Schattenbrut (German Edition)
unruhigen Bewegungen von Tamy. »Sie hatten keine Beziehung zueinander?«
»Doch, die hatten wir.« Katja lachte. »Ich vergötterte ihn und ging ihm auf die Nerven, er traf seine Freunde nur noch außerhalb unseres Hauses, weil er mich zu Hause nie loswurde. Aber manchmal las er mir vor oder spielte mit mir.« Sie verschränkte ihre Arme. »Unsere Beziehung war völlig normal.«
»Hallo Frau Himmel.«
Billy drehte sich um. Ein Mann mit einer großen Ledertasche in der Hand stand hinter ihr. Der Tierarzt.
»Gut, dass Sie da sind«, begrüßte ihn Katja. Zu Billy gewandt sagte sie: »Es tut mir leid, aber wir müssen uns um Sarina kümmern.«
»Eine letzte Frage bitte.« Billy fühlte sich wie ein Vertreter von Staubsaugern, doch Katja nickte.
»Haben sie näheren Kontakt zu Paula gehabt?«
»Nein. Wir sehen uns manchmal und unterhalten und kurz. Mehr nicht.«
Billy streckte ihr die Hand hin. »Vielen Dank, Frau Himmel.«
»Sagen Sie Katja. Und falls Sie sich doch einmal auf ein Pferd trauen wollen, melden Sie sich.« Sie neigte den Kopf. »Wer sind Sie eigentlich?«
Billy lachte verlegen und stellte sich vor.
Dann ließen Sie Katja und den Arzt im Stall zurück.
»Das war sehr aufschlussreich«, sagte Tamy mit unverhohlener Ironie, als sie zu Billys Auto liefen.
»Das war wirklich aufschlussreich.« Billy öffnete die Tür und stieg ein. »Immerhin wissen wir jetzt, dass es Paula wichtig war, herauszubekommen, warum sich Frank erschossen hat.« Sie wartete, bis sich Tamy angeschnallt hatte, und ließ den Motor an.
»Natürlich war es ihr wichtig, aber sie hat nichts erfahren.«
»Nicht von Katja. Aber Paula ist niemand, der so einfach aufgibt.« Das Blut in ihren Venen schien zu schäumen.
»Kommst du jetzt noch mit zu mir?« Tamy klang ängstlich.
»Klar. Aber lange kann ich nicht bleiben.«
Billy fuhr zurück nach Bad Bergzabern und ließ sich dann quer durch die Innenstadt dirigieren.
Das Haus, in dem Tamy lebte, war ein einfallsloser Mehrfamilienbau aus den achtziger Jahren. Quadratische Balkone, die von scheußlichen Metallgittern umrandet waren, zierten die Fassade, und auf fast jedem der Balkone stand eine riesige Satellitenschüssel.
»Leben deine Eltern noch in Bergzabern?«, fragte Billy, während sie Tamy die Treppe hinauf in den dritten Stock folgte.
»Immer noch in derselben Wohnung«, gab Tamy knapp zurück und holte ihren Schlüssel hervor. Billy war nur einmal bei Tamy gewesen. Ihre Mutter war eine übergewichtige, mürrische Frau mit einem Faible für europäische Königshäuser, von deren Mitgliedern die Bilder überall in der Küche hingen. Den Vater hatte sie nie gesehen und hatte auch keinen Wert darauf gelegt. Laut Tamy interessierte der sich weder für seine Tochter noch für ihre Freunde.
Tamy ließ Billy eintreten und schloss dann hinter ihnen die Tür. Es roch intensiv nach künstlicher Vanille. Duftkerzen, folgerte Billy.
»Ich koche uns Kaffee, geh rein und setz dich.« Tamy zeigte auf das Wohnzimmer und Billy betrat den Raum. Der süße Geruch war hier noch aufdringlicher. Ein großes Fenster neben einer Glastür, die auf den Balkon hinausführte. Eine lachsfarbene Sitzgarnitur und eine schwarze Schrankwand, die diverse Regale und Vitrinen enthielt. Überall standen Delphine aus Glas, Keramik oder Holz, einfarbig oder schillernd bunt. Über der Couch hing ein überdimensionales Bild von einem Delphin, der mit elegant gebeugtem Körper über eine Welle sprang, während der Himmel in unnatürlichen Rottönen leuchtete. Alles voll von spießigem Kitsch. Billy schüttelte sich innerlich, während sie auf einem Sessel Platz nahm und wartete. Nach kurzer Zeit kam Tamy mit einem Tablett herein, schenkte Kaffe ein und stellte eine Glasschale voller Kekse auf den Tisch. Dann zündete sie drei Kerzen an und stellte sie dazu. Noch mehr Vanille. Nun fehlte nur noch der Adventskranz, dachte Billy und unterdrückte ein Grinsen, während Tamy zu einer Stereoanlage ging und daran herumfingerte, bis leise Klaviermusik erklang. »Ist die Musik okay?«
»Klingt gut.«
»Willst du noch etwas Kaltes trinken? Wasser oder Cola?«
Billy sah wieder auf ihre Uhr und winkte ab. »Gib endlich Ruhe und entspanne dich.«
Tamy setzte sich auf den vorderen Rand der Couch, presste die Beine zusammen und ließ ihre Schultern hängen. »Lässt dich die Sache mit Clarissa auch nicht los?«, fragte sie.
»Nein. Hast du Paula jemals von der Sache mit Frank erzählt?«
Tamy zuckte erschrocken
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