Schattenelf - 2 - Das Turnier
verdeckte. Auch Symphonie war mit einer leichten Panzerung geschützt, über der das Pferd ein schwarz-rote Satteldecke trug, vervollständigt durch eine Bugdecke, hinter der sich der verräterische Türkis auf Symphonies muskulöser Brust verbarg. Sollte Jilseponie diesen Stein erblicken, würde sie sofort wissen, um was für ein Streitross es sich handelte. Vermuten würde sie es ohnehin, glaubte De’Unnero, denn nur wenige Pferde konnten sich eines so prachtvollen Ganges rühmen wie Symphonie; dabei war das Pferd nicht einmal mehr das jüngste. Trotzdem war ihm vor dem Erkanntwerden nicht bange, denn eins wusste De’Unnero genau: Er würde es mit Sicherheit genießen zu sehen, wie Königin Jilseponie verwirrt und entsetzt das Gesicht verzog.
In diesem Moment wanderte sein Blick hinüber zum königlichen Pavillon, und er sah, dass sowohl Danube als auch Jilseponie bereits zu Aydrian hinüberschauten; der König erhob sich sogar von seinem Sitz, um den unerwarteten und unbekannten Neuling eingehend zu betrachten. Auch Herzog Kalas, der unmittelbar neben Danube saß, hatte sich erhoben, um den unbekannten Ritter in Augenschein zu nehmen. Kalas, in seiner höfischen Kleidung, da er erst am späten Nachmittag kämpfen würde, versuchte nach außen hin ruhig zu wirken, doch selbst aus dieser Entfernung konnte De’Unnero deutlich die Neugier in seinem Gesicht erkennen.
Aydrian, in vollendet gerader Haltung auf seinem eindrucksvollen Hengst sitzend, ritt hinaus auf den Turnierplatz. Wie von De’Unnero angewiesen, ließ er Symphonie in bedächtigem Tempo gehen und schlug auf dem Weg zu seinem Platz in der Formationsreihe vor dem königlichen Pavillon, wo er seine Absicht kundtun musste, einen weiten Bogen, damit alle Zuschauer ihn deutlich sehen konnten.
Schließlich dort angelangt, manövrierte er Symphonie genau neben den Mann namens Raubvogel.
»Gut gemacht«, flüsterte De’Unnero kaum hörbar, denn während der andere eindrucksvolle Ritter zu Aydrian hinüberschaute, würdigte der junge Krieger diesen keines Blickes.
Es dauerte lange, bis sich die Unruhe in der Menge gelegt hatte; König Danube hatte sich zurückgelehnt und musterte Aydrian.
De’Unnero dagegen interessierte sich mehr für Königin Jilseponies Mienenspiel, denn die verschiedenen Nuancen, die er dort erblickte, ließen sich auf mannigfaltige Weise deuten. Als sein Blick schließlich zu Herzog Kalas hinüberwanderte und er sah, wie dieser ebenso oft zu Jilseponie hinüberschaute wie zu dem Neuankömmling, war unschwer zu erraten, welch finstere Gedanken in diesem Augenblick durch Kalas’ wachen Verstand gingen.
Endlich hatte sich der Lärm gelegt; der König erhob sich, den Blick fest auf Aydrian gerichtet. De’Unnero wusste, dass dies der Augenblick war, da Aydrian seinen Helm abnehmen sollte; er hatte dem jungen Krieger eingeschärft, nichts dergleichen zu tun.
»Mein König«, grüßte Aydrian und zog zum Salut sein Schwert.
De’Unnero sah, wie Jilseponies Augen sich für einen winzigen Augenblick weiteten. Sie hatten Sturmwind getarnt und sein Heft mit einem blauen Lederriemen umwickelt. Doch schon aufgrund seiner Konstruktionsweise wirkte das Elfenschwert schlanker und erstrahlte in einem leuchtenderen Silberton als die matteren, klobigeren Schwerter der menschlichen Waffenmeister. Daher würde die Präsentation des Schwertes, wie auch schon der Auftritt Symphonies bei der Königin sicher Verwirrung hervorrufen.
»Wünscht Ihr, an unseren Spielen teilzunehmen?«, fragte der König nach kurzem Zögern, als offenkundig wurde, dass Aydrian nicht die Absicht hatte, seinen Helm abzunehmen.
Es war die förmliche Begrüßung, und De’Unnero atmete erleichtert auf, als niemand von Aydrian verlangte, sein Gesicht zu zeigen.
»Das tue ich, mein König«, erwiderte Aydrian gefasst.
»Und wie lauten Euer Name und Euer Titel«, erkundigte sich der König förmlich.
»Ich bin Tai’maqwilloq«, antwortete Aydrian unerschrocken. »Aus dem Bärenreich.«
De’Unnero, überrascht und verärgert, dass Aydrian von ihrem Plan abgewichen war und sich eines anderen Namens als des vorher abgesprochenen bediente, fuhr zusammen. Doch nach dem ersten Schrecken hätte der ehemalige Mönch beinahe lauthals losgelacht, denn er konnte deutlich sehen, wie Königin Jilseponie beinahe von ihrem Sitz aufgesprungen wäre. Ohne Zweifel hatte sie den elfischen Namen wiedererkannt, und bereits dieser schlichte Umstand verriet ihr sicherlich, dass dies kein
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