Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
hatte.
    Nell setzte sich neben Sara und reichte ihr eine Flasche Bier. «Friedensangebot», sagte sie.
    Sara nahm das Bier an, obwohl es wie Spülwasser
    schmeckte. Dann zwang sie sich zu sagen: «Ihr habt einen wunderschönen Garten.»
    Nell atmete tief durch. «Die Azaleen sind schneller ver‐
    blüht, als Spucke trocknet. Der Nachbar ist nie zu Hause, und deshalb bellen seine Hunde den ganzen Tag lang. Ich
    werde die roten Ameisen bei der Hängematte einfach nicht
    los, und Jared kriegt dauernd Ausschlag vom Sumach, ohne
    dass ich rauskriege, wo der wächst.» Sie atmete noch einmal tief durch. «Aber vielen Dank. Ich tue mein Bestes.»
    Sara wollte Jessie in das Gespräch mit einbeziehen, doch
    als sie sich umdrehte, hatte die Frau die Augen geschlossen.
    «Wahrscheinlich bewusstlos.» Nell fächelte sich mit der
    Hand Luft zu. «Mein Gott, was war ich vorhin für eine
    Zicke. »
    Sara hatte nichts einzuwenden.
    «Normalerweise bin ich nicht so. Wenn Jessie wach
    wäre, würde sie zwar was anderes behaupten, aber man
    kann keiner Frau trauen, die vor vier Uhr nachmittags eine
    Flasche Wein intus hat, und damit meine ich nicht sonn‐
    tags.» Sie schlug eine Fliege tot. «Hat sie dir schon erzählt,
    dass sie die Neue hier ist?»
    Sara nickte.
    «Sei froh, dass sie eingeschlafen ist. Als Nächstes macht sie dir weis, sie wäre auf die Heilsarmee angewiesen.»
    Sara trank einen Schluck Bier.
    «Slick ist seit Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen. Da‐

    101
    mals hat er die Stadt so schnell verlassen, als würde er mit benzingetränkten Hosen durch die Hölle laufen.» Sie
    hielt inne. «Wahrscheinlich war ich nur wütend auf ihn
    und hab es an dir ausgelassen.» Sie legte die Hand auf Saras Armlehne. «Ich will damit sagen, tut mir Leid, dass ich eine Zicke war.»
    «Danke für die Entschuldigung.»
    «Ich hab mich kaputtgelacht, als du das mit den Luftbal‐
    lon‐Tieren gesagt hast.» Sie grinste. «Er hat gesagt, dass du Ärztin bist, aber ich hab ihm nicht geglaubt.»
    «Kinderärztin», bestätigte Sara.
    Nell lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. «Man muss
    ziemlich was in der Birne haben, um Medizin zu studieren, was?»
    «Naja.»
    Sie nickte anerkennend. «Dann schätze ich, du weißt,
    auf was du dich mit Jeffrey einlässt?»
    «Danke», sagte Sara und meinte es ehrlich. «Du bist die
    Erste, die mir das sagt.»
    Jetzt wurde Nell wieder ernst, sie sah Sara mitleidig an.
    «Wunder dich nicht, wenn ich auch die Letzte bin.»

    102

KAPITEL SECHS

    ährend der fünf Stunden, die sie bei Nell im Garten
    Wverbrachte,

    erfuhr Sara mehr über Jeffrey Tolliver
    als in den drei Monaten, seit sie ihn kennengelernt hatte.
    Jeffreys Mutter war Alkoholikerin, und sein Vater saß im
    Knast wegen einer Sache, über die niemand Genaueres
    sagen wollte. Jeffrey hatte ohne Erklärung kurz vor dem
    Abschluss das College abgebrochen und bei der Polizei
    angefangen. Er war ein guter Tänzer und hasste Bohnen.
    Er war nicht der Typ zum Heiraten, doch das war Sara
    auch ohne Nells Hilfe klar gewesen. Jeffrey war der Inbegriff des eingefleischten Junggesellen.
    Aber weil Nell Sara all diese Informationen während
    einer ehrgeizigen Partie Trivial Pursuit zuflüsterte, kannte Sara am Ende zwar die Schlagzeilen, nicht aber die nötigen
    Hintergrundinformationen. Es war stockdunkel, als sie
    sich verabschiedeten, und auf dem Weg zu Fuß zu Jeffreys
    Mutter überlegte Sara fieberhaft, wie sie die Wissenslü‐
    cken füllen könnte.
    Sie versuchte es mit: «Und was macht deine Mutter
    so?»
    «Alles Mögliche», sagte er unbestimmt.
    «Und dein Vater?»
    Er nahm ihren Koffer in die andere Hand und legte den

    103
    Arm um ihre Taille. «Du scheinst dich heute Abend gut
    amüsiert zu haben.»
    «Nell hat viel zu erzählen.»
    «Sie hört sich selbst gern reden.» Er ließ die Hand über ihre Hüfte gleiten. «Ich würde nicht alles glauben, was sie sagt.»
    «Wie meinst du das?»
    Seine Hand rutschte noch ein Stück tiefer, und er küsste ihren Nacken. «Du riechst gut.»
    Sara durchschaute sein Manöver, doch sie ließ sich nicht
    ablenken. «Bist du dir sicher, dass es deiner Mutter recht ist, wenn wir bei ihr übernachten?»
    «Ich habe sie vorhin angerufen», sagte Jeffrey. «Als Nell dir meine Lebensgeschichte erzählt hat.»
    Sein Blick gab ihr zu verstehen, dass er Bescheid wusste,
    was Nell so quatschte, und Sara nahm an, dass er sie nicht
    mitgenommen hätte, wenn er nicht genau gewusst hätte,
    wie es ablaufen würde.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher