Schattenelf - 2 - Das Turnier
Königs tat.«
König Danube antwortete mit demselben Salut, woraufhin die Trompeten schmetterten und die Menge begeistert applaudierte.
»Beachte, dass er nichts von einer Ehrenbezeigung für Königin Jilseponie gesagt hat«, bemerkte Marcalo De’Unnero trocken.
»Will er sie absichtlich kränken?«, fragte Sadye.
»Üblicherweise wird die Königin bei diesen Anlässen stets geehrt«, erläuterte der ehemalige Mönch, der sich während seiner jahrelangen Ausbildung in St. Mere-Abelle ausgiebig mit der Etikette und den Traditionen des Bärenreiches befasst hatte.
Aydrian verstand nicht recht, worüber sich die beiden unterhielten, denn im Gegensatz zu ihnen war er sich der gewaltigen Probleme nicht bewusst, denen sich diese Königin, angeblich seine Mutter, gegenübersah. Ihm entging jedoch nicht, dass sowohl De’Unnero als auch Sadye bei der Vorstellung, dass Jilseponie soeben beleidigt worden war, schmunzelten.
Er richtete sein Augenmerk wieder auf den Turnierplatz und sah, dass sämtliche Teilnehmer ihre Positionen entlang des Trennzauns eingenommen hatten. Eine Zeit lang erschallten die Trompeten, und schließlich fiel eine große Schar donnernder Trommeln mit ein.
Die Trompeten verstummten, die Trommelwirbel wurden schneller, und plötzlich herrschte Stille.
Abermals erhob sich König Danube und ließ den Blick über die schweigende Menge schweifen; dann warf er mit einem Lächeln den Wimpel von Schloss Ursal vor dem königlichen Pavillon zu Boden.
Die Teilnehmer gaben ihren Pferden die Sporen, sprengten im Galopp zur Mitte des Turnierplatzes, wo ebenso unvermittelt wie brutal ein Kampf Mann gegen Mann begann. Alle trugen schwere, gepolsterte Keulen – keine tödlichen Waffen –, die aber dennoch erheblichen Schaden anrichten konnten.
Aydrian brauchte einige Minuten, um sich in dem Durcheinander zurechtzufinden, als die Pferde in einer gewaltigen Staubwolke aufeinander stießen. Immer wieder prallten die gepolsterten Keulen dumpf von Rüstungen ab – ein tapferer, bedauernswerter Teilnehmer in einer bunt zusammengestückelten, ziemlich armseligen Rüstung wurde mehrfach getroffen, bis er schließlich von seinem Pferd stürzte. Sofort eilten Knappen herbei, um sein sich aufbäumendes, nervöses Pferd in einen Pferch zu führen und ihn vom Kampfplatz zu schleifen.
Kurz darauf wurde ein weiterer Konkurrent, der einzige andere ohne komplette Rüstung, von einer Gruppe Ritter umzingelt und in den Staub geprügelt.
»Offenbar mögen es die adligen Herrschaften nicht, wenn rangmäßig Tieferstehende versuchen, sich in ihre Spiele einzumischen«, bemerkte Sadye verdrießlich.
»Früher dienten die Turniere den Allhearts dazu, würdigen Nachwuchs für ihre Truppen zu finden«, erklärte De’Unnero. »Wie es scheint, haben sich die Zeiten geändert. Der erlesene Freundeskreis um König Danube möchte hier offenbar niemanden sehen, der nicht von adligem Geblüt ist.«
»Was werden sie wohl tun, wenn ich ihre besten Krieger in den Staub prügle?«, fragte Aydrian in seiner typischen überheblichen Art.
Als Antwort lachte De’Unnero nur.
»Ihr hättet mich dort hinunter lassen sollen«, sagte Aydrian, als der nächste Mann nach einer Drehung um die eigene Achse krachend im Staub landete.
»Morgen ist auch noch ein Tag«, erwiderte der ehemalige Mönch, und sein Ton ließ keinen Raum für Diskussionen.
Allmählich schälte sich ein gewisses Muster in den Kämpfen unten auf dem Turnierplatz heraus, und Aydrian bemerkte mehr als nur ein paar Absonderlichkeiten. Etwas abseits des eigentlichen Gefummels waren zwei Allhearts in einen Kampf verwickelt, aber Aydrian hatte nicht den Eindruck, dass ihre weit ausholenden Schläge besonders wuchtig waren, zumal er erkannte, dass mal der eine, mal der andere einen eindeutigen Vorteil, eine offenkundige Lücke in der Verteidigung, absichtlich übersah.
Der junge Krieger begriff schnell. Die beiden waren miteinander befreundet und versuchten lediglich, Zeit zu schinden, während die anderen sich weiter gegenseitig dezimierten.
Des Weiteren bemerkte Aydrian, dass Herzog Kalas zwar wie ein Berserker kämpfte und einen nach dem anderen niederstreckte, die Übrigen ihm aber meistens aus dem Weg gingen – ob aus höflicher Rücksichtnahme gegenüber dem Anführer der Allhearts oder aus Achtung vor Kalas’ überragendem Kampfgeschick, vermochte er nicht mit Sicherheit zu sagen.
Die Menge johlte und grölte, immer wieder brandete Beifall auf, sobald wieder ein
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