Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
die Gefahren unterrichten, die im Innern des Gebirges lauern. Danach könnt Ihr selbst entscheiden, ob Ihr diesen Weg oder den Umweg nach Osten nehmen wollt. In den Norden werdet Ihr vorerst jedenfalls nicht gehen. Mein Volk ist für dieses Aufeinandertreffen noch nicht bereit, und ich möchte es ihm nicht mit Gewalt aufzwingen.«
Juraviel nickte; er war einverstanden.
»Und was ist, wenn Juraviel nicht mehr aus dem Süden zurückkehrt?«, warf Lozan Duk ein. »Was geschieht, wenn er am Ende des Pfades der sternenlosen Nacht nicht wieder ins Sonnenlicht hinaustritt? Soll unser aller Hoffnung auf eine Wiedervereinigung dann mit ihm sterben?«
Als er geendet hatte, schaute Lozan Duk zu König Eltiraaz hinüber, und Juraviel sah, dass ihm die Frage vermutlich nicht erst jetzt eingefallen war.
»Ich würde Euch gern unter vier Augen sprechen«, bat Juraviel den König, woraufhin Eltiraaz den Saal mit einem Wink räumte, bis nur noch er selbst und Juraviel zurückblieben.
»Wenn Euch so sehr an diesem Zusammentreffen gelegen ist und ich an der Rückkehr gehindert sein sollte, dann schickt doch ein, zwei vertrauenswürdige Kuriere in den Norden, in die drei Wochen von hier entfernte Bergregion; sie sollen sich westlich der von Menschen bewohnten Gebiete halten. Dort angekommen, sollen sie jeden Abend zu jeder vollen Stunde Lady Dassleronds Namen in den Nachtwind rufen. Sie wird Eure Kuriere ganz sicher finden, und die Touel’alfar werden mit ihnen reden, bevor sie sich ein vorschnelles Urteil bilden. Sagt ihnen, sie sollen die Geschichte von Belli’mar Juraviel und Brynn Dharielle erzählen, und wie sie in das Land der Touel’alfar gelangt sind.«
»Man wird ihnen nichts antun?«
Juraviel stieß einen tiefen Seufzer aus. »Absolut festlegen kann ich mich nicht«, räumte er ein. »Mein Volk lebt nicht weniger zurückgezogen als Eures – wie es scheint, ist das Teil unseres gemeinsamen Erbes. Die Herrscherin Caer’alfars ist eine strenge, aber auch mit der Weisheit der Jahrhunderte gesegnete Frau. Ich bin sicher, sie wird die richtige Entscheidung treffen.«
»Ihr habt nicht so viel zu verlieren.«
»Wohl wahr«, gab Juraviel zu. »Aber das ist das beste Angebot, das ich Euch machen kann, König Eltiraaz von Tymwyvenne, und ich fürchte, bereits mehr, als ich eigentlich hätte versprechen dürfen.«
»Aber nicht mehr, als wir selbst hätten in Erfahrung bringen können«, erwiderte Eltiraaz lachend und reichte Juraviel die Hand, die der Touel’alfar dankbar ergriff.
»Bleibt doch noch einige Wochen hier bei uns«, bot Eltiraaz an, »und lernt die Sitten und Gebräuche meines Volkes kennen. Ihr könntet Euch völlig ungehindert in Tymwyvenne bewegen.«
»Und Brynn?«
»Für sie gilt das gleiche Angebot! Macht sie zur glücklichsten aller Menschenfrauen, weil sie sowohl Caer’alfar als auch Tymwyvenne gesehen hat. Sobald Ihr bereit seid, werden wir Euch zum Pfad der sternenlosen Nacht begleiten, und dort könnt Ihr dann selbst entscheiden, wie Ihr weiter vorgehen wollt. Wir werden Euch Licht und Vorräte mitgeben, so viel Ihr tragen könnt.« Er hielt inne, nahm eine nachdenkliche Haltung ein und machte ein leicht spöttisches Gesicht. »Vielleicht sogar ein wenig mehr.«
Juraviel sah ein, dass er sich im Augenblick mit dieser rätselhaften Bemerkung zufrieden geben und nicht weiter nachhaken sollte. Das Angebot war ohnehin viel großzügiger, als er je zu hoffen gewagt hätte.
»Auf dem Pfad der sternenlosen Nacht sind die Jahreszeiten nahezu bedeutungslos«, fuhr Eltiraaz fort. »Trotzdem werden die lichtlosen unterirdischen Gänge umso passierbarer sein, je länger Ihr bis zum Wintereinbruch wartet, denn bis dahin wird das Frühlingsschmelzwasser endgültig abgeflossen sein. Um die frischen Schneefälle während der Tage, die Ihr für die Unterquerung benötigt, braucht Ihr Euch ebenfalls nicht zu sorgen; wegen der großen Kälte in den Höhenlagen der Berge wird der Schnee gefroren bleiben.«
Es war eine Einladung, die Belli’mar Juraviel nicht ausschlagen konnte und der wohl auch Brynn bereitwillig zustimmen würde – nicht zuletzt wegen des letzten Arguments, das ihrer Ungeduld bestimmt einen Dämpfer aufsetzte. Der längere Aufenthalt in Tymwyvenne würde ihre Reise in den Süden möglicherweise nicht mehr verzögern als der Weg um das Gebirge herum, aber im Grunde war es gar nicht so sehr der mögliche Zeitverlust, der Juraviel davon abhielt, sich für den Umweg zu entscheiden. Er hatte nur
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