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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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verwandelt, die Sara körperlich zu spüren meinte.
    Der Rest der Obduktion war Routine, soweit man bei
    einem Erschossenen von Routine reden konnte. Weder
    gab es besondere Erkenntnisse noch Hinweise, die dem,
    was Robert letzte Nacht gesagt hatte, widersprachen. Jah‐
    relanger Drogenkonsum und ungesunde Ernährung hat‐
    ten zu Kalziumablagerungen in den Koronararterien ge‐
    führt. Die Leber war leicht vergrößert, doch in Anbetracht des Alkohols, den Sara in Swans Magen fand, war das normal. Was die fehlende Kugel anging, hatte Reggie im Haus
    vielleicht etwas übersehen, oder sie steckte tiefer im Hirn.
    Sara öffnete Swans Schädel nicht, damit später noch Rönt‐
    genaufnahmen gemacht werden konnten, falls Hoss sich
    doch noch entschied, Ermittlungen anzustellen.
    Als Sara den Y‐Schnitt mit dem üblichen Matratzen‐
    stich vernähte, fielen ihr die Kleider ein.
    Reggie sagte: «Sie sind in einer Tüte auf dem Revier.»
    «Wir haben sie nicht hier?», wunderte sich Sara. Das
    war seltsam.
    «Hoss hat sie heute früh zur Beweisaufnahme mitge‐
    nommen.» Reggie blätterte in seinem Notizheft zurück.
    «Ein Paar Levis, Größe 29/30, ein Paar Nike‐Turnschuhe

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    und weiße Socken, ein Portemonnaie mit sechs Dollar und
    dem Führerschein.»
    «Keine Unterhose?», fragte Sara.
    Er las noch einmal nach. «Anscheinend nicht.»
    «Autoschlüssel ? »
    «Er ist nie selbst gefahren. Hat vor drei Jahren wegen
    Trunkenheit am Steuer seine Fahrerlaubnis verloren.»
    «Das heißt nicht, dass er nicht fährt», wandte Jeffrey ein.
    Reggie zuckte die Schulter. «Es hat ihn jedenfalls nie
    jemand erwischt. Seine Oma hat ein Auto. Die ist total
    daneben. Hoss hat sie ein paar Mal erwischt, wie sie auf der falschen Straßenseite gefahren ist, und einmal hat
    sie das Stoppschild auf der Henderson umgemäht. Seitdem
    springt der Wagen nicht mehr an.»
    Sara zog die Handschuhe aus. «Wo kann ich mich hin‐
    setzen und meinen Bericht schreiben?»
    «Ich sag Deacon White Bescheid», sagte Reggie. «Es
    stört ihn sicher nicht, wenn Sie sein Büro benutzen.»
    Sara ging zum Waschbecken, um sich die Hände zu wa‐
    schen. Sie spürte, dass Jeffrey sie beobachtete. Doch als sie versuchte, seinen Blick aufzufangen, kam White herein,
    und er sah weg.
    «Also», sagte White und ging einen Packen Formulare
    durch. «Das hier sind wahrscheinlich die, die Sie benutzen.»
    Sara warf einen Blick auf die Obduktionsvordrucke. «Ja,
    vielen Dank.»
    «Ich fülle sie meistens da drüben aus», sagte er dann
    und rollte ihr einen Stuhl an die Arbeitsplatte neben dem Waschbecken.
    «Bestens.»
    Jeffrey sagte: «Ich warte im Wagen auf dich» und ging
    hinaus.

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    «Ich lasse Sie dann mal arbeiten», sagte White.
    Sara zog den Stuhl an die Theke und begann zu schrei‐
    ben. Reggie schlenderte zu ihr herüber und sah ihr über
    die Schulter, während sie ihren Namen und die verschie‐
    denen Angaben in das Formular eintrug, die der Staat von ihr verlangte. Sie notierte Luke Swans Adresse und Tele-fonnummer, dann Gewicht und Maße seiner Organe und
    andere Auffälligkeiten, die sie gefunden hatte. Als sie zum Schluss kam, räusperte sich Reggie. Sara sah ihn an und
    wartete darauf, was er zu sagen hatte.
    Irgendwie rechnete sie damit, dass er sich über Jeffrey
    beschwerte. Doch stattdessen fragte er: «Routine für Sie?»
    Sara wog ihre Worte ab. Sie wusste nicht, ob sie dem
    Mann vertrauen konnte. «Eine Schießerei ist nie Rou‐
    tine.»
    «Stimmt», gab er zu. Er wählte seine Worte genauso
    vorsichtig wie sie. «Wie lange kennen Sie Jeffrey Tolliver schon?»
    «Eine Weile. Warum?»
    «Nur so.»
    «Sonst noch was?»
    Reggie schüttelte den Kopf, und Sara konzentrierte sich
    wieder auf den Bericht.
    Ein paar Minuten später räusperte er sich wieder, und
    sie sah ungeduldig auf.
    Er sagte: «In das Magazin der Beretta passen sieben Ku‐
    geln.»
    «Dann müssten noch fünf im Magazin sein.»
    «Sechs, wenn eine in der Kammer war.»
    Anscheinend musste man ihm alles aus der Nase zie‐
    hen. «Und wie viele waren drin?»
    «Sechs.»

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    Sie legte den Stift zur Seite. «Reggie, was wollen Sie mir sagen?»
    Er mahlte mit den Kiefern, genau wie Jeffrey, wenn er
    wütend war.
    «Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann sagen Sie es.»
    Sie spürte, dass sie so bei ihm nicht weiterkam, doch sie konnte auch nicht ständig Rücksicht auf anderer Leute
    Befindlichkeiten nehmen. «Reggie, wenn Ihnen in dieser
    Sache etwas Verdächtiges

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