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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Luke Swan war ein Strichmännchen mit zwei Kreuzchen als Augen. Seine rechte Hand lag unter seinem Körper, die andere war seitlich ausgestreckt. Sie fragte: «Er hat auf seiner linken Hand gelegen?»
    Reggie nickte. «Ja. Er hatte die Hand an der Brust, als wir ihn umgedreht haben.»
    White ergänzte: «Die Totenstarre war ziemlich heftig.»
    «Um wie viel Uhr war das?»
    «Ungefähr zwei Stunden nach dem Unfall», sagte er, und Sara versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, dass der Mann, der die Obduktion normalerweise vorgenommen hätte, jetzt schon von einem Unfall sprach.
    «War es schwierig, ihn zu bewegen?»
    «Wir mussten die Totenstarre brechen, um ihn auf die Bahre zu kriegen.»
    «Arme und Beine?», fragte sie und er nickte. Die Totenstarre begann im Kiefer und breitete sich dann in die Extremitäten aus. Es dauerte normalerweise sechs bis zwölf Stunden, bis sie vollständig war.
    Zum ersten Mal meldete sich Jeffrey zu Wort: «Viel leicht war er in Panik. Oder er war high.»
    «Wir machen ein Drogenscreening.»
    Hoss mischte sich mit gezwungener Höflichkeit ein. «Könnt ihr das für Leute übersetzen, die nicht auf dem College waren?»
    Sara erklärte: «Die Totenstarre kann durch körperliche Belastung vor Todeseintritt beschleunigt werden. Durch den Abbau von Adenosin-Tri-Phosphat, kurz ATP, werden die Muskeln schneller steif.»
    Der Sheriff nickte, doch sie sah ihm an, dass ihm die Information auch nicht weiterhalf.
    Sara wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, doch beim Anblick von Hoss’ ganzer Haltung überlegte sie es sich anders. Er war ihrem Großvater Earnshow so ähnlich, dass sie sich bei einem Lächeln ertappte.
    Reggie sagte: «Das hier sind die Patronenhülsen.» Er zeigte auf einen Strich in der Nähe der Tür. Zwei weitere waren neben dem Opfer eingetragen. «Die .22er lagen hier und hier. Die Neun-Millimeter war bei der Tür.»
    Jeffrey räusperte sich. Widerwillig sagte er: «Hast du die Hülsen auf Fingerabdrücke untersucht?»
    Diesmal unterdrückte Reggie seinen Ärger nicht. «Na türlich .» Dann fügte er hinzu: «Die Waffen auch. DieGlock ist auf Robert eingetragen. Es ist seine Dienstwaffe. Bei der Beretta ist die Seriennummer abgeschliffen.»
    Hoss nickte und steckte die Hände in die Hosentaschen.
    Sara fragte White: «Haben Sie Handschuhe?» Er holte eine Schachtel Gummihandschuhe aus dem Schrank über dem Waschbecken. Die Männer beobachteten, wie Sara zwei Paar Latexhandschuhe übereinander zog. White rollte den Wagen mit dem Besteck herbei. Sara war froh, dass sie darunter ein Seziermesser, Scheren, Skalpelle und die anderen Instrumente fand, die sie für die Obduktion benötigte.
    «Ich helfe Ihnen», sagte White. Zusammen schlugen sie das Laken zurück, das die untere Hälfte von Luke Swans Körper bedeckte. Man hatte ihm Jeans und Unterhose ausgezogen. Swan war ein kleiner Mann, höchstens eins siebzig, und wog knapp sechzig Kilo, wobei sein Körper nichts von der Grazie aufwies, die sein Nachname versprach. Auch wenn sein blondes Haar schulterlang war, hatte er kaum Körperbehaarung, und selbst sein Schamhaar wuchs spärlich. Sein Penis war leicht angeschwollen, an den aufgedunsenen Hoden waren geplatzte Äderchen zu sehen. Er hatte dünne Beine und eine lange Narbe an der Außenseite seines linken Oberschenkels. Sara schätzte, dass sie noch aus der Kindheit stammte. Damals musste es eine böse Verletzung gewesen sein. Aus irgendeinem Grund musste sie an Jeffreys Narbe denken, und sie fragte sich, was in Jeffrey vorgegangen war, wenn sein Vater ihn schlug.
    «Würde es Ihnen etwas ausmachen mitzuschreiben?», bat sie Paul.
    «Nein, Ma’am», antwortete er und blätterte eine neue Seite in seinem Notizheft auf.
    «Er ist wie alt?»
    Paul sagte: «Vierunddreißig.»
    Sie nickte. Das Alter passte zu dem Körper, der hier vor ihr lag. Sie diktierte, was sie bis jetzt herausgefunden hatte, und wartete nach jeder Information, dass Paul fertig wurde mit Schreiben. In Grant County hatte sie ein Diktaphon für ihre Berichte. Sie war es nicht gewohnt, ihren natürlichen Rhythmus bei der Untersuchung zu unterbrechen.
    «Die Haut ist trocken, wahrscheinlich Nährstoffmangel», sagte sie und tastete seinen Arm ab. «Einstichlöcher am rechten Arm, wahrscheinlich ein paar Jahre alt.» Spontan untersuchte sie den Bereich zwischen den Zehen. «Fri sche Einstichwunden.»
    «Was sagen Sie?», unterbrach sie Hoss.
    Jeffrey erklärte: «Er hat sich die Drogen zwischen die

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