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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Junge schlafen konnte mit diesem Vieh über der Nase, das aussah, als
    würde es sich jeden Moment auf einen stürzen, war ihr ein
    Rätsel. Doch kleine Jungs waren seltsame Geschöpfe, das
    belegte auch der glupschäugige Leguan, der sie aus seinem
    Glaskäfig hungrig anstarrte.
    Sie setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den
    Augen. Obwohl die Klimaanlage an war, schwitzte sie.
    Eigentlich machte sie nicht gerne Nachtmittagsschläf‐
    chen, und wie um sie daran zu erinnern, machte sich
    jetzt ein pochender Schmerz in ihren Schläfen bemerk‐
    bar.
    In der Küche fand sie Cola und eine Aspirin. Mit dem
    Koffein und der Tablette hoffte sie, die sich ankündigende Migräne noch abwehren zu können. Vielleicht spien die
    Schlote der Baumwollspinnereien oder beim Steinbruch
    irgendeinen Dreck in die Luft. Jedenfalls hatte Sara seit 395
    dem Moment, als sie in Sylacauga angekommen war,
    Kopfschmerzen.
    Wie ein Zombie wankte sie durchs Haus. Mit dem Mit‐
    tagsschlaf hatte sie Kräfte sammeln wollen, doch jetzt war
    sie vollkommen gerädert.
    Nell hatte sie vor dem Kinderbad gewarnt, und nach‐
    dem sie einen flüchtigen Blick hineingeworfen hatte,
    wusste Sara auch warum. Handtücher und Kleider lagen
    auf dem Boden verstreut, und wenn man bedachte, wie alt
    Jen und Jared waren, tummelte sich in der Wanne eine er‐
    schreckende Anzahl von Gummitieren.
    Sara durchquerte das Elternschlafzimmer und stellte
    fest, dass Nell einen überraschend guten Geschmack hatte.
    Ein großes, altes, massives Ehebett mit einem handge‐
    machten Quilt stand schräg in einer Ecke und bot einen
    wunderschönen Ausblick auf den sonnigen Garten. Die
    andere Ecke nahm ein antiker Schaukelstuhl ein, der Fern‐
    seher stand auf einer schönen alten Kommode.
    Wie das Schlafzimmer war auch das Bad sauber und
    ordentlich. Die Handtücher waren farblich auf den Quilt
    abgestimmt, und auch die Fußmatten passten zum Ensem‐
    ble. Sara stellte die Colaflasche auf den Wannenrand und
    setzte sich aufs Klo. Mit dem Handrücken verbarg sie ein Gähnen. Sie wollte gerade ein Stück Klopapier von der
    neuen Rolle abwickeln, als sie plötzlich ein Geräusch vorn im Haus hörte. Wie ein Bauerntölpel hatte Sara die Badezimmertür offen stehen lassen, und jetzt spülte sie hastig und zog sich die Hose hoch. Aus den vorderen Zimmern
    kam ein lautes Krachen. Sara wollte schon rufen, ob je‐
    mand Hilfe brauchte, doch dann hielt sie inne. Irgendwas
    kam ihr verdächtig vor.
    Vorsichtig schlich sie sich ins Schlafzimmer zurück, als

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    es wieder laut krachte. Jemand war in der Küche und
    durchsuchte die Schränke, genau wie es Sara am Vortag
    bei Jessie getan hatte.
    Als sie sich umsah, stellte sie fest, dass sie in der Falle saß. Vom Bad kam man nur ins Schlafzimmer, und bis auf
    das Fenster war der einzige Ausgang die Tür zum Flur. In diesem Moment näherten sich Schritte, und Sara stürzte
    zurück ins Bad, sprang in die Wanne und zog den Dusch‐
    vorhang zu.
    Wer immer es war, ganz offensichtlich suchte er etwas.
    Schranktüren wurden aufgerissen, und der Inhalt der Re‐
    galfächer flog auf den Boden. Sara spürte, wie ihr eine
    Schweißperle über die Stirn rann, als der Eindringling das Bad betrat.
    Sie sah den Schatten eines großen Mannes, der neben
    der Toilette stand, nur wenige Zentimeter von ihrem Ver‐
    steck. Im Gegenlicht konnte sie nichts erkennen, und ob‐
    wohl er sie nicht sehen konnte, fühlte sie sich bloßgestellt,
    als würde sie jede Sekunde entdeckt. Der Mann beugte
    sich vor und nahm etwas vom Wannenrand. Die Colafla‐
    sche. Sie war noch kalt vom Kühlschrank.
    Er fragte: «Wer ist da drin?»
    Sara tastete die Wand hinter sich ab, spürte die kühlen
    Fliesen unter den Händen. Plötzlich musste sie an Atlanta denken, an den Toilettenraum, wo ihr Vergewaltiger sie
    mit Handschellen an ein Rohr gefesselt und in einer Ka‐
    bine zurückgelassen hatte. Sie würde den Schmerz ihrer
    nackten Knie auf den kalten Fliesen nie vergessen. Stun‐
    denlang hatte sie die Kacheln angestarrt, bis sie endlich je‐
    mand rettete. Ihr Mund war mit Klebeband zugeklebt ge‐
    wesen, damit sie nicht schreien konnte, sie konnte nichts tun, nur zusehen, wie sie immer mehr Blut verlor.

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    Jetzt wurde der Duschvorhang zurückgerissen. Entsetzt
    zuckte sie zusammen und drückte sich gegen die Fliesen.
    Vor ihr stand Robert mit der Colaflasche in der Hand. Er war sichtlich wütend, dass er sie hier fand. «Was machst du

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