Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
Vom Netzwerk:
in die Zentrale zurückkehren und einen kühlen Kopf bewahren, Elias.»
    Klappernd lasse ich Haddrices Messer auf die Holzbohlen fallen und folge Vittorio.

[zur Inhaltsübersicht]
    42. Luisa
    IM Lager treffen wir mit den anderen Wölfen zusammen. Zrrie steht vor dem halb heruntergebrannten Feuer. Edgar reicht ihr Holzstücke, die sie in die Glut wirft und so die Flammen wieder zum Leben erweckt. Das Feuer flackert auf und wirft knisternd seinen rotgelben Schein in die Nacht. Norrock, eben noch war er der zerzauste Wolf, der sein Fell am Feuer wärmte, steht auf und wird Mensch. Die Feuerglut malt die Schatten auf seinem Gesicht tiefer, als sie ohnehin schon sind. Dennoch tut es so gut, endlich wieder seine menschliche Gestalt zu sehen. Wir brauchen jetzt mehr denn je einen Leitwolf. Thursen läuft auf ihn zu, beide umarmen sich und klopfen sich auf den Rücken.
    «Es war eine Falle. Sie jagen uns», berichtet Mauriks atemlos, stürzt auf Edgar zu und schüttelt ihn. «Du hast das gewusst, oder?», fragt er den bleichen Novizen.
    Edgar macht einen Schritt rückwärts und hebt abwehrend die Hände. Oder droht er? «Meinst du, ich bin so wichtig, dass man mir so etwas sagen würde?»
    «Schluss damit!», grollt Norrock. «Das klären wir später. Wie viel Zeit haben wir, bis die Shinanim hier sind?»
    «Sie haben uns verfolgt», sage ich. «Aber dann, im Wald, haben wir sie nicht mehr gesehen. Wenn wir sie tatsächlich abgehängt haben, bleibt uns vielleicht noch etwas Zeit, bis sie unsere Spur wiedergefunden haben. Auf jeden Fall nicht lange.»
    «Wenn sie nicht gestern schon Haddrices Anruf von Edgars Handy geortet haben. Dann sind sie noch schneller hier», sagt Thursen.
    «Also los. Macht euch bereit», ruft Norrock, hustet und wirft noch mehr Holz auf das Feuer, das auflodert wie ein Drache, den man geweckt hat. Ich spüre die Hitze in meinem Gesicht. «Besorgt euch was, was man als Waffe benutzen kann. Fackeln, Knüppel, Eisenstangen. Kämpft, solange ihr könnt, in Menschengestalt, mit Waffen in den Händen, auf Distanz. Denkt an ihre brennenden Hände. Erst wenn die Feinde zu nah sind, verwandelt ihr euch und kämpft mit Krallen und Zähnen weiter.»
    Ich weiß, was Norrock wirklich meint: Kämpft, bis sie uns alle getötet haben, und sorgt dafür, dass es möglichst lange dauert.
    Die Wölfe heulen zustimmend. Norrock lacht. «Wenn sie kommen, werden sie gebührend empfangen. Sjöll hätte ihre Freude daran.»
    «Nein, Norrock!» Thursen tritt vor und stellt sich direkt vor Norrock. «Du warst nicht da. Wir haben gesehen, was auf der Waldbühne los war. Kurz bevor wir über den Zaun sind, kamen sie erst alle die Haupttreppe herunter. Ich sag dir, das sind mindestens hundert Shinanim gewesen. Wir haben keine Chance.»
    «Ich will keine Chance, den Kampf zu gewinnen. Die hatten wir doch eh noch nie. Ich will nur kämpfen.» Norrock dreht sich zu den anderen um. «Oder sind wir Straßenköter, die den Schwanz einkneifen, wenn der Hundefänger kommt?»
    «Wenn du sie jetzt kämpfen lässt, wird es am Ende keine Werwölfe mehr geben.»
    «Dann sag du uns doch, was wir tun sollen, Leitwolf», erwidert Norrock.
    «Wir müssen weg und uns verstecken. Verborgen bleiben, bis sie uns vergessen.»
    «Wir sollen uns schon wieder verstecken? Ich wette, das sieht jemand ganz anders. Wo ist Haddrice?»
    Stille.
    Norrock starrt in die Runde. «Wo ist sie?»
    Ich bin es, die es ihm sagt. «Haddrice ist tot. Sie hat Nick getötet und wurde daraufhin von den Shinanim erschossen.»
    Es ist erschreckend, zu sehen, wie in diesem Moment die ganze Kampflust und der Mut aus Norrock herausrinnt wie Blut aus einer tödlichen Wunde. Alt und krank sieht er aus. Die Rache für Sjöll, das war es, was ihn aufrechterhalten hat, was ihm Kraft gegeben hat, immer wieder Mensch zu werden, Leitwolf zu bleiben. Und jetzt?
    «Nick ist tot?», fragt er leise. Schwankt leicht, ganz leicht nur.
    «Ja!», sage ich. «Nick ist tot. Er war dort, er hat Haddrice provoziert, und Haddrice hat ihn getötet.»
    «Tut, was Thursen sagt», befiehlt Norrock. Hört auf, sich mit aller Macht aufrecht zu halten und lässt sich zu Boden sinken. Und bevor er dort zum Wolf wird, meine ich fast sicher, eine Träne auf seiner Wange gesehen zu haben.
    Bestimmt hätte er Nick lieber selbst getötet. Doch er war es, der Haddrice gefunden hat. Haddrice, die auch Nicks Opfer war und genauso sehr wie er wollte, dass Nick für immer gestoppt wird. Norrock hat Haddrice die

Weitere Kostenlose Bücher