Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
Falten und vermied auch sonst jede einschüchternde Geste. Er war sich darüber im Klaren, dass er einen äußerst schmalen Grat beschritt und jeder Fehltritt ihn das Leben sowie die Möglichkeit kosten konnte, Brynn zu retten – wenn sie überhaupt noch lebte.
»Doc’alfar«, wiederholte Juraviel leise, und noch während er das Wort mit den Lippen formte, wuchs sich zur endgültigen Gewissheit aus, dass er Brynn gleich zu Beginn des Kampfes ihrem Schicksal hätte überlassen sollen.
»Tylwyn Doc«, verbesserte der Elf ruhig, während seine Begleiterin den Eindruck erweckte, dass sie Juraviel am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre.
»Na schön, Tylwyn Doc«, erwiderte Juraviel.
»Dann gehört Ihr also zu den Tylwyn Tou«, stellte die Elfe mit den strahlend hellen Augen nüchtern fest.
»Wir selbst bezeichnen uns als Touel’alfar, aber Tylwyn Tou lasse ich mir auch gefallen.«
»Gefallen lassen?«, entgegnete die Frau mit einem verächtlichen Schnauben. »Glaubt Ihr vielleicht, Ihr hättet die Wahl?«
Woraufhin Juraviel nur mit den Achseln zuckte oder es zumindest versuchte, denn für eine solche Bewegung saßen seine Fesseln viel zu fest.
»Wie heißt Ihr?«, herrschte der Elf ihn an.
»Belli’mar Juraviel«, antwortete er ohne Zögern.
»Und woher kommt Ihr gerade?«, fauchte die Frau ihn an.
Juraviel presste die Lippen aufeinander. »Mein Name ist Belli’mar Juraviel«, wiederholte er noch einmal an den Mann gewandt, der ihm der Vernünftigere der beiden zu sein schien.
Einen Moment lang musterte ihn der männliche Tylwyn Doc durchdringend; schließlich sagte er: »Ich bin Lozan Duk.« Dann hielt er inne und sah, wie Juraviel auch, zu seiner Begleiterin hinüber.
Die Tylwyn Doc mit den auffallend hellen Augen vermied es, ihren Begleiter anzusehen und hielt ihren Blick stattdessen weiter bedrohlich auf Juraviel gerichtet. »Cazzira«, sagte sie nach einer längeren Pause. »Das ist der Name, der Euer Verderben sein wird, Belli’mar Juraviel, merkt Euch das.«
Die Frage des Elfen klang vollkommen naiv. »Wieso?«
Cazziras helle Augen wurden zu schmalen Schlitzen, und ihr Gesicht nahm einen wütenden Ausdruck an.
»Weil Ihr in ein Gebiet vorgedrungen seid, in dem Ihr nichts verloren habt«, erklärte Lozan Duk. »Die Tylwyn Doc machen in dieser Hinsicht keine Ausnahme.«
Juraviel ließ sich das kurz durch den Kopf gehen. »Ihr exekutiert routinemäßig jeden, der zufällig auf Euer Gebiet gerät, obwohl Ihr keinerlei Hinweise aufgestellt habt, um etwaige Eindringlinge zu warnen?«
»Solche Warnhinweise würden aller Welt unseren Aufenthaltsort verraten, oder etwa nicht?«, entgegnete Cazzira mit beißendem Sarkasmus. »Vielleicht wollen wir ja nicht, dass die Welt von ihm erfährt.«
Juraviel ließ sich abermals zurücksinken, während er über ihre Bemerkung nachdachte und zu ergründen versuchte, was hier eigentlich gespielt wurde und was er tun oder sagen konnte, um der Situation ein wenig von ihrer Brisanz zu nehmen.
»Wo ist meine Begleiterin?«, fragte er. »Ihr Name lautet Brynn Dharielle; sie ist eine von den Touel’alfar ausgebildete Hüterin auf dem Rückweg in ihre Heimat jenseits der Berge. Sie stellt keinerlei Bedrohung für die Tylwyn Doc dar.«
»Sie wird soeben ins Torfmoor gebracht«, antwortete Lozan Duk trocken.
»Alle Menschen werden ins Torfmoor geworfen«, beeilte sich Cazzira genüsslich hinzuzufügen. »Wir schmeißen sie hinein, anschließend geben die Priester sie uns als Sklaven zurück.«
Als Juraviel sich Brynn als einen dieser Sklaven, als untotes, voll und ganz der Willkür dieser Wesen ausgeliefertes Ungeheuer vorzustellen versuchte, lief es ihm eiskalt über den Rücken.
»Wir haben nur von einem kleinen Teil des Landes Besitz ergriffen«, erläuterte Lozan Duk. »Aber was uns gehört, bewachen wir mit größter Sorgfalt.«
Eine Bemerkung, die für Belli’mar Juraviel durchaus überzeugend klang, denn sein eigenes Volk vertrat ganz ähnliche Ansichten. Die Touel’alfar hüteten Andur’Blough Inninness mit geradezu blindem Eifer, auch wenn es nur selten geschah, dass Eindringlinge getötet wurden, denn ihre Elfenmagie sowie Lady Dassleronds Smaragd ermöglichten es ihnen, dafür zu sorgen, dass alle, die sich in ihr Land verirrten, den Weg vergaßen. Bestand aber nur der geringste Zweifel – etwa, wenn der Eindringling bereits zu viel über die Touel’alfar erfahren hatte oder ein Hüter den Anforderungen der Ausbildung nicht genügte – dann,
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