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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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überwältigt mich. Ich strecke meine Hand aus, um ihn zu berühren, und ziehe sie wieder zurück. Als er noch lebte, habe ich ihm auch nie übers Haar gestreichelt. Es kommt mir dumm vor, es jetzt zu tun. Ich weiß, dass er nicht aufwachen wird.
    Ich weiß, dass ich hier am falschen Ort bin. Der Adrian, den ich kannte, ist nicht mehr hier.
    Ich gehe hinaus, schnell, bevor die bekittelten Shinanim sich daranmachen, auch noch Adrians toten Körper genauer zu untersuchen. Ich will nicht wissen, was er zuletzt gegessen hat. Ich will nicht wissen, dass sie Adrian aufschneiden, um zu sehen, wie breit genau die Messerklinge war, die man ihm hineingerammt hat. Er ist tot. Niemand kann ihm mehr helfen.
    Auf dem Gang halte ich nach Edgar Ausschau. Ich sollte mich bei ihm für meinen Ausbruch entschuldigen. Mich selbst hätte ich anschreien sollen, nicht ihn. Mir selbst sollte ich klarmachen, dass Luisa jetzt eine Werwölfin ist, eine von denen, die Adrian auf dem Gewissen haben, damit ich sie endlich aus dem Kopf bekomme. Doch ich finde Edgar nicht. Stattdessen findet mich Vittorio.
    «Begleite mich ein Stück», sagt Vittorio, als er seinen Kittel neben meinen hängt.
    «Natürlich», würge ich hervor.

[zur Inhaltsübersicht]
    34. Luisa
    IM Lager schaffen Thursen und ich es gerade so bis zur Höhle. Dann fallen wir zu Boden und liegen eine Weile stumm nebeneinander. Die Höhle ist kein wirklicher Schutz vor unseren Verfolgern, doch es tut gut, wenigstens ein bisschen weniger sichtbar zu sein. Vielleicht dauert es, bis die Shinanim unserer Spur bis hierher folgen können. Das schwache Licht des Sonnenaufgangs fällt vom Eingang herein. Thursen liegt neben mir, auf dem Rücken, die Augen geschlossen, doch er schläft nicht. Sein Gesicht ist zerschnitten und seine angeschwollene rechte Hand liegt wie ein kleines totes Tier auf seiner Brust. Ich stemme mich hoch und beginne, mich um Thursens Wunden zu kümmern, so gut es mit meinen zitternden Händen geht. Irudit war da und hat uns Wasser und einen Lappen gebracht. Jetzt wasche ich seine Wunden, wie er nach Nicks Überfall meine gewaschen hat. Ich versuche, besonders vorsichtig zu sein, denn ich weiß, wie sehr Wasser auf verletzter Haut brennen kann. Doch meine Vorsicht genügt natürlich nicht. Jetzt erst sehe ich, wie schlimm seine Brandwunden wirklich sind. Er sieht aus, als hätten die Shinanim ihn mit einem Flammenwerfer angegriffen. Unter seinem Mantel hat seine Kleidung Brandlöcher, groß wie, nun ja, wie die Handteller eben, die die Wunden verursacht haben. Und darunter ist die Haut versengt.
    «Wo ist Norrock?», fragt er.
    «Irudit hat gesagt, Mauriks und Zrrie hätten Norrock in Riekes Zelt gebracht.»
    «Ich hoffe, er schafft es. Ihn hat es noch schlimmer erwischt als mich.»
    «Er muss.» Wir haben schon so viele verloren. Und ich will ihn behalten, den schlitzohrigen Leitwolf mit der kantigen, kratzigen Seele, der mich immer wieder neu herausfordert. Der nie verlässlich ist, aber mich auch nie wirklich hängenlässt. Gerade jetzt, wo die Shinanim uns jagen werden, brauchen die Werwölfe einen Leitwolf. Wer soll es denn werden, wenn Norrock jetzt stirbt. Haddrice?
    Norrock hat mal gesagt, Leitwolf wird der, der am längsten beim Rudel ist und sich noch verwandeln kann. Am längsten dabei, von denen, die noch menschliche Gestalt annehmen können, ist Zrrie. Also müsste die Wahl auf sie fallen.
    Mit einem Mal krampft sich meine Hand um den Lappen, mit dem ich Thursen den Schmutz abwische. Das Wasser tropft heraus, auf den Boden, und dann kommt der Schmerz. Ich lasse den Lappen in die Wasserschale fallen, stemme die Arme auf den Boden und beiße wimmernd die Zähne zusammen.
    «Luisa?», fragt Thursen.
    Ich zittere zu sehr, um zu antworten. Thursen hat mich zurückverwandelt, und jetzt, ein paar Stunden später, weiß ich, warum er wollte, dass ich erst gesund werde, bevor er es tut. Es ist die Hölle. Es sind nicht nur die Gedanken, die Erinnerungen, die meinen Kopf bis zum Platzen ausfüllen, als hätte man jede Einzelne aus ihren Fächern genommen und unsortiert durcheinander auf einen riesigen Haufen geworfen. Mein Körper ist noch viel schlimmer. Er will sich, muss sich verwandeln und kann nicht.
    Zusammengekauert liege ich auf der Seite, meine Arme und Beine krümmen sich und werden doch keine Pfoten. Es ist eisig, und ich zittere, und kein Fell wächst über mich, um mich einzuhüllen. Stattdessen dringt Schweiß aus meinen Poren und wird zu einem kalten,

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