Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
verachtet ihn eher. Aber er scheint mir auch einen gesunden Selbsterhaltungstrieb zu besitzen. Schauen Sie, die beiden sind fertig.«
Cavanaugh lehnte sich über die Telefonanlage, gerade als Bobby auf dem Monitor den Hörer wieder in die Hand nahm. Dementsprechend überraschend ertönten seine Worte aus dem Telefon.
»Sagen Sie mir noch mal genau, was Sie planen«, befahl er.
Patrick bemerkte, wie Cavanaugh erleichtert ausatmete, bevor er wieder in den Ring ging.
»Wenn ich Ihnen Ihren Bruder präsentiere, Sie ihn sehen und mit ihm sprechen können, lange genug, um überzeugt zu sein, dass es sich um Eric Moyers, Ihren Bruder, handelt, dann werden Sie und Lucas Ihre Waffen ablegen und herauskommen. Man wird Ihnen nichts tun.«
»Das klingt aber ganz schön schwammig. Wem wird dann etwas getan?«
»Niemandem. Man wird Sie nicht angreifen, solange Sie Ihre Waffen ablegen und herauskommen und den Geiseln nichts passiert. Wir haben kein Interesse daran, Sie zu erschießen, Bobby, oder Sie oder Lucas zu verletzen. Wir wollen nur, dass die Bankangestellten sicher zu ihren Familien zurückkönnen, ebenso wie die ganzen Polizisten da draußen.«
Patrick hatte den Eindruck, dass es Cavanaugh ein wenig mit den Familien übertrieb, aber Bobby schien nichts zu merken, sondern sprach weiter.
»Unter einer Bedingung«, sagte er. »Wir gehen nicht ins Gefängnis. Lucas und ich haben den Knast schon viel länger von innen gesehen als gewollt.«
Jason bewegte sich auf seinem Stuhl und murmelte leise vor sich hin: »An diesem Punkt wird es immer schwierig.«
»Darauf habe ich wirklich keinen Einfluss, Bobby, aber ich werde Sie nicht belügen und Ihnen sagen, dass Sie beide einfach nach Hause gehen können, wenn das hier vorbei ist. Sie wissen, dass es so nicht funktioniert. Aber wenn Sie kooperieren, niemanden mehr verletzen, dann wird Ihnen das vor Gericht angerechnet werden.«
»Wir wandern also in den Knast, und Sie werfen die Schlüssel weg.«
Das könnte die Verhandlungen noch stundenlang in die Länge ziehen. Geiselnehmer wollten niemals ins Gefängnis, aber alle wussten, dass es unausweichlich war. Genauso wie mit dem Geld abzuhauen – man musste sie solange zum Reden bringen, bis sie ihre wahre Situation akzeptierten. Es musste so verlockend sein, sie anzulügen, dachte Patrick, ihnen alles zu erzählen, was sie hören wollten, nur damit das Ganze ein Ende hatte. Aber wenn sie nicht vollkommen dämlich waren, dann durchschauten sie, wenn man sie belog, und jede weitere Diskussion wäre sinnlos.
Allerdings war es ein großes Zugeständnis, dass sie überhaupt über das Gefängnis nachdachten. Vielleicht war es wirklich hilfreich, den Bruder ins Spiel zu bringen.
»Ich weiß nicht, welches Strafmaß der Richter verhängen würde, Bobby. Wie ich schon sagte, darauf habe ich keinen Einfluss. Aber ich weiß, welche Strafe Sie bekommen werden, wenn heute noch jemand stirbt, und die wird Ihnen gar nicht gefallen.« Cavanaugh sprach fast sanft, seine Stimme sagte, er wolle nicht drohen, nur informieren.
Sie warteten, während Bobby sich erneut mit Lucas besprach.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass sich Lucas darauf einlassen wird«, brummte Jason.
»Hätte ich auch nicht«, sagte Patrick, »aber seine Schwester hat mir erzählt, dass Lucas Loyalität von seiner Mutter gelernt hat – sie hat unendlich viel auf sich genommen, damit ihr Mann bei ihr bleibt, um die Familie zusammenzuhalten. Vielleicht wird er jetzt danach handeln. Oder vielleicht ist es für ihn auch, was Sie gesagt haben«, wandte er sich an Cavanaugh, »ein Ausweg, eine Möglichkeit aufzugeben und dabei sein Gesicht zu wahren.«
Jason schien nicht überzeugt. »Aber Lucas war bisher immer der Anführer. Er hat das Sagen gehabt.«
»Oder er ist nur das Sprachrohr«, argumentierte Cavanaugh. »Wie ich.«
»Er hat darauf bestanden, die Geldlieferung abzuwarten. Bobby wollte das nicht.«
Patrick war ganz schwindelig von allen Vielleichts und Was-wäre-wenns. Er musste sich den ganzen Tag in andere Leute hineinversetzen, versuchen zu erfahren, welche Leichen sie im Keller hatten – wie sie in das Apartment eingebrochen waren, wie sie ihre Frau ermordet hatten. Doch niemals so viele Stunden an einem Stück. Außerdem schienen ihnen ihre ganzen Spekulationen keinen Deut weiterzuhelfen; sie konnten immer noch nur zusehen, was die Bankräuber taten, und darauf dann so gut wie möglich reagieren.
»Okay.« Bobbys Stimme schreckte sie aus ihren
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