Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
Gehen.«
Lucas hob die Hand. »Wie viele hier denken, dass ich Brad hier herausschaffen sollte, nur damit wir sein Gejammere nicht mehr ertragen müssen?«
Niemand bewegte sich. Die Anwesenden in der Lobby hatten an diesem Tag schon zu viel durchgestanden, um über irgendetwas Witze zu reißen.
»Dann alle mal herhören. Alle bleiben hier. Ich werde mich der drei Schlägertypen da drüben an den Schaltergittern entledigen, gesegnet seien ihre kleinen Herzen.« Er gestikulierte in Richtung der drei Sicherheitsleute. »Sie werden sowieso ersticken, wenn sie ihre Arme nicht bald herunternehmen dürfen. Und Theresa.«
»Warum ich?«, sagte Theresa verblüfft.
»Ich habe meine Gründe. Sie können mir später danken.« Er beugte sich nach unten und zog sie in einer einzigen fließenden Bewegung mit einem Griff wie eine Schraubzwinge in die Höhe. »Doch zuerst brauche ich noch Ihre Hilfe.«
Brad protestierte immer noch. »Jetzt kommen Sie schon!«
»Hören Sie auf zu jammern, Brad. Und dass ja keiner daran denkt, dieses kleine Theater hier als Ablenkung zu benutzen. Wer sich rührt, wird erschossen.«
Theresa versuchte zu erraten, was Lucas vorhatte. Er wollte offensichtlich Angehörige von Strafverfolgungsbehörden aus dem Raum haben. Dachte er wirklich, dass sie – drei gefesselte Wachmänner und eine Wissenschaftlerin – ihn überwältigen könnten, nachdem Bobby gegangen war?
Er fesselte vorsichtshalber ihre Hände auf ihrem Rücken zusammen. Auch wenn dies nur sehr wenig an der Situation änderte – er würde sie immer noch erschießen, wenn sie versuchen sollte davonzulaufen –, fühlte sie sich doch verwundbarer, als sie es vorher gedacht hätte. Er schlang sich sein Gewehr über eine Schulter und zog eine der Handfeuerwaffen aus dem Seesack. Die Pistole presste sich in ihren Rücken. Dann dirigierte er sie zu der schmalen Glastür, die noch offenstand, und positionierte sie so, dass sowohl die Wand als auch ihr Körper ihm Deckung gaben. Über ihre Schulter konnte er ins Freie sehen. Eine leichte Kopfdrehung und er hatte die Geiseln im Blick. Dann huschte Bobby zur anderen Seite der Tür, stand ihnen gegenüber.
Niemand war auf der Straße zu sehen. Nur Hitzewellen, die über dem Asphalt waberten.
Cavanaughs Buch verbot es ausdrücklich, dass Familienangehörige zum Schauplatz der Geiselnahme gebracht wurden. Würde ein Cop Eric Moyers’ Rolle übernehmen? Falls ja, würde das seinen Bruder niemals überzeugen – außer Cavanaugh wollte nur nahe genug an Bobby herankommen, um einen Schuss auf ihn abfeuern zu können. Dieser hatte sich den ganzen Tag außer Reichweite der Scharfschützen aufgehalten, und dieser Trick würde ihn nach draußen locken, nahe zu Lucas. Nur ihr Körper schirmte ihn vor einem tödlichen Schuss ab. Sie begann zu zittern.
»Was ist los, Theresa?«
»Ich habe Angst.«
»Warum?«
»Weil ich fürchte, dass man auf Sie schießen und mich dabei treffen wird.«
Sein linker Arm legte sich um ihre Taille, und seine Hüften und Oberschenkel pressten sich von hinten an sie. Ihre gefesselten Hände waren zwischen ihnen, die Plastikbänder schnitten ihr tief ins Fleisch. Er legte sein Kinn auf ihre Schulter und sprach dicht an ihrem Ohr: »Deshalb bleiben wir auch zusammen, so eng, dass sie es nicht wagen werden zu schießen. Es macht Ihnen doch nichts aus, oder? Dass ich Ihnen so nahe bin? Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie gern den Scharfschützen gegenüberstehen.«
Bobby lehnte den Kopf gegen die kühle Marmorwand. »Du solltest keine andere Frau aufreißen.«
Die beiden klangen sehr entspannt angesichts der Tatsache, dass sie es mit drei verschiedenen Polizeiorganisationen aufnahmen, doch sie konnte die Anspannung in Lucas’ Körper spüren.
»Das hier hat nichts mit Aufreißen zu tun. Reiner Selbstschutz.«
»Nenn es, wie du willst, Bruder. Mir musst du es ja schließlich später nicht erklären.«
Aus dem Augenwinkel beobachtete sie die anderen Geiseln. Niemand bewegte sich. Wo hätten sie auch hingehen sollen – jede Bewegung in Richtung der Angestelltenlobby wäre sofort entdeckt worden, und einen anderen Weg nach draußen gab es nicht. Außerdem ließ Lucas seinen Blick pausenlos zwischen der Straße und den Geiseln hin und her wandern. Sie konnte jede Bewegung spüren, bei der sein Kinn ihr Haar berührte.
Der Lauf von Bobbys Gewehr deutete zu Boden, der Klappkolben ruhte auf seiner Brust. Winzige, tiefrote Flecken waren darauf zu sehen. Theresa sprach fast
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