Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
»Ich kenne es ziemlich gut.«
»Gut. Haben Sie gehört, was dieser Unterhändler am Telefon erzählt hat? Das mit den Robotern?«
»Ja.«
»Ist es wahr?«
»Ja.«
»Niemand kann einfach unten in den Tresor gehen und das Geld mitnehmen?«
»Nein.« Seine Antwort kam sofort und sicher. Paul glaubte ihm. Vielleicht glaubte Lucas ihm auch, denn er richtete seine Aufmerksamkeit auf die nächste Geisel und fragte sie nach ihrem Namen.
Die bleiche Haut des jungen Mannes stand in hartem Kontrast zu seinen schwarzen Haaren. »Brad.«
»Was arbeiten Sie hier, Brad?«
»Ich bin in der PR -Abteilung.«
»Die Notenbank braucht PR ?«
»Sicher.« Der junge Mann versuchte ein schiefes Grinsen. »Jeder hasst die Regierung.«
Lucas kommentierte den Witz mit einem bitteren Lächeln, woraufhin sich die Schultern seines Opfers ein wenig zu entspannen schienen. Bis zur nächsten Frage. »Was genau machen Sie in der PR -Abteilung, Brad?«
Der junge Mann murmelte etwas Unverständliches.
»Wie bitte?«
»Ich bin ein Tourguide.«
Lucas’ Grinsen wirkte jetzt echt, und Paul sah, wie die Punkte auf Brads Hemdkragen hüpften, weil er so stark zitterte.
»Dann kennen Sie das Gebäude ziemlich gut, oder? Vielleicht sogar noch besser als der Hausmeister.«
»Nein.« Brads vorgebliche Lässigkeit hätte nicht einmal einen Dreijährigen überzeugt. »Ich führe die Gruppen zu unserem Museum und dann zum Tresor – dem alten. Der mittlerweile leer steht. Ein National Historic Landmark, also etwas, das für die amerikanische Geschichte von großer Bedeutung ist.«
»Kein Geld oder Roboter?«
»Nein. Der alte Tresor war Teil des Originalgebäudes von 1923 – nun, wie auch immer, ich bewege mich nie in den Arbeitsbereichen. Die Schulklassen dürfen die Angestellten nicht stören.«
»Dennoch wissen Sie, wie die Bank angelegt ist. Was befindet sich noch in diesem Gebäude? Und wie ich schon zu Mr. Thompkins sagte – lügen wäre keine gute Idee.« Lucas strich langsam über das Gewehr, um seine Worte zu unterstreichen.
Der junge Mann schluckte angestrengt. »Es gibt Büros für die Analysten und Revisoren. Dann ist da die Securitymannschaft; im achten Stockwerk befinden sich die Manager. Wir haben einen kleinen Shop …«
»Manager. Gibt es Tresore auf deren Stockwerk?«
Brad schnaubte, Neid verdrängte die Furcht, wenn auch nur für einen Moment. »Kaum. Eher Orientteppiche und Ming-Vasen.«
»Ach ja?«
Er nickte hektisch in dem Wunsch zu gefallen. »Der Vizepräsident der Rechtsabteilung hat sogar einen Picasso.«
»Ah ja. Wo führt der Korridor hinter euch allen hin?«
»Die Angestelltenlobby – die geht zur Superior hinaus. Dort ist auch der Fahrstuhl zur Tiefgarage und der zur Lieferanteneinfahrt, wo die Lieferung um zwei ankommen wird.«
Lucas trat einen Schritt auf den jungen Mann zu. »Ihr alle wollt mich zu dieser Zweiuhrsache drängen, nicht wahr? Warum?«
»Ich dränge niemanden.«
»Sie wollen einfach nur heimgehen, wollen Sie das damit sagen?«
»Ja.« Brad kniff vor Angst die Augen zu, versuchte, das Bild des vor ihm hängenden Gewehres zu verdrängen. »Ja.«
Paul behielt Lucas im Blick und versuchte, sich an jedes noch so kleine Detail zu erinnern, falls dieser entkommen sollte. Und falls Paul so lange am Leben blieb, um ihn entkommen zu sehen.
»Wenn es Ihnen hilft, Brad, ändere ich meine Meinung hinsichtlich der Lieferung vielleicht. Zum Teufel, was machen ein paar Stunden mehr schon aus.« Ohne Ankündigung bewegte er sich hinter den Informationsschalter und kam mit einer Box Kleenex zurück.
»Hier.« Er reichte sie der Rezeptionistin neben Paul, die seit dem ersten Schuss nicht mehr zu weinen aufgehört hatte. »Richten Sie sich ein wenig her. Missy, nicht wahr?«
»Danke«, flüsterte sie.
»Keine Ursache. Halten Sie durch, ich brauche jemanden fürs Telefon.«
Sie wischte sich mit einem Kleenex über die Augen, die sich allerdings sofort wieder mit Tränen füllten. »Bitte lassen Sie mich gehen. Sie müssen mich gehen lassen.«
Lucas hatte sich schon von ihr entfernt, doch ihre Worte schienen ihn zu überraschen. »Warum?«
»Meine Tochter … Sie ist drei Jahre alt, und sie braucht ihre Mommy. Sie ist so wundervoll …«
Die Schluchzer, die diese flehentliche Bitte begleiteten, hätten das Herz von Dschingis Khan erweicht, doch Lucas zeigte keinerlei Mitgefühl oder wenigstens Interesse. Stattdessen ging er zu der Frau mit dem Säugling auf dem Arm. Mark Ludlows Frau,
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