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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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in allen Einzel‐
    heiten die Runde gemacht, und wir konnten uns alle aus‐
    malen, wie übel zugerichtet sie sein musste.» Sie hielt
    inne. «Dann habe ich sie auf dem Flur gesehen. Sie hat
    weiß Gott nicht so ausgesehen, als wenn sie wer weiß wie
    fertig gewesen wäre. Eher so, als ob sie die ganze Aufmerk‐
    samkeit genoss.» Nell zuckte wieder die Achseln. «Das
    Problem war, sie hat sowieso ständig gelogen. Sie hat gelogen, weil sie Aufmerksamkeit wollte, weil sie Mitleid
    wollte. Keiner glaubte ihr. Höchstwahrscheinlich war ihr
    selbst der Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge gar
    nicht bewußt.»
    «Was hat sie denn erzählt?»
    «Dass Robert sie mit in die Höhle genommen hat und
    ihr Bier eingeflößt hat, um sie willig zu machen.»
    «Und wann ist Jeffrey aufgetaucht?»
    «Später», erklärte Nell. «Die Geschichte hat ein Eigen‐
    leben entwickelt, so ist es bei solchen Sachen doch immer.
    Jeffrey hat Stein und Bein geschworen, dass er in der Zeit,
    als es passiert sein soll, mit Robert zusammen war, und
    dann hat sie wie beiläufig gesagt, ach ja, übrigens, Jeffrey war auch dabei. Sie hat gesagt, die beiden hätten sich ab-gewechselt.»
    «Sie hat ihre Geschichte verändert?»
    «Das hab ich gehört, aber es gibt eben verschiedene Ge‐

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    rüchte. Vielleicht hat sie auch von Anfang an gesagt, dass es beide waren, und ich hatte es nur falsch verstanden. Es ging alles drunter und drüber. Am Ende hieß es sogar, sie wäre von einer Bande aus Corner vergewaltigt worden. Ein
    paar Jungs von der Footballmannschaft wollten sich die
    Kerle schon vorknöpfen. Wenn so was passiert, drehen die
    Leute immer durch.»
    «Und die Polizei –» Sara brach ab. «Hoss.»
    «Ja, klar. Hoss kam. Irgendein Lehrer hat Julia in der
    Schule herumheulen hören und hat Hoss gerufen.»
    «Was hat er getan?»
    «Sie befragt, schätze ich. Himmel, keiner wusste so gut
    wie er, wo sie wohnte. Kurz bevor ihr Vater starb, war er jedes Wochenende da draußen, wenn der Alte und Lane
    sich gekloppt haben.»
    «Hat er auch Jeffrey und Robert befragt?»
    «Wahrscheinlich», sagte Nell, doch sicher war sie offen‐
    sichtlich nicht. «Julia hat ihre Geschichte ziemlich schnell zurückgenommen, nachdem Hoss mit ihr geredet hatte.
    Sie hat aufgehört, an der Schule damit anzugeben und so
    zu tun, als wäre sie das Opfer gewesen. Die Leute wollten,
    dass sie was erzählte – nicht aus Anteilnahme, sondern
    weil es ein toller Skandal war –, doch sie sagte nichts mehr.
    Kein Wort. Einen Monat später oder so ist sie fort.»
    «Fort?»
    «Wahrscheinlich, um das Baby zu kriegen, keine Ah‐
    nung», sagte Nell. «So fett, wie Lane ist, hat sich damals keiner was gedacht, als sie erzählte, sie wäre wieder
    schwanger.» Nell schwieg. «Es war ein Segen, dass der Alte
    abgekratzt ist. Er war ein Monster, tausendmal schlimmer
    als Lane. Schlimmer als Jeffreys Dad, wenn du mich fragst.
    Ein gemeiner, bösartiger Widerling.»

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    «Wie viele Kinder hatte sie?»
    «Der letzte Stand war sechs.»
    «Ist der Kleine, den ich heute gesehen habe – Sonny –,
    ist er ihr Jüngster?»
    «Das ist ein Neffe. Keine Ahnung, warum sie ihn ange‐
    nommen hat. Wahrscheinlich kriegt sie Geld vom Staat
    dafür. »
    «Das ist unglaublich», sagte Sara und fragte sich, wie
    jemand dieser Frau ein Kind anvertrauen konnte, ge‐
    schweige denn zwei.
    «Julia ist dann neun oder zehn Monate später zurückge‐
    kommen, und da war dann auch Eric da, ihr neuer Bruder.»
    «Hat keiner was zu dem Timing gesagt?»
    «Was hätte man schon sagen sollen?», fragte Nell. «Und
    ein paar Wochen später war sie wieder fort. Es war einfacher zu glauben, dass Lane die Mutter des Babys war und Julia abgehauen ist. Dan Phillips, einer der Jungs aus der Footballmannschaft, ist zur gleichen Zeit abgehauen. Es
    gab wieder eine Menge Gerüchte, aber die legten sich bald.
    Es war für alle einfacher so, schätze ich.»
    Nell richtete sich auf und holte ein Fotoalbum unter
    dem Couchtisch hervor. Sie blätterte die Seiten durch, bis sie fand, was sie suchte. «Hier, das ist sie, dahinten.»
    Sara sah ein Foto von Possum, Robert und Jeffrey auf der
    Tribüne eines Stadions. Sie trugen ihre Letterman‐Jacken,
    auf denen jeweils über der Spielernummer der Nachname
    eingestickt war. Jeffrey hatte den Arm um Nell gelegt, und
    sie schmiegte sich an ihn wie ein verliebter Backfisch. Un-sinnigerweise spürte Sara einen Anflug von Eifersucht.
    «Der Fiesling wollte mir nie

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