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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Eingriff vor‐
    nehmen», erklärte sie. «Ich bin keine Anästhesistin.»
    «Wenn du dir noch mehr Ausreden ausdenkst, bekom‐
    me ich das Gefühl, dass du ihm gar nicht helfen willst.»
    Smith leerte das Infusions‐Kit auf dem Boden aus.
    «Was machen Sie da?»
    «Wir geben ihm eine Chance», sagte Smith und knöpfte
    Jeffrey die Manschetten auf.

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    «Lassen Sie mich das machen», widersprach Sara, doch
    Smith winkte ab.
    Sara fragte: «Warum tun Sie das?»
    «Warum nicht?» Er zuckte die Achseln und rollte Jef‐
    frey den Ärmel hoch. «Hab sonst nichts zu tun.» Dabei
    warf er Lena über die Schulter einen Blick zu. Sie wusste immer noch nicht, ob er vor ihr angeben wollte oder einfach gerne Spielchen spielte.
    «Sie sollten die Kanüle ...» Doch Smith brachte Sara
    mit einem warnenden Blick zum Schweigen.
    Lena sah zu, wie er Jeffrey den Gummischlauch um den
    Oberarm schlang. Er war nicht gerade ein Experte, doch
    zumindest schaffte er es beim dritten Versuch, mit der Na‐
    del die Vene zu treffen.
    Smith lachte über seine Fehlversuche. «Gut, dass er be‐
    wusstlos ist.»
    «Sie scheinen zu wissen, wie man das macht», sagte
    Sara. «Wie oft brauchen Sie Infusionen?»
    Er blickte sie an, und Lena sah erst den Schreck in seinen kristallblauen Augen, dann wirkte er plötzlich gera‐
    dezu erfreut. Sara und er starrten einander sekundenlang
    an, dann lachte Smith.
    «Du hast ganz schön lange gebraucht.»
    «Sie haben es falsch verstanden», sagte Sara, und Lena
    wünschte, sie wusste, wovon zum Henker Sara sprach.
    «Sie haben alles völlig falsch verstanden.»
    «Vielleicht», sagte er und warf seinem Komplizen einen
    Blick zu. Der andere stand am Fenster und sah hinaus, als ob ihn das alles nichts anginge. Und doch wusste Lena,
    dass er sie beobachtete. Sonny, oder wie er hieß, hatte Au‐
    gen im Hinterkopf.
    Smith legte die Infusion, dann rief er Lena zu: «Halt

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    das.» Er gab ihr den Infusionsbeutel. «Mach dich nütz‐
    lich.»
    Lena setzte sich mit dem Rücken zur Wand. Sie legte
    eine Hand hinter den Rücken, mit der anderen hielt sie den
    Beutel hoch. Smith stand weniger als dreißig Zentimeter
    von ihr entfernt, und doch hatte Lena keine Ahnung, was
    sie tun sollte.
    Smith öffnete den Arztkoffer. «Sag mir, was du
    brauchst.»
    Sara sagte: «Ich kann das nicht.»
    «Lady», sagte Smith. «Du hast keine Wahl.»
    Sie setzte sich zurück und schüttelte den Kopf. «Ich
    kann nicht.»
    «Für jede Minute, die du dich weigerst, erschieße ich ein Kind», sagte er. Als sie nicht reagierte, nahm er die Pistole aus seinem Gürtel, hielt sie hoch und richtete die Mündung auf eins der Mädchen.
    Brad stellte sich ihm in den Weg, doch Smith sagte nur:
    «Dich erschieß ich auch.»
    «Und dann?», fragte Sara, «Wenn Sie alle erschossen
    haben und nur ich noch übrig bin?»
    Er nickte in Lenas Richtung, ohne sie anzusehen. «Mir
    fallen noch ein paar Sachen ein, die ich tun könnte», sagte
    er. «Was hältst du davon, Frau Doktor? Willst du zu‐
    gucken?»
    «Das würden Sie nicht tun! », sagte Sara, obwohl sie genau wusste, dass er es täte.
    Er fragte sie: «Meinst du, so was liegt in der Familie?»
    Sara sah zu Boden, ihr Gesicht färbte sich dunkelrot.
    Lena konnte sich nicht mehr beherrschen. «Wovon re‐
    det ihr überhaupt?»
    «Du weißt es nicht?», gab Smith zurück. «Natürlich

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    nicht. Er wird nicht jedem verraten haben, dass er ein Vergewaltiger ist.»
    «Wer?», fragte Lena, während Sara im gleichen Mo‐
    ment sagte: «Nein.»
    «Das gefällt dir nicht, was?», fragte Smith. Er zielte immer noch in Brads Richtung. «Und du, Skippy ? Wie gefällt dir das ?»
    Brad schüttelte den Kopf. «Das ist nicht wahr.»
    «Was ist nicht wahr?», fragte Lena.
    Smith wandte sich an Sara. «Sag's ihnen, Doc. Sag
    ihnen, warum wir alle hier sind.»
    «Nein», beharrte Sara. «Sie haben alles ganz falsch ver‐
    standen.»
    Smith verzog die Lippen zu einem schrecklichen Grin‐
    sen, als er zu Lena sagte: «Dein Boss, der große Chief Tolliver, der mit weggeschossener Birne da draußen liegt? Er hat meine Mutter vergewaltigt, und ich bin derjenige, der dafür bezahlen musste.»

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KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

    Dienstag

    ara erwachte aus einem tiefen Schlaf. Diesmal hatten
    Ssie keine Träume geängstigt. Sie lag in Jareds kleinem
    Bett und blickte zu einem lebensgroßen Gummiadler, dem
    Maskottchen des Auburn College, empor, der an einem
    Draht über ihr an der Decke hing. Wie der

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