Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
die Zeit zumindest stilvoll mit einem guten Whisky vertreiben. Er goss sich einen mehr als großzügigen Schluck eines 57 - jährigen Macallen Lalique ein. Wenn der nicht half, die Sorgen um Joana zu vertreiben, dann half nichts.
Natürlich ließ der limitierte Schotte ihn auch nach einem zweiten Glas schändlich im Stich. Allerdings verlieh ihm der Anflug eines Rausches eine bessere Vorstellungskraft davon, wo er sich befinden könnte. Ganz klar. Er befand sich entweder in den Privat gemächern des amerikanischen Präsidenten, im – bedauerlicherweise inzwischen leer stehenden – Haus von Steve Jobbs oder tatsächlich im Wohnzimmer des Luzifers. Die dritte und wahrscheinlichste Variante wäre weniger unangenehm, wenn Nicholas nicht am Ende des letzten Jahres dem Fürst en Leviathan die Treue geschworen hätte. Wissend, dass er bereits dem Luzifer gehörte. Er hatte kaum eine Möglichkeit aus gelassen, den Herrn über superbia , den Hochmut, zu brüskieren. Dass er noch lebte und zumindest ober flächlich unversehrt war, musste er als erstaunlich bezeichnen. Was bedeutete, dass die Strafen noch aus standen. Na prächtig.
Mit dem Whiskyglas in der Hand trat er zur ver glasten Terrassentür. Dunkle Holzdielen rahmten einen azurblauen Pool, im Wasser spiegelte sich die Sonne. Ganz amerikanisch gab es in der Nähe der Liegestühle einen luxuriösen Barbecuegrill. Einzelne Zierpalmen vervollständigten das Bild. Zugegeben, es ließ sich in dieser bescheidenen Behausung vermutlich ganz nett leben. Wenn man nicht gerade entführt und vier Wochen seines Lebens beraubt worden wäre. Er musste sich eingestehen, dass er sich ein wenig ahnungslos fühlte, grässlich hilflos, um ehrlich zu sein. Das war nicht sein Ding. Aber ein unauffälliger Rück zug würde kaum gelingen. Es war schwer vorstellbar, dass der Luzifer ihn hier frei herumlaufen ließ, wenn er nicht eine versteckte Fußfessel angebracht hätte. Zur Haustür hinauszuspazieren war nicht möglich, das brauchte er nicht zu versuchen. Ein Dämonen fürst entführte niemanden, um ihn nach vier Wochen Gefangenschaft nach Hause gehen zu lassen. Es war auch kein Zufall, dass er zu sich gekommen und sogleich allein war. Jemanden warten zu lassen, war Folter. Er atmete tief aus und versuchte, seinen Kör per loszulassen und den Nybbas zu befreien. Nichts regte sich unter seiner Haut. Es war, als läge sein dämonisches Inneres nicht im Schlaf , sondern tot zwischen seinen Innereien. War es überhaupt noch da? Es hatte keinen Sinn, sich Fragen zu stellen. Dies war das Spiel des Luzifers. Nicholas beschloss, nicht mitzuspielen. Er holte sich ein drittes Glas Whisky. Ach, warum so bescheiden? Besser, er nahm die ganze Flasche mit. Zigaretten waren bedauerlicher weise keine zu finden. Oh nein, es roch nach Nicht raucherhaushalt, das könnte zum Problem werden und war akut eine größere Sorge als das Unvermögen, sich in den Nybbas zu verwandeln. Aber auch eine Zigarette konnte ein wenig warten. Er ließ sich in einen bequemen Wildledersessel sinken und prostete einer Statue aus Silber oder vielleicht auch Platin zu; einem betende n Engel, der die Hände flehend erhob. Na, wenn ’ s half, sollte der Kollege mal seinen Boss anbetteln. Nicholas beschloss, die Zeit sinnvoller zu verbringen und nach einem interessanten TV-Sender zu suchen. Sicher lief irgendwo ein Basketballspiel.
~*~
„Wie fange ich an?“ Mary stellte einen Teller mit Gebäck über einigen Tapetenmustern auf dem Tisch ab und setzte sich Joana gegenüber. Sie schloss die Hände um ihre Teetasse, wie um sie zu wärmen, zupfte dann nervös am Teebeutel, legte die Handflä chen schließlich auf den Tisch und seufzte.
„Am Anfang?“, bot Joana an. Selten hatte sie ihre Mutter so nervös erlebt.
„Wenn du ahnen würdest, wie schwer mir das fällt.“
„Mama, ich bin die Dämonenjägerin, die mit dem Erzfeind durchgebrannt ist. Ich bin sogar schwanger von ihm.“ Auf absurde Weise kribbelte es warm in ihrem Bauch, als sie es zum ersten Mal aussprach. Sie schob sich schnell einen Keks in den Mund, damit ihr nicht übel wurde. Für eine Sekunde war Joana sicher, dass sie mit der Situation hätte glücklich werden kön nen. Irgendwie hätten sie es gemeinsam geschafft. Sie musste an die Skröggandi aus Island denken. Auch sie waren Halbdämonen, konnten zwischen einem dämo nischen und einem menschlichen Körper wählen, hatten aber keine Schattengestalt und mussten darum vo n den Clerica nichts
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