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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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Sie jetzt?«
    Billy nannte die Adresse und Katjas Namen.
    »Dann bleiben Sie, wo Sie sind. Ich schicke Ihnen jemanden vorbei.«
    »Tamara Winkler und Katja Himmel sind aber nicht mehr hier!«, rief Billy.
    »Aber Sie wissen nicht, wo sie sind«, erinnerte sie der Mann gelassen.
    Billy presste den Kiefer aufeinander.
    »Melden Sie sich, wenn es Probleme gibt.« Mit einem kurzen Gruß legte der Mann auf. Billy steckte das Telefon wieder ein und versuchte, den brennenden Schmerz in der Nähe ihres Nasenflügels zu ignorieren.
    Unschlüssig sah sie sich um und ging schließlich in den Wohnraum. Vor einer Kommode blieb sie stehen und öffnete die Schubladen. Nichts, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Ein paar Taschenbücher, Servietten, Besteck. Sie ging zu dem kleinen Nachttisch neben dem Bett und zog die Tür auf. Ein Notizbuch, auf dem ein altmodisches Telefon abgebildet war. Ihr Herz klopfte, als sie es aufschlug. Zuerst suchte sie unter den Buchstaben C und P nach Clarissa. Nichts. Auch auf Oren gab es keinen Hinweis. Sie durchkämmte das ganze Buch nach einem bekannten Namen und legte es schließlich zurück. Ihr Blick schweifte über das Bücherregal. Auch hier hauptsächlich Taschenbücher. Ein Spiralblock. Sie blätterte darin. Leer bis auf die erste Seite, auf denen einige Links standen, die offenbar zu Schlachthöfen führten.
    Gerade als sie sich fragte, wonach sie überhaupt suchte, klingelte ein Telefon. Es war nicht ihr Eigenes. Sie sah sich um und entdeckte das leuchtende Display auf dem Boden neben der Schlafcouch. Ohne Zögern hob sie es auf und nahm das Gespräch an.
    »Hallo?«, meldete sie sich.
    Ein kurzes Schweigen. Dann: »Wer ist da?« Der Mann klang vertraut, aber sie konnte ihn nicht einordnen.
    »Wer ist da?«, fragte er wieder und schnaufte. Eggert!
    Sie zögerte kurz. »Sibylle Thalheimer«, sagte sie dann.
    Wieder ein kurzes Schweigen. »Wo sind Sie?«, fragte Eggert dann.
    »In Oberotterbach in der Nähe von Bad Bergzabern«, gab Billy zurück. Eggerts lauernder Tonfall machte sie nervös. »Wen wollten Sie sprechen?«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, herrschte Eggert und unterbrach die Verbindung.
    Es rauschte in Billys Ohren.
    Kurzentschlossen holte sie ihr Handy hervor und wählte mit dem Telefon in ihrer Hand ihre eigene Nummer.
    Die Telefonnummer auf ihrem Display war dieselbe, die sie vor einer halben Stunde einprogrammiert hatte. Katjas Nummer. Was wollte Eggert von Katja? Hektisch stieß sie die Luft durch ihre Lippen, als ihr Blick auf eine hellbraune Wildledertasche fiel, die im Flur lag. Tamys Tasche. Sie lief zurück, hob den Beutel hoch und zog den Reißverschluss auf. Ein großes, in braunes Leder gebundenes Buch. Sie schob es zur Seite und begutachtete den restlichen Inhalt. Ein Handy, ein Paket Taschentücher, Hustenbonbons, zwei Kugelschreiber. Billy holte das Buch heraus und ließ die Tasche auf den Boden fallen. Das Leder glänzte speckig. Sie öffnete es. Handgeschriebene Buchstaben auf vergilbtem Papier. Links oben das Wort >Tagebuch<. Darunter ein Name. >Tamara Winkler< stand dort in blauer Tinte geschrieben. Rechts ein Datum. 29.09.1990. Billy las die ersten Zeilen. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen, doch sie kannte den Text, ohne ihn noch einmal zu lesen.
     
    Eine majestätische Welle, die sich mit der mächtigen Kraft der Gelassenheit dem Strand nähert, bis der abflachende Meeresgrund sie am ungestörten Fortschreiten hindert und sie eine wütende Gischt bilden lässt, erst nur als leichtes Kräuseln bemerkbar, dann immer tosender, aufgeladen durch die Wut über das Hindernis.
     
    Mit dem aufgeschlagenen Buch in der Hand wankte sie zu der Schlafcouch und ließ sich fallen. Sie las Tamys Namen erneut. Ihre Kehle war eng und schien sich gegen das pulsierende Blut zu drücken. Ursula hatte recht gehabt. Viel zu viele Adjektive. Wenn man dem Datum glauben konnte, hatte Tamy dieses Tagebuch vor 21 Jahren begonnen, kurz, nachdem sie sich mit Billy angefreundet hatte.
    Sie blätterte weiter und überflog die Einträge. Der Text, den Tamy Clarissa geschickt hatte, war nur ein kurzer Auszug. Tamy hatte detailgetreu alles aufgeschrieben, was die Mädchen gemeinsam unternommen hatten, und immer war sie, Billy, der Star in Tamys Schilderung. Die mutige Billy. Billy, die Kluge. Die glorreiche Billy. Und alle Stellen, in denen Billys Vorzüge gepriesen wurden, waren mit Filzstiften in unterschiedlichen Farben unterstrichen.
    Es war

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