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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Angst oder Kälte, die mich quälen, sondern das unbändige Verlangen, mich zu verwandeln, Wolf zu werden und der Wut den Raum zu geben, den sie verlangt.
    «Guck ihn dir an, diese Ratte», sagt Thursen mir ins Ohr.
    Nick dreht den Kopf zu uns. Seine Augen werden zu Schlitzen. «Dich kenn ich doch!», sagt er zu mir. «Elias’ kleine S-Bahn-Freundin. Hast du jetzt die Seiten gewechselt?» Und dann wird er laut, brüllt ins Dunkel: «Hey, Elias, bist du hier irgendwo? Guck mal, du Loser! Du musst deine Else besser erziehen, die knutscht hier mit einem –!»
    «Sei still!», knurrt Haddrice, die mit einem Mal direkt vor ihm steht.
    Er grinst sie nur an. «Wow, meine leidenschaftliche Wölfin! Erinnerst du dich noch an mich?»
    «Ich mach dich fertig, du Monster», faucht sie ihn an.
    Ich umklammere Thursens Hand so fest, dass ich ihm bestimmt das Blut abschnüre. Haddrice flirrt einen Atemzug lang hinüber zur Wolfsform, fängt sich dann aber, als ein Shinan mit polternden Schritten auf uns zukommt. Ein Shinan, der offenbar etwas zu sagen hat. «Ich bin Vittorio. Lasst euch begrüßen, Werwölfe. Ihr seid also unserem Ruf gefolgt. Das ist gut», beginnt er. «Nick ist hier, wie ihr es gewünscht habt. Es war nicht einfach, aber wie ihr seht, haben wir unseren Teil der Abmachung eingehalten.»
    Ich wollte ihn hassen, diesen Shinan. Doch als ich sehe, mit welcher Abscheu im Blick er Nick bedenkt, kann ich es nicht. Es gibt wohl nichts, das so sehr verbindet wie ein gemeinsamer Feind.
    «Vittorio», sagt Thursen und nickt zur Begrüßung, als Haddrice nicht antwortet. Sie bohrt immer noch ihren Blick in den Nicks, als könnte sie ihn allein damit dazu bringen, an seinen eigenen Worten zu ersticken.
    «Was für eine wütende Kriegerin du jetzt bist, du machst mir ja fast Angst!» Nick wirft den Kopf zurück, so weit es der Pfeiler zulässt und lacht. Versucht er etwa, mit ihr zu flirten? Hier? Mit Haddrice, die alles, was er ihr angetan hat, aufgeschrieben hat und es sich jeden Tag wieder durchliest, um nicht das kleinste bisschen davon zu vergessen? Die lebt von ihrer Wut auf Nick?
    «Weißt du was? Du solltest mir dankbar sein. Ich erinnere mich noch genau an dich. Was warst du für ein schüchternes, graues Mäuschen, als ich dich damals in meinen Händen hatte. Wir haben ein bisschen mit dir gespielt, weißt du noch? Hat es dir nicht gefallen? Und jetzt sieh dich an! So eine schöne, starke Frau bist du geworden, und alles wegen mir!»
    Haddrices Antwort ist wortlos. Aus ihrer Kehle kommt ein langgezogenes dunkles Knurren.
    «Wie gesagt, wir haben unseren Teil eingehalten und sind trotz eurer Taten bereit zu einem Gespräch.» Vittorio räuspert sich. «Jetzt wäre es an der Zeit, Edgar frei zu geben. Wo ist er?»
    «Edgar ist nicht hier. Er kommt frei, wenn wir alle wieder heil zurück sind», sagt Thursen.
    Alle Werwölfe sind jetzt auf der Bühne. Vittorio nickt und schlendert ein paar Schritte zwischen den Werwölfen hin und her, betrachtet mal diesen, mal jenen. Will er zeigen, dass er keine Angst vor uns hat?
    «Da liegt schon mal das erste Problem», sagt Vittorio. Jetzt betrachtet er nicht mehr den Bühnenboden, der unter seinen Schritten dröhnt, jetzt sieht er den Wölfen in die Augen. Mauriks, Glowen, Irudit, Polmeriak, einer nach dem anderen senken sie ihren Blick, als sich Vittorios in ihren brennt. Das also will er, seine Macht zeigen. Nun, Thursen und ich, wir können seinem Blick standhalten. Wir sehen ihm direkt in die Augen, als er weiterspricht. «Wir können euch Raubtiere nicht einfach so gehen und weiter morden lassen, das versteht ihr doch, oder?»
    Eine Falle! Vittorio hat uns eine Falle gestellt, und Nick war der Köder. Zrrie hatte recht, wir hätten nie herkommen dürfen. Ich suche Haddrices Blick, doch Thursen bleibt ganz ruhig. «Was willst du dagegen tun, alter Mann?»
    Vittorio zieht die Brauen zusammen. «Du bist Thursen, richtig?»
    «Sehr erfreut.» Thursen verbeugt sich ironisch. «Ihr Shinanim habt mich also noch nicht vergessen?»
    «Falls du es noch nicht weißt, ich bin befugt, für alle Shinanim zu sprechen.»
    «Ich weiß. Der Erzshinan. Wie der Papst für die Katholiken.»
    Vittorio lächelt. «So ungefähr.»
    «Sind wir Handvoll Werwölfe so wichtig, dass der Oberste des Ordens sich mit uns in verschneiten Winkeln treffen muss? Kaum beschützt?»
    Thursen hat recht, es sind viel zu wenige, die Vittorio begleiten, wenn er wirklich das ist, was er zu sein vorgibt. Ich gehe

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