Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
nicht genommen hat, weil er ein bisschen erkältet ist.«
Lucas und Bobby berieten sich über Cavanaughs Angebot. Theresa erwartete, dass Lucas es ablehnen würde, aber er hatte die Entscheidung auf Bobbys Wünsche geschoben. Das ergab für sie keinen Sinn. Er hatte den ganzen Tag so bestimmt gewirkt. Verlor er langsam die Nerven, jetzt, wo das Ende in Sicht war? Hatte er erkannt, dass es nicht gut für ihn ausgehen würde? Gar nicht könnte? Oder hatte er schon die ganze Zeit nach Bobbys Wünschen gehandelt?
»Ich war gar nicht so wild darauf, überhaupt zu arbeiten. Ich wäre lieber daheim bei dem Kleinen. In Atlanta hatte ich eine Teilzeitstelle, und das war perfekt – ein, zwei Stunden, dreimal die Woche, genug, um mal aus dem Haus zu kommen und ein bisschen Geld zu verdienen, aber nicht so viel, dass Ethan mich vermissen würde.«
Bobby kehrte zum Telefon zurück und gab es schließlich an Lucas weiter. Theresa konnte nun jedes Wort hören, doch sie ergaben immer noch keinen Sinn für sie. Warum sollte sich Lucas darauf einlassen? Zu zweit von hier abzuhauen, wäre schon extrem schwierig geworden – allein würde es nahezu unmöglich sein.
Außer er hatte überhaupt nicht vor, hier herauszukommen.
»Aber Mark hat darauf bestanden. Wie auf so viele Dinge. Er hat geglaubt, weil ich in Georgia geboren bin, wäre ich so eine Art barfüßige Highschool-Abbrecherin.« Sie maß einen Löffel Hustensaft mit Kirschgeschmack für Ethan ab und rieb den Rücken des kleinen Jungen. »Alles in Ordnung, Schatz. Wir sind bald wieder bei Daddy. Möchtest du noch ein Fruit Roll?«
»Ich kann es nicht glauben! Er kommt hierher«, rief Theresa leise aus.
»Wer?«, fragte Jessica Ludlow zerstreut.
»Der Unterhändler. Er wird mit Bobbys Bruder hier vor die Bank kommen. Ich kann es einfach nicht glauben.«
»Warum nicht?«
»Normalerweise dürfen sie nicht in die Geiselnahme verwickelt werden – die Unterhändler meine ich. Sie bleiben am Telefon. Er darf niemanden einer Gefahr aussetzen, auch sich selbst nicht, und absolut nicht einen Zivilisten wie Bobbys Bruder.« Laut dem Inhaltsverzeichnis seines Buches hatte Cavanaugh ein ganzes Kapitel der Frage des akzeptablen Risikos gewidmet. Suchte er gerade verzweifelt nach einer Lösung? Oder wusste er etwas, das sie nicht wusste, etwa, wann der Sprengstoff explodieren sollte? Und dass dies bald geschehen würde?
Jessica zog ihren Sohn enger an sich, der dabei ihren Blusenkragen mit der Fruit Roll verschmierte. »Heißt das, dass etwas Schlimmes geschehen wird?«
Theresa versuchte um der jungen Frau willen so positiv wie möglich zu klingen. »Nein, es wird schon klappen. Cavanaugh glaubt sicher, dass er uns damit retten kann, sonst würde er es nicht tun.« Schließlich musste der Mann auch an seine blütenreine Bilanz denken.
»Sie werden aufgeben?«, fragte Jessica.
»Nur Bobby. Lucas ist nicht der Typ, der sich ergibt.« Aber er war der Typ, der seine Verluste einschränkte. Vielleicht hatte er erkannt, dass er sich nicht gegen Bobby und die Cops zur Wehr setzen konnte, weshalb er den Wünschen seines Partners nachgab. »Ich frage mich, was sie mit dem Auto machen werden.«
»Wieso?«
»Es ist Bobbys Auto, und es scheint ihm sehr wichtig zu sein. Lucas wird es aber für die Flucht brauchen.« Sie fragte sich auch, was sie mit dem Sprengstoff machen würden.
»Was haben Sie gesagt, Theresa?« Lucas’ Stimme schnitt durch den Raum wie ein tödliches Geschoss. »Ich mag es nicht, wenn man hinter meinem Rücken über mich redet.«
»Sie haben gesagt, dass Sie vier Menschen freilassen würden, wenn Bobby geht. Jessica und der Kleine sollten dabei sein.«
Lucas baute sich vor Theresa auf und musterte sie mit dem sorgfältig prüfenden Blick, den sie zu erkennen gelernt hatte. »Interessant, Theresa. Sie bitten nicht für sich selbst, sondern für jemand anders. Sehr aufopferungsvoll.«
Brad sagte: »Was wird das hier, Frauen und Kinder zuerst? Wie altmodisch ist das denn?«
Lucas drehte sich, sodass der Lauf des Gewehres auf den jungen Mann zeigte. »Sie sind nicht gerade ein Gentleman, Brad, oder?«
»Wieso hat ein Kind mehr Recht zu leben als ein Erwachsener? Oder eine Schlampe mehr als ich?«
Wie entscheidet man, wer lebt und wer stirbt? Hatte Cavanaugh eine Entscheidung getroffen? Hatte seine Antwort die neue Strategie angeregt?
»Lasst mich gehen.« Brad gab nicht auf, und – wie Theresa zugeben musste – warum sollte er auch? »Lasst. Mich. Einfach.
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