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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Lena unterschätzte. «Nicht ganz. Sie haben doch mit
    Brad Stephens gearbeitet. Vielleicht kann er Ihnen Infor‐
    mationen geben. Partner haben ihr eigenes Kommunika‐
    tionssystem.»
    «Er war nicht mein Partner.»
    «Ich habe keine Zeit für Ihre Egoprobleme», sagte Wag‐
    ner. «Ich will eine genaue Zeichnung von dem, was da
    drinnen los ist, wenn Sie wieder rauskommen. Wir müs‐
    sen genau wissen, wo wer ist. Wir müssen wissen, wie
    viele Schreibtische und Aktenschränke vor der Tür stehen
    und wie schwer die Geiselnehmer bewaffnet sind. Was ha‐
    ben sie dabei, Sig, Smith & Wesson oder Glock? Detective Wallace glaubt, die Schrotflinte sei eine Wingmaster. Wie
    viel Munition haben sie? Welche Kaliber? Tragen sie die
    kugelsicheren Westen immer noch? Wie verstehen sie sich
    untereinander? Steigt einem die Sache vielleicht zu Kopf?
    Lässt sich der andere umkrempeln oder ablenken? Ich will
    von jeder Schwäche in der Abwehr wissen, und das geht
    nicht, wenn Sie drin bleiben.»
    Lena nickte. All diese Informationen wären wichtig,
    und Molly Stoddard konnte nicht mal den Unterschied
    zwischen einer .22er und einer Neun‐Millimeter erken‐

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    nen, geschweige denn eine brauchbare Einschätzung der
    verfügbaren Feuerkraft abgeben.
    Lena fragte: «Soll ich was reinschmuggeln?»
    «Nein», sagte Wagner. «Noch nicht. Wir müssen erst
    mal ihr Vertrauen gewinnen. Sie werden Sie von Kopf bis
    Fuß abtasten.» Sie warf einen Blick auf Lenas Schuh.
    «Wenn sie was finden, werden sie wütend, und an irgend‐
    jemand lassen sie ihre Wut dann aus. Und dieser Jemand
    ist vielleicht jemand anderes als Sie. Bevor Sie also irgendwelche Risiken eingehen, fragen Sie sich, ob es die Sa‐
    che wert ist, das Leben anderer Menschen in Gefahr zu
    bringen.»
    «Okay», sagte Lena und trat von einem Fuß auf den
    anderen. «Ich bin bereit.»
    Wagner sah sie einen Herzschlag lang an, dann lächelte
    sie grimmig. «Schätzchen, Sie können mir ans Bein pin‐
    keln, aber sagen Sie hinterher nicht, das war der Regen.»
    Lena fühlte sich ertappt, doch sie versuchte, es sich nicht
    anmerken zu lassen.
    Noch einmal blickte Wagner auf Lenas Schuh. Aber sie
    sagte nur: «Seien Sie bloß vorsichtig.»

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KAPITEL VIERZEHN

    Montag

    effrey lief durch den Wald, dicke Klumpen nasser Erde
    J klebten ihm an den Socken. An einem Baum blieb er ste‐
    hen, stützte sich ab und zog sich die Socken aus. Es hatte aufgehört zu regnen, die Sonne löste die Wolken auf, und am Boden verdampfte die Feuchtigkeit. Jeffrey wischte sich
    den Schweiß von der Stirn, als er auf den Friedhof kam.
    Auf dem offenen Gräberfeld brannte die Sonne noch hei‐
    ßer, und auf dem abfallenden Hügel blitzten die weißen
    Grabsteine wie Zähne in einem Maul, das Jeffrey zu ver‐
    schlingen versuchte.
    Reggie saß bei geöffneter Tür in seinem Streifenwagen,
    in seinem Mundwinkel klebte eine Zigarette. Er rührte
    sich nicht, sondern wartete, bis Jeffrey bei ihm war. Der heiße Asphalt schlug Blasen unter Jeffreys nackten Füßen,
    doch er ließ sich nichts anmerken.
    Reggie musterte die nassen Sportsocken in Jeffreys
    Hand. Er verzog den Mund zu einem sarkastischen Grin‐
    sen, doch Jeffrey kam jeder Beleidigung zuvor.
    «Bring mich aufs Revier», verlangte er und stieg auf
    den Beifahrersitz.
    Reggie zog noch einmal an der Zigarette, bevor er die

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    Tür schloss. Er ließ den Motor an und wartete ein paar Mi‐
    nuten. «Wo hast du dein Mädchen gelassen?»
    «Ihr geht's gut», sagte Jeffrey. Trotz der Angst, die sie in
    der Höhle gehabt hatte, bevor sie das Skelett entdeckte, be‐
    stand Sara darauf, vor Ort zu bleiben, bis Jeffrey Hilfe holte.
    Reggie legte in aller Ruhe die Hand auf den Schaltknüp‐
    pel, dann legte er den Gang ein. Er ließ sich Zeit beim Einfädeln auf die Interstate und tuckerte unter dem Tempo‐
    limit zurück in die Stadt. Jedem bekannten Gesicht winkte er zu, als hätte er nichts Besseres zu tun. Jeffrey versuchte
    sich zu beherrschen. Er wusste, Reggie tat das mit Absicht.
    Doch als sie mit vierzig Stundenkilometern an der High‐
    school vorbeikrochen, musste er Dampf ablassen.
    «Gibt es einen Grund, weshalb du so langsam fährst?»
    «Ich will dir nur auf den Sack gehen, Slick.»
    Jeffrey starrte aus dem Fenster und fragte sich, wie viel schlimmer dieser Tag noch werden konnte.
    Reggie fragte: «Willst du mir nicht sagen, was hier los
    ist?»
    «Nein.»
    «Genießt du hier irgendwelche Privilegien?»
    Jeffrey

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