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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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aufgefallen ist, müssen Sie es
    sagen. Ich kann nur diese Formulare hier ausfüllen, nicht mehr. Ich bin kein Polizist, und ich bin auch nicht Ihre Mutter.»
    «Lady», begann Reggie, seine Stimme zitterte vor Wut.
    «Sie wissen gar nicht, in was Sie sich da hineinziehen
    lassen.»
    «Das klingt mir sehr nach einer Drohung.»
    «Es ist eine Warnung», sagte er. «Sie scheinen ein netter Mensch zu sein, aber meiner Meinung nach lassen Sie sich mit den falschen Leuten ein.»
    «Das haben Sie mehr als deutlich gemacht.»
    «Vielleicht sollten Sie sich mal überlegen, warum die
    Leute Sie ständig vor ihm warnen.» Er tippte sich an den Hut, als Sara zur Tür ging. «Ma'am.»

    212

    KAPITEL ZWÖLF

    ie Hitze draußen fühlte sich an wie eine Wand, als Sara
    Daus dem Bestattungsinstitut kam. Am Himmel sah sie
    die Vorboten eines Gewitters, doch die aufkommenden Wol‐
    ken kühlten die Luft nicht ab. Als Sara bei Jeffrey am Wagen
    ankam, rann ihr der Schweiß in Bächen den Rücken
    hinunter.
    Trotzdem schlug sie vor: «Lass uns ein paar Schritte gehen.»
    Er stellte keine Fragen, als sie den Friedhof hinter dem Gebäude überquerten. Es ging kein Lufthauch, und Sara
    wurde von der Hitze schwindelig, als sie die Anhöhe hin‐
    aufstiegen. Sara lief immer weiter, las geistesabwesend die
    Inschriften der Grabsteine, während sie sich dem Wäld‐
    chen hinter dem Friedhof näherten. Im Zaun war eine
    Pforte, die Jeffrey ihr aufhielt.
    Es wurde dunkler, als sie in den Wald kamen, und Sara
    wusste nicht, ob es an dem dichten Blätterdach über ihren
    Köpfen lag oder an dem sich zusammenbrauenden Gewit‐
    ter. So oder so, im Schatten war es plötzlich merklich küh‐
    ler, und dafür war sie dankbar.
    Sie folgten einem schmalen Pfad. Jeffrey ging voraus,
    drückte Äste zur Seite und machte den Weg frei. Über ihnen sangen Vögel, und sie hörte das Zirpen einer Grille –
    oder das Zischen einer Schlange, je nachdem, wie viel Spiel
    man seiner Phantasie ließ.

    213
    Schließlich brach sie das Schweigen. «Ich weiß, dass wir
    hier in Alabama sind, aber ich verstehe trotzdem nicht,
    wieso sich keiner gefragt hat, weshalb Luke Swan kein
    T‐Shirt anhatte.»
    Jeffrey riss einen Zweig von einem niedrigen Ast. «Nie‐
    mand scheint sich hier groß Fragen zu stellen.» Er sah sich über die Schulter nach ihr um. «Vor dem Fenster waren
    keine Fußspuren.» Er überlegte kurz, dann sagte er: «Der
    Boden war natürlich trocken. Man könnte behaupten, dass
    niemand in dem trockenen Boden Spuren hinterlassen
    hätte.»
    «Ich finde, es wird ganz schön viel behauptet», sagte sie und zuckte zusammen, als sich eine Wurzel in ihre Ferse
    grub.
    Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. «Ich konnte
    nicht erkennen, ob das Fliegengitter von außen oder von
    innen eingedrückt wurde.»
    «Und was willst du jetzt tun?»
    «Gott», sagte er und warf den Zweig in den Wald. «Ich
    weiß es nicht.» Dann kniete er sich hin und begann seine Schnürsenkel zu lösen.
    «Was machst du denn da?»
    «Mit deinen Sandalen kannst du genauso gut barfuß ge‐
    hen.» Er zog seine Turnschuhe aus und reichte ihr einen.
    Sie zögerte, doch er bestand darauf. «Sara, ich habe je‐
    den Zentimeter deines Körpers geküsst. Bild dir nicht ein, ich hätte nicht gemerkt, dass deine Füße so groß wie meine
    sind. »
    «Nicht ganz», murmelte sie und stützte sich auf seine
    Schulter, während sie in den rechten Schuh schlüpfte. Zu
    ihrer Schande passte er fast perfekt.
    Sie blickte ihn an, um zu sehen, ob er es merkte, doch er

    214
    lächelte nur zu ihr hinauf und sagte: «Ich liebe es, wenn du
    rot wirst.»
    «Ich bin nicht rot geworden», widersprach sie, doch sie
    spürte, dass ihre Wangen glühten.
    Er half ihr in den zweiten Schuh. Sie wollte sich hin‐
    knien, um die Schnürsenkel zuzubinden, doch Jeffrey kam
    ihr zuvor. «Ich warte die ganze Zeit darauf, dass irgendjemand den Mund aufmacht. Sie können ihm die Geschichte
    doch nicht einfach so abkaufen.»
    «Ich glaube, Reggie stellt sich vielleicht doch ein paar
    Fragen», sagte sie und sah zu, wie er über der Schleife einen weiteren Knoten machte. Seine Hände waren so
    groß, und doch waren seine Berührungen immer ganz
    zart. Irgendwie hatte sich die Wut aufgelöst, die heute
    Morgen noch in ihr gegärt hatte, und sie wusste nur noch,
    dass sie vierundzwanzig Stunden vorher drauf und dran
    gewesen war, sich rettungslos in ihn zu verlieben. Sosehr ihre Vernunft auch dazu riet, sie

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