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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Tunnel
    in ein schwarzes Loch fuhren.
    «Ich musste so was für mein Knie machen», sagte
    Molly. «Ich hab es mir verdreht, als ich meinen Kleinen die Treppe raufgejagt habe.»
    «Sie haben zwei Kinder?»
    «Zwei Jungs», erklärte Molly mit leisem Stolz.
    Lena steuerte den Notarztwagen über eine Metallplatte,
    die ein Schlagloch abdeckte. In dem schweren Fahrzeug
    war von den Straßenschäden kaum etwas zu spüren. Sie
    fragte sich, ob auch in ihr ein Kind heranwuchs, und wenn ja, ob es ein Mädchen und ein Junge war. Was wäre, wenn
    sie es bekäme? Wenn sie Ethan heiratete, wäre sie ihm ein
    für alle Mal ausgeliefert.
    Molly sagte: «Zwillinge.»
    «Ach du Scheiße», sagte Lena. Zwillinge. Doppelt so
    viel Verantwortung. Doppelt so viel Gefahr. Doppelt so
    viel Schmerz.
    «Alles in Ordnung?», fragte Molly wieder.

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    «Ich habe heute Geburtstag», sagte Lena plötzlich, ohne
    auf den Weg zu achten.
    «Wirklich?»
    «Ja.»
    «Hier können wir parken», sagte Molly. Erst jetzt merkte
    Lena, dass sie fast am Revier vorbeigefahren war. Nick hatte
    ihr eingebläut, dass sie den Eingang nicht blockieren durften, und sie hatten verabredet, es wäre das Beste, auf der
    Seite der Boutique zu parken, nicht in Richtung College.
    Lena überlegte, ob sie zurückfahren sollte, doch es war
    zu spät. «Dann müssen wir wohl.»
    «Ja.» Molly strich sich die Hose glatt. «Das Ganze ist
    doch eine Routinesache, oder? Wir gehen mit dem Essen
    rein und kommen mit Maria heraus, nicht wahr?»
    «Stimmt», sagte Lena. Ihre Hand rutschte vom Schalt‐
    knüppel ab, als sie auf Parken schaltete. Leise fluchte
    sie vor sich hin, versuchte sich zusammenzureißen. Lena
    hatte nie Angst. Vor zwei Jahren hatte sie Schlimmeres
    erlebt, als die meisten Menschen sich nur vorstellen konnten. Wovor hatte sie Angst? Was konnte hier auf sie warten, das noch schlimmer war?
    «Hören Sie», begann Molly zögernd. «Nick hat gesagt,
    ich soll es Ihnen nicht sagen ...»
    Lena wartete.
    «Wir haben ein Zeitlimit. Wenn wir nicht rechtzeitig
    rauskommen, kommen unsere Leute rein.»
    «Und warum darf ich das nicht wissen?»
    «Nick hatte Angst, dass die Geiselnehmer Wind davon
    bekommen.»
    «Aha.» Lena verstand. Nick vertraute ihr nicht. Das
    hatte er Amanda Wagner deutlich genug gesagt. Er dachte
    wohl, Lena würde Dummheiten machen, würde sie alle in

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    die Scheiße reiten. Und vielleicht hatte er Recht. Vielleicht würde Lena die Sache in den Sand setzen, so wie sie immer
    alles in den Sand setzte. Vielleicht war es das. Das Ende vom Lied.
    «Wird schon schief gehen», sagte Molly und griff nach
    Lenas Hand.
    Weil ihr sonst nichts einfiel, sah Lena auf die Uhr.
    Molly tat es ihr gleich. «Ich hab meine Uhr mit seiner
    abgeglichen.» Sie zeigte Lena ihre große Snoopy‐Uhr. Als
    Lena ihre Digitaluhr auf die gleiche Zeit einstellte, fragte sie sich, wozu das gut sein sollte.
    «Sie kommen genau vierzig Minuten, nachdem wir
    durch die Tür gegangen sind.» Sie sah noch einmal auf die Uhr. «Das wäre dann also um 15.32 Uhr.»
    «Okay», sagte Lena.
    Molly legte die Hand auf den Türgriff. «Wir schaffen es
    rechtzeitig zu Ihrer Party.»
    «Welcher Party?» Lena hatte keinen Schimmer, wovon
    Molly sprach.
    «Ihrer Geburtstagsparty.» Dann öffnete sie die Tür ei‐
    nen Spalt. «Fertig?»
    Lena nickte, zu sprechen wagte sie nicht. Die beiden
    Frauen stiegen aus dem Notarztwagen und trafen sich an
    der Heckklappe, wo Wagners Männer die Kisten mit Pro‐
    viant eingeladen hatten, kaltem Wasser und abgepackten
    Sandwiches von den Tankstellen im Umkreis. Auf dem
    Weg zum Eingang konzentrierte sich Lena auf die Sand‐
    wiches. Sie las die Etiketten und fragte sich, wer für so ein
    labberiges Schinken‐Salat‐Sandwich Geld ausgab. Das
    Verfallsdatum war erst in drei Monaten. Wahrscheinlich
    steckten in jedem Bissen genug Konservierungsstoffe, um
    damit ein Pferd einzupökeln.

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    «Los geht's», sagte Molly, als vor ihnen die Tür aufging.
    Lena drehte sich der Magen um. Aus der Tür fiel ihnen
    Matts Leiche entgegen. Was von seinem Kopf übrig war,
    klatschte mit einem schmatzenden Geräusch auf den Bo‐
    den, Blut und Gehirn spritzten auf den Bürgersteig. Das
    meiste von seinem Gesicht fehlte, das linke Auge hing nur noch an einem Nerv, wie bei einer Halloween‐Maske. Der
    Kiefer klaffte offen, und Lena konnte alles sehen – die
    Zähne, die lange Zunge, die Sehnen und die Muskeln, die
    das Ganze noch zusammenhielten.
    «Langsam»,

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