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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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beobachtete. »Die Woge der Trauer … die Quelle von Vodtiva steht ihnen bei. Sie bricht die Macht des Leuchtturms … ewiger Widerstreit der Magie.« Er taumelte zum Hauptmast, lehnte sich erschöpft gegen ihn. »Zu viele Kräfte wirken auf dieses Schiff … muß mich sammeln … ich muß …«
    Er schloß die Augen. Aus seinem Mund und seinen Nasenlöchern kroch dunkler Rauch, schwarz wie Tinte. In der Ferne war ein Krachen zu hören.
    »Schiffsschleudern!« schrie Mäulchen. »Duckt euch!«
    Kurz darauf wurde das Schiff erschüttert. Eisenbolzen bohrten sich in die Treppe des Steuerpodests; vermutlich hatten sie auf Parzer gezielt. Aelarian rettete sich mit einem beherzten Sprung vor dem Beschuß, kauerte sich vor der Treppe zusammen. Er versuchte zu erkennen, wohin Parzer das Schiff steuern wollte. Dort - zwei Karacken der gyranischen Flotte waren ausgeschert; eine Lücke klaffte im Halbkreis. Offenbar wollte Parzer an dieser Stelle die Formation durchbrechen, wohlwissend, daß ein Wendemanöver der Gyraner längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Doch der Plan war irrwitzig: sie mußten an mehreren Karacken vorbeiziehen. Diese setzen den Angriff fort: ein Zischen in der Luft, der Geruch brennenden Pechs … Brandpfeile! Unzählige flogen über das Schiff hinweg; einige blieben jedoch in den Segeln hängen, flackerten unheilvoll im Tuch.
    »Los, los - alle Kletteraffen an die Wasser schlauche!«
    Die Matrosen kamen Parzers Befehl nach, schwangen sich an den Seilen empor, packten die an den Masten baumelnden Lederbeutel und löschten die Brände. Doch schon setzte ein zweiter Pfeilhagel ein; einer der Seeleute wurde getroffen, seine Kleidung ging in Flammen auf, und schreiend fiel er hinab auf das Deck. Parzer korrigierte den Kurs. Das Schiff neigte sich zur Seite. Scharf pfiff der Fahrtwind, erstickte die Rufe der Mannschaft. Wieder donnerten die gyranischen Schiffsschleudern; eine Steinkugel riß ein Loch in die Reling. Aelarian glitt auf den nassen Planken aus und wurde über das halbe Deck geschleudert. Er rutschte geradezu auf die klaffende Lücke zu, konnte sich nur unter Mühen an den Leitseilen festhalten.
    77
»Da hast du es, Parzer!« keuchte er. »Jetzt schaufelst du mir ein Grab auf dem Meeresgrund …« Eine Hand packte seine Schulter; sie gehörte Ashnada. Die Gyranerin war trotz der Schräglage des Schiffs zu Aelarian herübergeschlittert. Erleichtert blickte er zu ihr auf.
    »Endlich macht Ihr Euch nützlich, Ashnada. Fast hätte mich Parzers Segelkunst ins Wasser befördert.« Er zog sich an ihrer Hand empor. »Was muß noch geschehen, bis dieser Kerl erkennt, wie sinnlos eine Flucht ist?« Ashnada warf einen raschen Blick über die Schulter. Niemand befand sich in ihrer unmittelbaren Nähe. »Ganz einfach, Aelarian: dazu brauchen wir Verluste.«
    Sie versetzte dem Großmerkanten einen Stoß. Er taumelte, stürzte durch die zersplitterte Reling hinab in die Tiefe. Die Wellen verschluckten ihn.
    Zufrieden drehte sich Ashnada um. Welch einmalige Gelegenheit, den Großmerkanten zu beseitigen, ohne auch nur das Schwert ziehen zu müssen. Höhnisch beobachtete sie, wie Cornbrunn und Mäulchen auf den schrägen Planken herbeieilten. Cornbrunn war außer sich.
    »Aelarian … wo ist er? Wo?«
    »Er ist über Bord gegangen. Ich wollte ihn festhalten, doch der Wind war zu stark.« Die Lüge ging Ashnada leicht über die Lippen.
    Entsetzen grub sich in das Gesicht des Troubliniers. »Nein! Das darf nicht wahr sein …« Er beugte sich über die Reling, suchte auf den Wellen nach Aelarians rotem Schopf.
    »Wir können nichts tun«, beschwor ihn Mäulchen. »Duck dich lieber; die Gyraner schießen wieder …« »Da! Ich sehe ihn! Er treibt in den Wellen!« Cornbrunn deutete aufgeregt auf das Meer. »Er geht unter … ich kann ihn nicht im Stich lassen! Ich muß … ich muß …«
    Mit einem verzweifelten Schrei stürzte er sich über Bord. Fassungslos blickten die zwei Frauen ihm nach. »Dieser Spinner«, fluchte Mäulchen. »Jetzt ersaufen sie beide! Ist das nun Romantik oder bloße Dummheit?« Auf der anderen Seite des Schiffs zischten wieder Brandpfeile durch die Luft. Einer von ihnen traf das Großmastsegel, rutschte jedoch am Tuch abwärts, schwarzen Rauch hinter sich herziehend. Mit der Spitze voraus raste er auf Rumos zu, der unter dem Segel stand, und bohrte sich durch einen Zipfel seines Gewands. Die Fetzen fingen sofort Feuer. Rumos riß die Hände empor wie ein Kind.
    »Die Ewige Flamme …«

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