Schattenelf - 2 - Das Turnier
seid nicht die Einzige mit Kampferfahrung«, warnte sie der Herzog.
»Und es ist Jahre her, dass ich in einen ernsthaften Kampf verwickelt war, wohingegen Ihr ständig mit Euren Allhearts übt«, gab Jilseponie ihm Recht, wenn auch in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass dies ihrer Meinung nach nicht das Geringste ändern würde, sollte Herzog Kalas je auf die Idee verfallen, persönlich gegen sie zu kämpfen. Jilseponie spürte, wie sich die alte Leidenschaft wieder regte. Die unzähligen Auseinandersetzungen ihres täglichen Daseins mussten mit äußerster Umsicht und mit den Mitteln der Diplomatie bewältigt werden, und in vielerlei Hinsicht waren Wortgefechte einem Blutvergießen vorzuziehen. Ein Teil von Jilseponie aber, der Teil mit Namen Pony Wyndon, vermisste die alten Zeiten, in denen der Feind leichter zu erkennen, eindeutig böse und unverbesserlich war. Das Schwert sprach einfach eine deutlichere Sprache. Im Grunde fiel es Jilseponie entschieden leichter, das Blut eines erschlagenen Goblins oder Pauris von ihrem Schwert zu wischen, als ihre harschen Worte gegenüber Constance Pemblebury aus ihrem Gedächtnis zu löschen. Obwohl sie wusste, dass sich Constance ihr Schicksal selbst zuzuschreiben hatte, hegte sie für die Frau mehr Sympathie als für ihre damaligen Feinde.
Und jetzt stand Herzog Kalas hier und versuchte, ihre Verbitterung mit seinem Gerede bis zur Entladung aufzuheizen. Jilseponie, Pony, war nur zu bereit, sich auf seine Provokationen einzulassen.
»Constance wird nach Ursal zurückkehren«, stellte er kategorisch fest. »Dafür werde ich sorgen.«
Jilseponie hielt inne und dachte lange und ausgiebig darüber nach. »Das kümmert mich wenig«, erwiderte sie schließlich, wohl wissend, dass das nicht der Wahrheit entsprach. »Aber als Ihr Freund solltet Ihr sie warnen, sich genau zu überlegen, was sie tut – und das Gleiche gilt für Euch, Herzog. Ich fürchte, ich bin mit meiner Geduld am Ende; im Übrigen ist mein Schwert längst nicht so verrostet, wie Ihr zu hoffen scheint.«
»Eine Drohung, meine Königin?«
»Nein, ein Versprechen, mein Herzog.«
Obwohl Kalas abermals spöttisch schnaubte, konnte Jilseponie deutlich sehen, dass sie den Mann aus dem Konzept gebracht hatte. »Und das alles nur, weil ich eine Wahrheit ausgesprochen habe, die Königin Jilseponie nicht erträgt«, erwiderte er schließlich, verbeugte sich, machte kehrt und entfernte sich.
Diesmal war Jilseponie mehr als bereit, ihn gehen zu lassen.
Sie wandte sich wieder der Stadt zu, dem glitzernden Fluss und den weißen Segeln der zahllosen Schiffe. Sie war froh, dass Roger und Dainsey gekommen waren, um den Sommer mit ihr zu verbringen, froh, in diesem Gefängnis aus steinernen Mauern und hübschen Gärten wenigstens zwei Freunde in ihrer Nähe zu wissen.
»Zwei Freunde«, sagte sie leise, und dabei wanderte ihr Blick ebenso unabsichtlich wie unweigerlich nach rechts, zu jener Tür, die in den Flur und zu dem Treppenhaus führte, durch das sie in die Privatgemächer von König und Königin gelangen würde, ein Schlaf- und ein Wohnzimmer, in denen es in letzter Zeit sehr kalt und unpersönlich zugegangen war.
Als Roger das Zimmer betrat, verriet ihm Dainseys Blick sofort, dass sie einen Besucher in ihren Privatgemächern hatten. Und ihre defensive Körperhaltung, die Arme fest an den Seiten, sagte ihm auch gleich, wer dieser Besucher war – sogar noch bevor er ihrem Blick zu jener winzigen, im Schatten der einen Zimmerseite stehenden Gestalt folgte.
»Seid gegrüßt, Kelerin’tul«, wandte er sich an den Elfen, woraufhin das zierliche Wesen in die Zimmermitte trat – und Dainsey, wie vorherzusehen, ängstlich vor ihm zurückwich.
»Habt Ihr den nächsten Schritt schon unternommen?«, wollte der Elf wissen, ohne sich mit irgendwelchen Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten.
»Ob ich mit Jilseponie gesprochen habe?«, erwiderte Roger. »In aller Offenheit? Ja, ganz wie Ihr mich angewiesen habt.«
Der Elf nickte und bedeutete ihm, fortzufahren.
Obwohl seine Darstellungen ein strahlendes Licht auf Jilseponie warfen, war Roger dies verhasst. Er war alles andere als erfreut über das Verhalten der Touel’alfar, ihre beharrliche Forderung, er solle nach Ursal reisen, um ihre Befürchtungen bezüglich der neuen Königin des Bärenreiches ein für alle Mal auszuräumen.
»Es verhält sich genau so, wie ich Euch bereits sagte«, versicherte er Kelerin’tul, einen leichten Anflug von Unmut in der
Weitere Kostenlose Bücher