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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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dem Weg zum
    Highway auf dem Revier vorbei. Es dauert nicht lange, da bin ich sicher.»
    Paul wartete, bis sein Boss draußen war, dann sagte er
    höflich: «Ich hab auch noch eine Menge Papierkram zu er‐
    ledigen.» Er nickte Sara zu, dann ging er. Als Nächster war
    Deacon White an der Reihe, der sich wegen einer Verab‐
    redung zum Mittagessen verabschiedete. Sara fragte sich,
    ob er gesehen hatte, dass es auf der Uhr über der Tür erst
    zehn war.
    Reggie ließ die Kamera sinken und lehnte sich gegen das
    Waschbecken. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schlie‐
    ßen, hatte er niemanden, der auf ihn wartete, doch selbst wenn, schien er Jeffrey nicht mit der Leiche allein lassen zu wollen.
    Jeffrey machte es noch schlimmer, indem er Reggie
    fragte: «Was hat Robert ausgesagt?»
    Reggie zuckte die Achseln. «Warum so neugierig?»
    Jeffrey zuckte ebenfalls die Achseln.

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    Sara wusste nicht, wie Reggie es verkraften würde, doch
    sie sagte zu Jeffrey: «Ich möchte eigentlich nicht nach der Kugel graben. Wir brauchen zuerst Röntgenbilder, sonst
    zerstöre ich hier alle Spuren.»
    Reggie sagte: «In dem Zimmer war keine Kugel mehr.
    Ich hab genau nachgesehen. Nur die zwei .22er IfB in der Wand und die Hülsen auf dem Boden, so wie ich sie aufge-zeichnet habe.»
    Jeffrey schien auf der Hut zu sein, als wollte er Reggie aushorchen. «Was für eine Ersatzwaffe hatte Robert?»
    Doch Reggie starrte nur schweigend vor sich hin.
    Sara sagte: «Die Neun‐Millimeter ist schneller als die
    .22er. Wenn eine Kugel im Schädel stecken geblieben wäre, dann die .22er.»
    Reggie klappte erstaunt den Mund auf. Er sah von
    Jeffrey zu Sara. «Ich denke, dann sollten wir die Kugel
    finden.»
    Jeffrey nickte.
    Während Sara sich frische Handschuhe anzog, dachte
    sie, dass sie hierzu eigentlich keine Befugnis hatte, doch es
    war der einzige Weg, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
    Vorsichtig betastete sie die Austrittswunde mit den Fin‐
    gern; sie wollte nicht zur Zange greifen, um auf dem Metall keine Kratzer zu hinterlassen.
    «Nichts», sagte sie schließlich. «Vielleicht steckt sie
    tiefer.»
    Reggie erklärte: «Hoss wird nicht erlauben, dass wir ihn
    durchleuchten.»
    «Luke», sagte Jeffrey. «Er heißt Luke Swan. Hat er mal
    bei dir im Streifenwagen gesessen?»
    «Scheiße», schnaubte Reggie. «Zigmal.»
    «Weswegen?»

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    «Meistens wegen Einbruch, aber er hat immer aufge‐
    passt, dass keiner zu Hause war. Meistens ist er eingebrochen, wenn er dachte, dass die Leute in der Kirche sind.»
    «Gestern war Sonntag.»
    «Die Kirche macht um acht zu. Selbst wenn er to‐
    tal breit war, hätte er die Wagen in der Einfahrt sehen müssen.»
    «Hat er schon früher Waffen bei sich gehabt?»
    «Nein.»
    «Ist er je gewalttätig geworden?»
    «Nie.» Reggie dachte noch einmal nach. «Er war im
    Grunde harmlos, meistens hat er nicht mehr mitgenom‐
    men, als er in einem Kissenbezug tragen konnte.» Dann
    setzte er nach: «Andererseits weiß man ja nie, oder? Ich schätze, das Gleiche haben die Leute auch von deinem Vater gesagt, bevor er mit den Typen hochgenommen wurde,
    die meinen Onkel Dave auf dem Gewissen haben.»
    Sara sah, wie Jeffrey schluckte.
    Reggie fuhr fort: «Man weiß nie, wozu die Menschen
    fähig sind. Eben stiehlt er noch einen Rasenmäher, und am
    nächsten Tag legt er kaltblütig einen Deputy um.»
    Sara hatte das Gefühl, sie müsste etwas sagen, aber es
    fiel ihr nichts ein. Jeffrey hatte die Fäuste geballt, als hätte
    er Reggie am liebsten windelweich geprügelt. Reggie hob
    trotzig das Kinn.
    Sara versuchte, die beiden abzulenken. «Reggie, könn‐
    ten Sie vielleicht mitschreiben?»
    Nur widerwillig wandte Reggie den Blick von Jeffrey ab.
    «Kein Problem, Ma'am», sagte er und holte sein Notizheft
    heraus. Er warf Jeffrey noch einen Blick zu. «Ich helfe doch
    gern.»
    Während er mitschrieb, ging Sara die Ergebnisse noch

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    einmal von vorne durch, denn sie hatte keine Lust, Paul
    später wegen seiner Aufzeichnungen nachlaufen zu müs‐
    sen und damit die Abreise aus diesem gottverlassenen
    Nest auch nur eine Minute länger hinauszuzögern. Aus
    dem Augenwinkel sah sie, wie Jeffrey Luke Swan an‐
    starrte. Sie fragte sich, woran er wohl dachte. Er hatte ihr nicht erzählt, dass die Schießerei, in die sein Vater ver-wickelt gewesen war, den Tod eines Polizisten zur Folge
    gehabt hatte. Reggie hatte offensichtlich ins Schwarze
    getroffen, denn Jeffreys Wut hatte sich in eine Traurigkeit

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