Schattenblume
Robert.
Das solltest du jetzt wissen.»
«Es ist mir egal», sagte er. «Wirklich.»
«Das sagst du jetzt nur», widersprach Jeffrey. «Denk an
letzte Nacht.»
«Letzte Nacht ist nichts passiert», wehrte Robert ab. «Es gab ein kleines Handgemenge, mehr nicht. Sie haben sich
nicht mehr getraut, nachdem ich mit ihnen fertig war.»
Jeffrey lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
«Ich habe die Scheiße aus ihnen rausgeprügelt.» Robert
versuchte zu lächeln, doch es wirkte eher wie ein Zähne‐
fletschen. «Drei gegen einen, und ich habe ihnen die gottverdammte Scheiße aus dem Leib geprügelt.»
«Sehr gut», sagte Jeffrey. Er wusste, er konnte nicht wi-dersprechen. Drei zu eins. Robert hatte überhaupt keine
Chance gehabt.
Doch Robert hörte nicht auf. «Dem einen habe ich die
Visage poliert, dass er nach seiner Mama gewinselt hat.»
«Hut ab, mein Freund», sagte Jeffrey. Es brach ihm fast
das Herz. «Denen hast du's gezeigt, Bobby. Denen hast
du's richtig gezeigt.»
Robert atmete tief ein, richtete sich auf und drückte die Schultern durch. «Genau», sagte er. «Genau. Ich schaffe
das.»
«Du bist nicht allein», sagte Jeffrey. «Ich bin bei dir. Possum ist bei dir.»
«Nein», sagte Robert, als hatte er einen Entschluss ge‐
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fasst. «Ich werde das hier allein durchziehen, Jeffrey. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.»
«Das Mindeste wofür?»
«Für dich», sagte er und sah Jeffrey wissend an. «Ich
weiß, was wirklich passiert ist.»
Jeffrey fühlte sich plötzlich in die Ecke getrieben, doch er wusste nicht warum. «Was meinst du damit?», fragte er.
«Ich hab dich an dem Tag mit Julia im Wald gesehen. Ich
hab gesehen, wie ihr beide in die Höhle gegangen seid.»
Jeffrey schüttelte den Kopf. Sie waren damals absolut
allein gewesen. Er hatte sich vergewissert.
«Ich nehme alles auf mich», sagte Robert. Tränen stan‐
den ihm in den Augen. Als er sprach, zitterte seine Stim-me: «Ich sage, dass ich es war. Ich nehme alles auf mich, damit du gehen kannst. Aber sag mir nur eins, Slick. Sag mir die Wahrheit. Hast du sie umgebracht?»
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KAPITEL NEUNZEHN
ara saß bei Nell auf der Veranda, als Jeffrey auf die
SAuffahrt
fuhr. Er hatte Roberts Truck stehen lassen
und ihren BMW genommen, und sie war erleichtert, dass
ihr Wagen noch heil und ganz war. Sie kam Jeffrey entgegen, als er ausstieg, doch etwas in seinem Ausdruck ließ sie
innehalten.
«Ist etwas nicht in Ordnung?», fragte sie.
«Alles klar», sagte er nicht sehr überzeugend. «Lass uns
noch einmal zu Roberts Haus gehen.»
«Okay», sagte sie. «Ich sag nur schnell Nell Bescheid.»
Aber er nahm sie bei der Hand und zog sie auf die
Straße. «Sie wird schon von allein draufkommen.»
«Okay», sagte Sara wieder und fragte sich, was los
war. Er ließ ihre Hand nicht los, als sie die Straße hinuntergingen. Eine leichte Brise wehte und machte die Hitze
etwas erträglicher, doch der schwarze Asphalt glühte noch
immer. Sara musste daran denken, wie sie vorletzte Nacht
auf dieser Straße vor Jeffrey davongerannt war. Viel‐
leicht dachte er das Gleiche, denn jetzt drückte er ihre Hand.
Sie fragte: «Geht es dir gut?»
Er schüttelte den Kopf, ohne eine Erklärung abzugeben.
«Was willst du nochmal bei Robert und Jessie?»
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«Irgendwas stimmt nicht», sagte er. «Irgendwas ist da
faul.»
«Was hat Robert gesagt?»
«Nichts Neues», erklärte Jeffrey. «Er sagt immer noch,
er sei es gewesen. Er will alles auf sich nehmen.» Er biss die Zähne zusammen und schwieg einen Moment. «Er
lügt, was Julia betrifft. Und ich frage mich, was sonst noch
alles gelogen war.»
«Was zum Beispiel?» Sara fand, es lag auf der Hand,
was in der Nacht im Schlafzimmer passiert war. «Alle Spuren stützen seine Aussage.»
«Ich will einfach nochmal nachschauen», sagte er.
«Was meinst du damit, es ist was faul?»
Er antwortete nicht. Als sie Roberts Haus erreichten,
ließ er ihre Hand los. Die gelben Schindeln waren frisch gestrichen, und mit dem strahlend weißen Lattenzaun sah
das Haus irgendwie surreal aus, wie aus einem Hollywood‐
film.
An der Tür klebte der knallgelbe Klebestreifen der Poli‐
zei. Jeffrey holte das Taschenmesser raus und klappte es
auf. «Er wurde letzte Nacht verprügelt.»
«Im Gefängnis?»
Er nickte.
«Von wem?»
Jeffrey schnitt den Klebestreifen durch. «Er sagt es nicht.»
«Wie hat Hoss das zulassen können?»
«Es war nicht Hoss», knurrte Jeffrey und
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