Schattenblume
um die Taille. «Und mit dem Mund gibst du deiner Mutter einen Kuss?»
Sie versuchte ihn wegzustoßen, doch er drückte sie ge‐
gen die Wand. Das vertraute Gewicht seines Körpers war
nicht unangenehm, aber Sara dachte nur an seine Freunde
vor der Tür, die sie wahrscheinlich in diesem Moment
beobachteten. Sie erwartete, dass Jeffrey sie als Nächstes leidenschaftlich küssen würde, um seine Männlichkeit zur
Schau zu stellen, und dann würde er eine Ehrenrunde um
den Pool drehen und sich von Possum auf die Schulter
klopfen lassen. Doch stattdessen küsste er sie sanft auf die
Stirn und sagte: «Ich war seit sechs Jahren nicht mehr
hier.»
Sara starrte ihn an, sein Gesicht war nur ein paar Zen‐
timeter vor ihrem.
Plötzlich schwang die Tür auf, und einer der attraktivs‐
ten Männer, die Sara je gesehen hatte –jedenfalls im wahren Leben –, schlenderte herein. Er war etwa so groß wie Jeffrey, doch er hatte breitere Schultern und bewegte sich
männlicher.
Als er den Mund aufmachte, sprach er mit dem ero‐
tischsten Südstaaten‐Akzent, den man sich nur vorstellen
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konnte. «Traust du dich nicht, mir dein neues Mädel vor‐
zustellen, Slick?»
«Klar doch», sagte Jeffrey und legte Sara besitzergrei‐
fend den Arm um die Hüfte, «Honey, das ist Spot. Er und Possum und ich sind zusammen aufgewachsen.»
«Und der hier ist immer noch nicht fertig damit», sagte
der Mann und boxte in die Luft in Richtung Jeffrey. «Ich heiße jetzt Robert.»
Possum rief von draußen: «Kann einer von euch die
Burger aus dem Kühlschrank mitbringen?»
«Slick, übernimm du das.» Bevor Jeffrey protestieren
konnte, nahm Robert Sara am Arm und führte sie den Flur
hinunter. Er öffnete ihr galant die Fliegentür und fragte:
«Wie war die Fahrt?»
«Gut», sagte sie, auch wenn sich darüber streiten ließe.
Doch sie wollte positiv klingen. «Lieber Himmel, was für
ein wunderschöner Garten.»
Possum strahlte. «Nell hat einen grünen Daumen.»
«Das sieht man», sagte Sara und meinte es auch so. Über‐
all blühten üppig Blumen, sie wucherten aus Kübeln auf der
Veranda und kletterten den Holzzaun hinauf. Hinten im
Garten stand ein riesiger Magnolienbaum, in dessen Schat‐
ten eine Hängematte hing, und die Stechpalmen vor dem
Lattenzaun bildeten einen hübschen Kontrast. Bis auf die
bellenden Hunde nebenan war der Garten eine wahre Oase.
«Hoppla», rief Robert und stieß gegen sie, als die Hün‐
din an ihnen vorbeischoss.
«Tig!», befahl Possum halbherzig, doch die Töle war
schon in den Pool gesprungen. Sie schwamm einmal quer
hinüber, kletterte dann wieder heraus, rollte sich durchs
Gras und strampelte mit den Beinen in der Luft.
«Mann», stöhnte Possum. «Die hat ein Leben.»
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Die Frau, die am Pool saß, drehte sich um. «Das hat sie von Jeffrey gelernt.» Sie zeigte auf den Stuhl neben sich.
«Komm, setz dich zu mir, Sara. Ich bin nicht so zickig wie Nell.»
Dankbar nahm Sara das Angebot an.
«Jessie», stellte sich die Frau vor. Mit einer trägen Geste deutete sie auf Robert. «Und dieser Prachtkerl ist mein
Mann.» Sie hauchte das Wort, dass es fast pornographisch
klang.
Sara sagte: «Scheint ein netter Kerl zu sein.»
«Das scheinen sie am Anfang alle», gab Jessie zurück.
«Wie lange kennst du Slick schon?»
«Nicht sehr lange», gestand Sara. Sie fragte sich, ob hier jeder einen Spitznamen hatte. Irgendwie hatte sie den Verdacht, dass Jessie noch schlimmer war als Nell. Sie ka‐
schierte es nur besser. Nach ihrer Fahne zu urteilen, sorgte
der Alkohol für den weichen Ton in ihrer Stimme.
«Eine eingeschworene kleine Gemeinschaft», bemerkte
Jessie und beugte sich zu ihrem Weinglas. «Ich bin neu in der Stadt. Soll heißen, ich bin erst seit zwanzig Jahren dabei. Wir sind von L.A. hergezogen, als ich in die elfte Klasse kam.»
Ihrem Tonfall nach schloss Sara, dass Jessie mit «L.A.»
Lower Alabama meinte.
«Robert ist Cop, genau wie Jeffrey. Ist das nicht süß? Sie sind wie Mutt und Jeff in dem Comic, nur dass Jeffrey es hasst, Jeff genannt zu werden.» Sie trank einen kräftigen Schluck Wein. «Possum gehört der Laden drüben neben
dem Tasty‐Dog‐Schnellimbiss. Du musst unbedingt die
Kinder kennen lernen, vor allem den Jungen. Sie haben
einen so hübschen Jungen. Kinder sind ein Geschenk Got‐
tes. Nicht wahr, Bob?»
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«Was meinst du, Sugar?», fragte Bob, doch Sara war si‐
cher, dass er sie genau verstanden
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