Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
drohten; ihre eigenen Leute waren ihnen während der Sommermonate, wenn sie auf ihren Wanderungen bis in die nördlichen Ausläufer des Gebirges gelangten, des Öfteren begegnet, häufig mit katastrophalen Folgen. Diese Vorberge waren vielen To-gai-ru zum Grab geworden.
Aber Brynn war keine einfache To-gai-ru, und durch ihre Ausbildung war sie selbst den besten Kriegern ihres Volkes überlegen. Sie widerstand dem Drang, rasch wieder hinter dem Fels in Deckung zu gehen, denn sie wusste, jede schnelle Bewegung würde die Katze unweigerlich dazu verleiten, sich auf sie zu stürzen – und für einen einzigen mächtigen Satz war sie keineswegs zu weit entfernt.
Nein, sie musste die Raubkatze dazu verleiten, sich zuerst zu bewegen, und dann ganz auf ihr Geschick vertrauen.
Die nächsten Augenblicke kamen ihr unendlich lange vor, denn sie wagte nicht einmal zu atmen.
Die Katze starrte geduldig auf sie herab und musterte sie, bis Brynn schließlich eine kaum wahrnehmbare, dafür aber umso aufschlussreichere Bewegung gewahrte: die Raubkatze verlagerte ihr Gewicht von einem Hinterbein aufs andere, ein vorsichtiges Stampfen, um sich einen sichereren Stand zu verschaffen.
»Tu es nicht«, zischte Brynn mit leiser Stimme.
Sie hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, als die große Katze absprang und vom Felsvorsprung auf sie zugeflogen kam. Dank ihrer fast bis zur Vollkommenheit geschärften Reflexe konnte sich Brynn in eine Seitwärtsrolle werfen und hinter den Felsen ducken, sodass die Katze ihren Kurs nach der Landung nicht ohne weiteres wieder auf sie ausrichten konnte. Nur wenige Fuß entfernt kam Brynn in Verteidigungshaltung wieder auf die Beine; die Katze war mittlerweile auf dem Felsen gelandet und beäugte sie aus schmalen Augenschlitzen. Den Kopf gesenkt, die Hinterläufe in Vorbereitung auf die nächste Attacke fest auf dem Boden, stieß sie ein Gebrüll aus, das Brynn das Mark in den Knochen gefrieren ließ.
Sie ließ ihre Gedanken in ihr Schwert hineinströmen, bis eine Flamme entlang der Klinge aufloderte.
Unter neuerlichem Gebrüll wich die Raubkatze ein kleines Stück zurück, allerdings nur für einen winzigen Augenblick. Brynn sah sofort, dass sie ausgehungert und obendrein verärgert war.
Der Angriff erfolgte mit einer Plötzlichkeit, die nahezu jeden anderen Krieger überrumpelt hätte; er kam so schnell, dass die meisten bei dem Versuch, sich zu verteidigen, vermutlich nicht einmal ihr Schwert hätten hochreißen können. Doch Brynn war eine Hüterin und so auf Tiere eingestellt, dass sie den Sprung instinktiv erahnte, noch ehe er überhaupt erfolgte.
Sie drehte sich blitzschnell nach links, sodass ihr Schwert mit ihrer vollen Körperdrehung einen vollständigen Kreis beschrieb und die vorüberfliegende Katze beinahe am Rumpf traf.
Die Raubkatze wich aus, drehte sich sofort um und sprang ab; diesmal zielte sie höher, auf Brynns Kopf.
Diese warf sich nach vorne auf den Boden, und obgleich sie nicht genug Zeit hatte, das Schwert herumzudrehen und der über sie hinwegsegelnden Katze in den Leib zu stoßen, schaffte sie es, dem Tier den Knauf fest in den Bauch zu rammen und sich mit einem Schlag ihres neuen Armschutzes vor den tödlichen Hinterpfoten in Sicherheit zu bringen.
Sie hatte die Bewegung noch nicht ganz abgeschlossen, als sie überrascht die Augen aufriss, denn der Armschutz sandte ein pulsierendes, weißes und wie ein Schild gekrümmtes Licht aus. Als sie wieder sicher auf den Beinen stand, berührte sie es mit dem Schwert, und tatsächlich, es war eine Art Schutzschild aus glühender Energie. Sie hätte es sich gern näher angesehen, doch andere Probleme waren dringender.
»Hau endlich ab!«, brüllte sie die Bestie an, als diese sich erneut umdrehte und sie ihre übliche Verteidigungshaltung einnahm.
Diesmal kam die gerissene Katze vorsichtig herangeschlichen.
Brynn stieß mit dem Schwert in ihre Richtung, doch sie wich zurück, um gleich darauf abermals anzugreifen, indem sie sich auf die Hinterpfoten stellte und mit den Vorderpfoten nach ihr schlug.
Brynn bewegte ihr Schwert vor und zurück, schlug nach den Krallen und versengte die Katze mit den Flammen. Dann plötzlich sprang sie doch, und obwohl sich Brynn noch zur Seite werfen konnte, spürte sie einen glühend heißen Schmerz in ihrer Schulter, als sie dort eine Kralle streifte. In ihrer Bewegung gestoppt, blieb sie auf dem Rücken liegen und fasste sich instinktiv an die Wunde, musste jedoch sofort wieder loslassen
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