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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Laghanos' Worte. Alle … auch du, auch ich.« Darsayn riß sich das Hemd vom Leib, zeigte Benris seinen rechten Arm. »Wir tragen beide keine Prägungen; vermutlich werden auch wir sterben, wenn das Gefüge uns zu sich holt. Doch dies ist der Wille des Weltenschmieds.«
    Über ihnen summte der Draht, bedrohlich und abwartend. »Ich kann das nicht tun«, flüsterte Benris. »Ich kann es nicht, Darsayn.« Er ließ den Haubenträger los. »Ich will das Spektakel verlassen, jetzt gleich. Dies alles ist ein böser Traum!« Verzweifelt versuchte er das Blut von seinen Händen zu wischen und wich zum hinteren Ausgang der Höhle zurück.
    »Das Gefüge läßt dich niemals gehen«, rief Darsayn. »Du hast dem Weltenschmied einen Eid geschworen; willst du ihn nun verraten und dich auf Mondschlunds Seite schlagen?«
    Ein Rascheln ringsum; hastige Bewegung in allen Winkeln der Höhle. Grün funkelten die Augen der Bosnickel, als sie aus den Felsritzen sprangen. Sie huschten zwischen Darsayns Beinen hindurch. Der Haubenträger wirkte erleichtert; mit erhobenen Händen schritt er auf den anderen Höhlenausgang zu, der zur Halle der Erhabenheit führte. »Sie lassen uns nicht gehen, Benris - sieh es endlich ein! Laghanos ruft uns zu sich, und wir müssen folgen.«
    Die Bosnickel hatten Benris umstellt, zerrten an seinen Hosenbeinen, stießen ihn mit den Fäusten und kicherten. Er wollte sie mit Tritten fortscheuchen und fliehen, fort von hier, fort aus den Höhlen des Spektakels - doch der Klang des Drahtes brachte ihn zur Besinnung.
    »Wir müssen folgen«, wiederholte er Darsayns Worte. »Ja … vergib mir meine Zweifel.«
    Er wandte sich dem Haubenträger zu, durchschritt das Felsentor. Der Gesang des Gefüges wurde freundlicher; ein Funkeln blendete Benris, als er in die Halle der Erhabenheit trat. Der Metallboden warf das Licht der Kristalldecke zurück, verstärkt durch das Schimmern der Silberfäden, die sich durch die Kaverne zogen. Das Gefüge hatte sie längst übernommen; die Drähte waren aus den Wänden und der Decke gewuchert, spannten sich zwischen dem Turm und den Schächten, am Boden entlang und quer durch die Luft. Und in ihrem Netz: die starren Körper der Beschlagenen … sie hingen in den Drähten wie verpuppte Larven. Ihre rechten Arme waren silbern umfangen, verkrustet mit Blut vom letzten Kampf. Und dort waren die jüngst Beschlagenen; sie wanden sich in den Silberfäden, zappelten, brüllten vor Pein; aus ihren beschlagenen Händen rann eitriges Wundwasser … Benris stöhnte auf. Er erblickte Darsayn; dieser hatte seine Flickenhaube abgestreift, sie hing neben ihm wie ein toter Nachtfalter in den Drähten. Darsayns Arm war von silbrigem Glanz umgeben; das Gefüge streckte die Finger nach ihm aus. Die Fäden schnitten sich in seine Haut. Er stöhnte; in den offenen Augen war nur Weiß zu erkennen. Sein Arm zuckte; die Drähte zurrten sich fester, fester - und Darsayn stimmte ein in die Melodie der Schmerzen, kreischte, warf sich umher, wollte sich losreißen. Blut klatschte auf den Boden, als das Gefüge den Haubenträger emporriß, in die Luft schleuderte, mit erbostem Sirren seinen Widerstand brach. Benris fiel auf die Knie. »Verschone mich, Laghanos … bitte verschone mich.« Er stammelte, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Laß mich zurück … ich werde das Spektakel hüten, dich beschützen … hab Mitleid!« Die Drähte pochten gegen seine Schultern; er spürte ihre Vibration, hörte ihr Summen. Schloß die Augen. Senkte das Haupt vor dem Unvermeidlichen.
    So fügte sich der letzte Unbeschlagene in den Plan des Weltenschmieds.
    Lyndolin sang. Ihre Stimme war klar, vom Alter unberührt. Harfenklänge umwoben ihre Worte, lösten sich aus den Saiten wie Tau von einem Zweig. Ihr Blick war auf Praa gerichtet. Die Priester des Agihor umringten sie und lauschten ihrem Lied.
    »Noch steht die Sonne hoch über der Stadt aus Gold und Eisen noch glänzen ihre Dächer stolz im Licht doch bald werden die Strahlen Weiterreisen die Nacht kehrt ein und zeigt uns Wachenden ihr Angesicht.
    Vom Horizont dringt schon der tosende Gesang der Klingen es scheppern Rüstungen, und Schilde glimmen auf das Heer der Echsen sucht nach Praa zu dringen in Gold getauchte Feindesschar in schnellem Lauf.«
Die Hand der Sängerin ließ die Saiten ausklingen; dann setzte sie zu einer neuen Tonfolge an, schneller und höher, wie Schritte im Wüstensand.
    »Trompetenruf mischt sich mit dem Geschrei der Krieger Erleichterung

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