Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
Für dein feiges Fortrennen wirst du büßen!“ Oscar knurrte schwer atmend, als hätten sie sich schon ausgiebig geschlagen. Der Mann wurde alt, die grauen Haare über seinen Ohren verrieten es.
„Ganz ruhig, Oscar“, sagte Tomte. „Ich will nie manden verletzen.“
„Was tust du hier, Verräter? Wie kannst du dem Chief davonrennen wie ein Hase und dann hier auf tauchen und uns erschrecken?“
Ja, das war wahrhaftig eine gute Frage. „Ich tue einer Freundin einen Gefallen und habe das Recht , hier zu sein. Sag mir lieber, was du hier tust, Oscar.“
Oscar lächelte hässlich und nickte. „Der Chief hat das vermutet. Du arbeitest jetzt für die Deutsche, die im Dezember bei uns war.“
„Das geht dich nichts an.“ Tomte wurde nervös. Seine Hände schwitzten und er fürchtete, dass die Pistole ihm aus der Hand flutschen könnte. Er um klammerte sie so fest, dass sein Arm zitterte. „Ich frage dich noch mal. Was machst du im Haus von Joana Ânjâm? Schickt Demjan dich?“ Der andere widersprach nicht, warf nur einen Blick über die Schulter. Andrea war an Hellas Seite getreten und hatte ihr einen Arm um die Schulter gelegt. Es sah danach aus, als hätte Tomte mit seiner Vermutung recht. Es wunderte ihn nicht. Demjan Choskeih war nicht zu trauen; er war exakt die falsche Schlange, die sein Dämonenkörper zeigte. Und auch wenn Joana behauptet hatte, dass es die Spe c ulara war, glaubte er immer noch fest daran, dass Choskeih seinen Vater getötet hatte, um die von ihm geleiteten Füchse in seinem eigenen Rudel zusammenzufassen. Es zeigte sich doch gerade wieder, dass Choskeih auch Joana täuschte.
„Wir hätten es wissen müssen. Demjan spielt Joana den guten Freund vor, aber du weißt, dass er das nicht ist. Er lässt dich in ihr Haus einbrechen, der Lügner. Hast du kein schlechtes Gewissen?“
Nun meldete sich Andrea zu Wort. Sie spie ein „Pah!“ mit Spucke durch den Raum. „Du darfst nicht vo n Gewissen reden, Tomte, du nicht. Wer ist denn ein Mistkerl, he? Wer hat“, sie deutete mit dem Finger auf Hella, „dem armen Mädchen das Herz gebro chen?“
Ihre Worte trafen ihn wie eine Faust. Für einen Moment fühlte er sich taub und blind und ließ die Hände sinken. Dummerweise nutzte Oscar dies sofort für seinen Kinnhaken, den er noch nicht hatte landen können. Er hörte Knochen knirschen und schmeckte jede Menge Blut im Mund. Dann tat sein Unterkiefer plötzlich höllisch weh. Ehe er sich versah, setzte Oscar nach, schleuderte ihn gegen die Wand und drückte ihm seinen Unterarm waagerecht gegen die Kehle. Tomte bekam kaum Luft. Er schielte auf die Blutspritzer, die dicht neben ihm die Tapete zierten. Joana hatte ihm extra gesagt, er solle kein Chaos anrichten.
Hellas Augen waren rund wie Untertassen; erkannte er darin Sorge oder war sie von seinem Anblick ebenso abgestoßen wie Oscar? Was ging in ihr vor?
Es war Hellas Freundin Andrea, die ihn zur Räson brachte. „Hört sofort auf!“, rief sie, wobei ihre Stim me in eine schräge Tiefe rutschte, die an einen Mann erinnerte und die sie normalerweise unterdrückte. „Oscar, lass Tomte gehen! Tomte, nimm sofort diese Pistole weg. Beim Lindworm, ihr seid doch keine Kinder mehr. Benehmt euch wie Männer.“
Das war ein guter Rat, fand Tomte, und da Oscar keine Anstalten machte, ihn freizugeben, riss Tomte seinen Arm mit einem Ruck los und schlug so schnell er konnte mit dem Lauf der Pistole ins Gesicht seines Gegners. Zu seinem Erstaunen traf er genau die Stelle über Oscars Nasenwurzel, wo dessen dichte Brauen zusammenwuchsen. Es musste ein empfindlicher Punkt sein – eine Achillesferse nannte Joana Derarti ges immer – denn Oscar verdrehte die Augen und sackte in sich zusammen wie ein Haufen Lumpen, aus dem man den Körper gezogen hatte. Er gab noch ein Grunzen von sich, dann schlug er auf dem Boden auf.
„Autsch!“, meinte Andrea und biss sich auf die Lippe. So schlimm war es allerdings nicht, in Joanas Haus lag beinah überall Parkett.
Hella wimmerte etwas, Tomte glaubte, seinen Na men zu verstehen. Er wagte nicht, näher zu gehen; blieb einfach stehen und starrte abwechselnd auf Os cars Stirn, wo sich ein dickes Horn bildete und auf seine eigenen nackten Füße.
Wieder war es Andrea, die sich als Erstes fing, zu Tomte kam und ihn an den Schultern schüttelte. „Wo warst du denn nur?“
„Musste fliehen“, murmelte Tomte und kam sich vor wie ein Schulkind, das bei einem Streich erwischt worden war.
„Natürlich“,
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