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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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seine Jacke geben», be‐
    Schwerte sich Nell, und Sara lachte, insgeheim erleichtert.
    Es war eine Ehre, in der Highschool die Letterman‐Jacke

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    eines Jungen tragen zu dürfen oder seinen Mannschafts‐
    ring. Dabei ging es meistens weniger um einen Beweis sei‐
    ner Liebe als darum, die anderen Mädchen eifersüchtig zu
    machen.
    Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, fragte Nell: «Wes‐
    sen Ring hast du getragen?»
    Sara wurde rot. Steve Manns Ring war ein fetter
    Goldklumpen gewesen mit einem unglaublich hässlichen
    Schachkönig darauf – sehr viel uncooler als die Ringe, die die Sportler trugen. Sara hatte den Ring gehasst und
    ihn abgenommen, kaum dass sie nach Atlanta zog. Drei
    Monate brauchte sie, bis sie den Mut zusammengekratzt
    hatte, Steve den Ring mit einem Abschiedsbrief zurück‐
    zuschicken. Wenigstens hatte sich Sara Jahre später dafür
    bei ihm entschuldigt. Wenn sie ehrlich war, hätte sie wohl nie wieder einen Gedanken an ihn verschwendet, wenn die
    Ereignisse in Atlanta sie nicht zur Rückkehr nach Grant
    County gezwungen hätten.
    Nell fasste ihr Schweigen falsch auf, wahrscheinlich
    glaubte sie, jemand wie Sara hätte in der Highschool keinen Freund gehabt. Sie sagte: «Na ja, es ist ein blöder Brauch. Jeffrey hatte keinen Mannschaftsring – konnte
    sich keinen leisten –, aber die anderen Mädchen trugen
    ihre Ringe am Finger, als wären sie verheiratet.» Sie lachte. «Dabei mussten sie den Ring mit Heftpflaster bekleben,
    damit er überhaupt hielt.»
    Sara lächelte. Das Gleiche hatte sie auch getan.
    Nell beugte sich wieder über das Fotoalbum. «Hier»,
    sagte sie und legte den Finger auf das verschwommene
    Bild eines jungen Mädchens, das auf einem Foto, das
    Possum und Robert zeigte, im Hintergrund stand. «Das
    ist Julia.»

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    Nach Nells Beschreibungen hätte Sara eine kleine Hexe
    erwartet, doch Julia sah genauso aus wie jeder andere
    Teenager damals. Das Haar hing ihr glatt bis zu den Hüften, und sie trug ein schlichtes Kleid mit Blumenmuster.
    Wenn, dann sah sie traurig aus, und statt der Eifersucht von eben empfand Sara nun unerwartet Sympathie für das
    Mädchen.
    Nell sah näher hin. «Wenn ich sie mir jetzt so ansehe,
    war sie gar nicht so schlimm. Aber auf einem Foto kann
    man den Charakter eben nicht erkennen, nicht?»
    «Nein», stimmte Sara zu. Das Mädchen war recht
    hübsch. Und doch hatte das nicht ausgereicht, um Julia vor
    ihrem familiären Umfeld zu retten. Sie fragte: «Wurde sie von ihrem Vater missbraucht?»
    «Er hat sie windelweich geprügelt.»
    «Nein», sagte Sara. «So meine ich es nicht.»
    «Ach das ...» Nell schien nachzudenken. «Ich habe
    keine Ahnung, aber zuzutrauen wäre es ihm.»
    «Kannst du dir vorstellen, wer der Vater des Kindes ge‐
    wesen sein könnte?»
    «Keine Ahnung», sagte Nell. «Wenn du eine Liste von
    allen aufstellen würdest, die mit ihr zusammen waren, da
    stünde die halbe Stadt drauf.» Sie sah Sara verächtlich an.
    «Auch Reggie Ray.»
    «Er war doch viel jünger.»
    «Na und?»
    Sara gab ihr Recht. Dann sagte sie: «Lane hat behauptet,
    dass Eric oft ins Krankenhaus muss. Es klingt nach einer Blutgerinnungsstörung.» Sie ging die Möglichkeiten durch.
    «Und die werden autosomal‐rezessiv oder dominant ver‐
    erbt.» Als sie Nells verwirrten Gesichtsausdruck sah, er‐
    klärte sie: «Entschuldige bitte. Das heißt, dass solche Stö‐

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    rungen genetisch sind. Eins der zwei Proteine, die für die Blutgerinnung zuständig sind, ist defekt.»
    «Muss ich das verstehen?»
    «Bluterkrankheiten werden von den Eltern an die Kin‐
    der weitergegeben.»
    «Aha.»
    «Hast du eine Ahnung, ob Julia Probleme mit der Blut‐
    gerinnung hatte?»
    «Nein», sagte Nell. «Aber einmal hat Julia sich in Hand‐
    arbeiten mit der Schere geschnitten, ziemlich tief. Keine
    Ahnung, ob es ein Unfall war. Jedenfalls hat sie nicht länger geblutet als jeder normale Mensch.»
    «Wenn sie so was wie das Willebrand‐Syndrom hätte,
    wäre es lebensgefährlich gewesen, wenn sie nicht medi‐
    zinisch behandelt worden wäre», sagte Sara. «Außerdem
    wären außer ihr noch andere in der Familie betroffen, und Lane hat eben selbst gesagt, dass das nicht der Fall ist.»
    «Also denkst du, dass die Krankheit vom Vater kommt?»,
    fragte Nell. «Ich kenne niemanden in der ganzen Stadt,
    der so was hat.» Sie setzte nach: «Vor allem Robert nicht.
    Er wurde auf dem Sportplatz regelmäßig übel zugerichtet,
    und es hat nie etwas

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