Schattenbrut (German Edition)
Mutter.«
Billy nickte nachdenklich. »Mir geht diese Person nicht aus dem Kopf, mit der Clarissa sprach. Eine Person aus der Schulzeit, der sie etwas schuldet.«
»Wer hat dir darüber erzählt?«, fragte Tamy.
»Clarissas Mann. Er glaubt, dass ein Zusammenhang zwischen dieser Frau und dem Text besteht, und er sagte, dass sich Clarissa Sorgen um mich machte.«
Tamy drückte sich mit versteinerter Miene gegen ihre Sitzlehne.
Billy klatschte zweimal in die Hände. »Aber jetzt reden wir mit Katja. Dafür sind wir schließlich hier.« Sie stieg aus und wartete, bis Tamy neben ihr war. Gemeinsam liefen sie auf die Reitanlage zu. Ein junges Mädchen in Reithosen führte ein Pony am Halfter aus den Stallungen.
»Kannst du uns sagen, wo wir Katja Himmel finden?«
Das Mädchen zeigte hinter sich. »Sie ist in der vorletzten Box rechts.«
Entschlossen betrat Billy gefolgt von Tamy den Stall. Ein angenehmer Duft nach Pferden empfing sie. Die Luft war staubig und warm, ein riesiger Rappen schnaubte, als sie vorbeigingen.
In der zweitletzten Box auf der rechten Seite sah sie einen dunklen Schopf. »Katja Himmel?«, fragte sie.
Die Frau, die einem abgemagerten Haflinger die Beine bandagierte, richtete sich auf. Ihre dunklen Augen funkelten wütend. Billy erkannte sofort das Mädchen von dem Bild in Almut Himmels Flur.
»Was ist?« Katja trug enge Jeans und schmutzige Gummistiefel, ihre Locken hingen ihr wirr ins Gesicht und ihre sommersprossige Haut war gerötet.
»Wir sind ehemalige Schulkameraden von Ihrem Bruder.«
»Von Frank?« Katja pustete eine Locke aus der Stirn.
»Ja. Haben Sie zwei Minuten Zeit?«
»Eigentlich nicht. Sarina ist krank und ich erwarte jeden Moment den Tierarzt.«
»Was hat sie denn?«, fragte Billy und streckte dem Pferd ihre flache Hand hin.
»Sie gehörte einem Mädchen, das sich mittlerweile zu alt fühlt für Pferde und lieber tanzen geht. Sarina hat entzündete Gelenke, die nicht behandelt wurden, dazu ist sie unterernährt. Gestern wollte der Vater des Mädchens sie zum Abdecker bringen.« Katjas Stimme klang laut und zornig.
»Die kennen mich dort und haben mich angerufen. Zum Glück.« Sie tätschelte der Stute den Hals, eine Geste, die sie selbst mehr zu beruhigen schien als das Tier.
»Kümmern Sie sich beruflich um die Tiere?«, fragte Billy.
»Beruflich die Pferde vor dem Schlachter retten?«, Katja lachte bitter. »Nein, es ist mein Hobby.«
Tamy stieß sie unauffällig mit dem Finger in die Seite, ein Zeichen, dass Billy endlich zum Punkt kommen sollte. Billy ignorierte es. »Ein teures Hobby, oder?«
»Um das zu finanzieren, vermiete ich Ställe.«
Der alte Haflinger streckte seinen Kopf und stupste Billy mit den feuchten Nüstern gegen die Brust. Billy kraulte ihn vorsichtig hinter den Ohren.
»Reiten Sie auch?«, erkundigte sich Katja, die sich offenbar die Wut von der Seele geredet hatte.
»Ich habe mich nie getraut, auf ein Pferd zu steigen.« Wieder ein Rempler von Tamy.
»Aber warum wir hier sind ...«
Katja sah sie neugierig an.
»Wissen Sie, warum Frank sich umbrachte?«
Auf Katjas Gesicht legte sich ein Schatten. »Nein, ich habe es nie verstanden. Wissen Sie es denn?«
Billy zögerte. »Nein«, sagte sie schließlich, um nicht das Versprechen zu brechen, das sie Tamy gegeben hatte. »Wir waren damals alle schockiert. Ich bin kurz nach Franks Tod weggezogen und war seitdem nicht mehr hier. Doch vergessen habe ich Ihren Bruder nie.« Wenigstens das war die Wahrheit.«
»Waren Sie mit ihm befreundet?«
»Ich war einmal mit Franks Freundin befreundet.« Billy fühlte sich unbehaglich.
»Paula?«
Billy riss die Augen auf. Katja wusste von Paula. »Ja«, presste sie hervor.
»Es scheint Sie zu wundern, dass ich Paula kenne«, stellte Katja fest.
»Das stimmt. Ich war gerade bei Ihrer Mutter, die wusste nichts von ihr.«
»Frank hat Paula nie mit nach Hause gebracht. Ich kannte sie damals auch nicht. Erst Jahre später sprach sie mich einmal auf der Straße an. Sie erzählte mir, dass sie mit Frank befreundet gewesen war, und fragte mich dasselbe, wie Sie jetzt.«
Billys Scheitel kribbelte. »Warum er Selbstmord beging?«
Katja lehnte sich an den massigen Körper des Pferdes, das dies nicht einmal zu registrieren schien. »Genau. Sie hat offenbar darunter gelitten.«
»Was haben Sie ihr gesagt?«
»Natürlich dasselbe wie Ihnen. Dass ich es nicht weiß. Ich kannte meinen Bruder nicht wirklich gut.«
Am Rande ihres Sehfeldes sah Billy die
Weitere Kostenlose Bücher