Legt den Kopf leicht schräg, singvogelgleich, wie sie es schon immer getan hat. Dann stockt sie. «Bist du jetzt die Leitwölfin? Geht es Norrock gut? Hat er aufgehört, sich zu verwandeln?»
    Ich weiß, was sie fragen will. Sie will wissen, ob er noch zu ihr kommen wird. Ob sie ihn wiedersehen wird. «Norrock geht es gut. Er ist immer noch der Leitwolf. Er hat mir den Weg hierher gezeigt.»
    «Aber nur der Leitwolf darf die Grenze überschreiten und durch das Tor gehen, das weißt du doch?»
    «Ich weiß. Und ich bin trotzdem hier.»
    «Dein Bruder.» Sie nickt wissend. «Du willst immer noch nicht vergessen, du Dumme. Dabei könntest du das so leicht. Du bist doch jetzt eine von uns.»
    «Ich bin Shorou.»
    «Schöner Name. Nichtname. Wolfsname.» Sie dreht an ihrem Ohrring. «Der Klang gefällt mir. Hat Norrock dir was für mich gesagt, wenn er schon nicht selbst kommt?»
    «Ich wollte nur meinen Bruder sehen, Sjöll.»
    «Und Thursen, was sagt der dazu, dass du dieses Wagnis eingehst? Er ist dir doch wichtig, oder? Norrock sagt, du liebst ihn jetzt.»
    Ja, ich liebe ihn. Aber: «Wieso erst jetzt?»
    «Weil du ihn jetzt kennst. Liebt man nicht nur, wen man auch

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