Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
Mauer zu, den Speer hoch über den Kopf gereckt, das Lied des Kriegsgottes Joek auf den Lippen. Die Siedler ließen einen Pfeilhagel auf die Angreifer niedergehen, ohne die herandonnernde Horde aber in ihrem Schwung zu bremsen oder gar zur Umkehr bewegen zu können.
Anders als die verängstigten Behreneser schossen die wild entschlossenen To-gai-ru ihre Pfeile nicht aus großer Entfernung ab, sondern warteten mit dem Spannen ihrer kräftigen Bogen, bis sie ganz nah heran waren – und kein Volk der Welt wusste aus dem Sattel heraus besser mit dem Bogen umzugehen als diese Steppenkrieger.
So hielt das Donnern des Sturmangriffs unvermindert an, während Ashwarawu und seine Krieger im Kreis um das Fundament des Schutzwalls herumritten, der kaum höher war als ein hoch gewachsener Mann, und einen Pfeil nach dem anderen abschossen.
Ab und zu richtete sich ein Behreneser auf, um das Feuer zu erwidern, doch der Pfeilregen zwang ihn fast augenblicklich wieder zurück hinter die Mauer; nicht selten war er da bereits tot.
Schließlich griff eine andere Abteilung der to-gai-ruschen Bogenschützen ins Geschehen ein, schleuderte Enterhaken über den Mauerrand, riss ihre Ponys herum und begann sofort zu ziehen. Der Schutzwall begann nachdenklich zu ächzen und zu wanken, als sich ein Reiter nach dem anderen einhakte.
Die Reaktion der Behreneser bestand darin, zu dem entsprechenden Mauerabschnitt hinüberzustürzen, in der Absicht, einen ungestümen Pfeilhagel abzuschießen und die Zugseile zu kappen.
Auf diesen Augenblick hatten die To-gai-ru gewartet; überall gaben sich die Infiltranten mitten unter den Verteidigern zu erkennen, hinderten sie am Abschießen der Pfeile und machten überhaupt jeden Versuch einer organisierten Verteidigung zunichte. Ein Vorpostensiedler nach dem anderen wurde über die Mauer gewuchtet, um vor den Füßen des gnadenlosen Ashwarawu in den Staub zu stürzen.
Schließlich fiel der Schutzwall unter ohrenbetäubendem Krachen, und es begann ein Kampf Mann gegen Mann, bei dem die berittenen To-gai-ru die Reihen der behrenesischen Fußtruppen mit vernichtender Präzision in Stücke schlugen.
Trotz seiner Bauweise war Douan Cal auf einen Angriff diesen Ausmaßes nicht vorbereitet; die Siedler hatten nicht den Hauch einer Chance, auch nur die erste Angriffswelle zurückzuwerfen. Innerhalb weniger Minuten lagen bereits viele tot oder vor Schmerzen schreiend auf dem Boden. Überrumpelt, in die Zange genommen und niedergerungen, ließen die Übriggebliebenen schon kurz darauf ihre Waffen fallen und bettelten um Gnade.
Die Antwort bestand aus einem einzigen, markerschütternden Schlachtruf: »Ashwarawu.«
Die Gefangenen wurden gefesselt und zum ausgetrockneten Flussbett hinuntergeführt, wo man einige Männer von ihren Fesseln befreite und sie zwang, Löcher in den Sand zu schaufeln, sodass ihre gefesselten Leidensgenossen bis zur Hüfte eingegraben werden konnten. Anschließend hoben Ashwarawus Krieger die Erdlöcher für die übrigen Gefangenen aus.
Als sich schließlich dreiundvierzig behrenesische Männer bis zur Hüfte eingegraben hilflos und mit verbundenen Augen im Sand wanden, holte Ashwarawu die To-gai-Nomaden aus Jocyn Thos Stamm herbei und deutete auf die unzähligen Steine, die der Fluss in seinem ausgetrockneten Bett zurückgelassen hatte.
Die Steinigung zog sich über viele Stunden hin, bis schließlich auch der letzte behrenesische Vorpostensiedler erschlafft nach vorne gesunken war.
Die meisten Krieger Ashwarawus hatten sich bereits vor dem Ende abgesondert und waren noch einmal nach Douan Cal zurückgekehrt, um sich nach Belieben mit den behrenesischen Frauen zu vergnügen, bevor sie ihnen endgültig den Garaus machten.
Zuallerletzt wurden auch die wenigen Kinder der Vorpostensiedler getötet – gnädig, mit einem einzigen Schlag auf den Kopf –, ehe man sie auf einen riesigen Scheiterhaufen warf.
Damit war Jocyn Tho gerächt.
Bei ihrem Abschied von Yatol Daek war ihr, wie sie wenig später erfuhr, ein letzter Fehler unterlaufen. Sie empfand es als tiefe Demütigung, dass man von jedem To-gai-ru, der sich aus der Gegenwart des Yatols entfernte, erwartete, dass er sich gesenkten Hauptes auf ein Knie fallen ließ.
Brynn bezweifelte stark, ob sie sich dazu würde überwinden können, daher war sie in den nächsten Wochen sehr darauf bedacht, dem Yatol aus dem Weg zu gehen.
Ebenso große Sorgfalt verwendete sie darauf, sich mit den alltäglichen Ritualen in der Siedlung
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